Nein zu Nelliusstraße: Sundern braucht ein klares Votum

„Wo stehst du?“ fragt die Bürgerinitiative „Nein zu Nellius“ und fordert alle Sunderner auf, sich am Bürgerentscheid zu beteiligen (v.l.: Barbara Vielhaber, Klaus-Rainer Willecke, Theo Hirnstein und Franz Blome-Dress).
  • „Wo stehst du?“ fragt die Bürgerinitiative „Nein zu Nellius“ und fordert alle Sunderner auf, sich am Bürgerentscheid zu beteiligen (v.l.: Barbara Vielhaber, Klaus-Rainer Willecke, Theo Hirnstein und Franz Blome-Dress).
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„Sundern für Respekt und Toleranz - Nein zu Nellius“: Vor drei Wochen wurde das Netzwerk gegründet, das sich für die Umbenennung der Nelliusstraße in Hachen engagiert. Jetzt stellten Klaus-Rainer Willecke, Barbara Vielhaber, Theo Hirnstein und Franz Blome-Drees erste Ergebnisse und die Kampagne vor.

Position beziehen -darum geht es der Bürgerinitiative, und dazu fordert sie mit ihrem Slogan und ihrem Logo auf. „Wo stehst du?“ fragt sie, darunter ein Kreuz für die Antwort „Nein zu Nellius.“
Häufig werde das Argument geäußert, dass es nach fast 70 Jahren seit dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland mit dem Erinnern und Gedenken genug sein sollte.Die Diskussion um die Nelliusstraße zeige jedoch, wie wichtig es sei, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Es ist eine Vergangenheit, die nicht vergeht“, erklärte Franz Blome-Drees. „Natürlich trägt die heutige Gesellschaft keine Schuld an den Verbrechen der Nazizeit, aber wir haben eine Verantwortung, die sich aus moralischen und humanitären Erwägungen gegenüber den Opfern begründet. Blome-Drees nannte hier die Familien Klein und Grüneberg aus Sundern und Hachen, erinnerte aber auch an die vielen gefallenen Soldaten aus Sundern.

Vergangenheit, die nicht vergeht

Gleichzeitig habe die heutige Generation die Verantwortung, sich gegen jede Verharmlosung oder Relativierung nationalsozialistischer Umtriebe oder Ideologie zu wenden. Seit der Veröffentlichung des Gutachtens der Historiker Peter Bürger, Michael Gosmann und Werner Neuhaus (der WA berichtete) gehe es nicht mehr um die Frage, ob Georg Nellius ein überzeugter Nationalsozialist und Antisemit war. „Die Frage ist, wie wir in Sundern damit umgehen“, so Theo Hirnstein.
Die Benennung nach historisch bedeutsamen Personen erfolge als Anerkennung ihrer Verdienste um das Gemeinwesen, erklärte Hirnstein und verwies auf den Levy-Klein-Platz und den Franz-Josef-Tigges-Platz in Sundern. „Es ist aus unserer Sicht jedoch nicht möglich, durch Straßennamen gleichzeitig Opfer und Anhänger des Nationalsozialismus zu würdigen. Wie sollen wir das den Nachkommen der Opfer und der jungen Generation erklären?“
Nicht zuletzt geht es auch um Sunderns Reputation. „Sundern ist eine weltoffene und moderne Stadt mit einer bemerkenswerten kulturellen Vielfalt. Ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger leben teils seit Jahrzehnten in Sundern und haben einen hohen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg unserer Unternehmen. Sie tragen durch vielfältige Aktivitäten zur Reputation unserer Stadt bei.“ Um diese nicht zu gefährden, brauche es ein klares Votum gegen Nellius. „Wir sollten zeigen, dass es auch in Sundern ein breiter gesellschaftlicher Konsens ist, sich von Anhängern des Nationalsozialismus zu distanzieren.“

Jeder Einzelne muss Position beziehen

Ein klares Votum sei wichtig, weil es sich bei dem Bürgerentscheid um ein besonderes Entscheidungsverfahren handele. „Nicht gewählte Vertreter entscheiden, sondern jeder Einzelne“, betonte Barbara Vielhaber. Und jeder Einzelne ist aufgefordert, sich zu positionieren. „Es gibt keine Möglichkeit zu delegieren - jeder Einzelne muss für sich entscheiden, welcher Ausgang des Bürgerentscheids der richtige wäre. Und alle müssen sich auf den Weg machen, dies mit ihrer Stimme auszudrücken.“
Die Bürgerinitiative „Nein zu Nellius“ ist sicher: Eine Bürgerentscheid-Mehrheit für die Beibehaltung des Straßennamens Nelliusstraße würde dem Ansehen Sunderns massiv schaden, die öffentliche Aufmerksamkeit würde Sundern als einen Ort wahrnehmen, in dem nationalsozialistische Sympathien und ein ignoranter Umgang mit der Vergangenheit eine Mehrheit finden. „Hier geht es nicht allein um einen Straßennamen, es geht nicht allein um eine Hachener Angelegenheit“, betonte Vielhaber. „Es wäre ein fatales Signal nach außen, wenn der Name bliebe.“

Hohe Beteiligung wichtig

Ein Schaden für das Ansehen Sunderns würde aber auch entstehen, wenn der Bürgerentscheid zwar scheitert - weil die erforderliche Anzahl von 4.700 Stimmen nicht erreicht wird -, er aber eine beträchtliche Stimmenzahl oder sogar die Mehrheit für die Beibehaltung des Namens erzielen würde, weil sich der Großteil der Bevölkerung nicht zu einer Beteiligung bereit findet.
Die BI appelliert daher an alle Sunderner Stimmberechtigten, sich mit deutlicher Mehrheit für einen aufgeklärten und bewussten Umgang mit der Vergangenheit zu positionieren. Zwischen dem 22. April und 6. Mai können die Sunderner ihre Stimme beim Bürgerentscheid abgeben. „Wir haben schon zahlreiche Unterstützer, viele Leute sind mit sehr viel Herzblut unterwegs“, erklärte Willecke. Unterstützer aus allen Berufen, Funktionen und Ortschaften können sich schon jetzt auf der Homepage www.nein-zu-nellius.de zum Ziel des Netzwerks bekennen. „Hier gibt´s auch alle Informationen, die Seite wird immer wieder aktualisiert“, so Willecke. Außerdem wird die BI mit Infoständen auf dem Wochenmarkt, beim Autofrühling und in Hachen präsent sein sowie mit Aufklebern, Buttons und Plakaten unterwegs sein.
„Der Bürgerentscheid ist keine vorgezogene Kommunalwahl“, betont Willecke. „Alle, die in der Stimmung sind, `denen da oben´ eins auszuwischen, sollten sich sehr genau überlegen, ob das Thema Nelliusstraße das richtige Feld ist, diesen Kampf auszufechten“, erklärte Vielhaber.

Autor:

Diana Ranke aus Arnsberg-Neheim

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