Baustelle Hachen: Geschäftsleute kämpfen um ihre Existenz

Alltag in der Hachener Straße.
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In Hachen gibt es nur noch ein Thema: Die mit dem Ausbau der Ortsdurchfahrt verbundene Baustelle. Schlaflose Nächte bereitet sie vor allem vielen Geschäftsleuten, die mit deutlichen Umsatzeinbußen zu kämpfen haben.

„Ich weiß morgens nicht, ob überhaupt ein Kunde kommt“, klagt Detlef Tietze vom „Tintenklecks“ auf der Hachener Straße. Viele Kunden hatte er, sie kamen aus Sundern, Hövel und Langscheid. Rund 50 Prozent weniger Umsatz macht er jetzt. „Schon als sie den Kreisverkehr gemacht haben, haben wir hier gekämpft“. Die Kunden, die noch kämen, seien stinksauer.
Was Detlef Tietze am meisten aufregt, ist die Gleichgültigkeit der Verantwortlichen: „Es kümmert sich doch keine Sau darum, was hier abgeht“, regt er sich auf, „die interessiert es doch gar nicht, wenn ich hier über´n Jordan gehe.“ Tietze hat für sich die Konsequenzen gezogen - er zieht um. Ab Januar wird er seinen Laden gegenüber der Aral-Tankstelle in der Nähe des Kresiverkehrs aufmachen in der Hoffnung, dass dann wieder mehr Kunden kommen, denn dieses Stück sei ja dann fertig. „Wenn ich hier bleibe, kann ich gleich ganz dicht machen“, ist er sicher.
„Die Baustelle ist der Untergang für alle Geschäftsleute. `Stuttgart 21´ ist nichts dagegen - aber die machen wenigstens was“. Ende nächster Woche sollen die Arbeiten an diesem Abschnitt abgeschlossen sein, dann geht´s erst im Frühjahr weiter. „Da kann man nur versuchen, die Umsätze in dieser Zeit irgendwie hochzukurbeln“, meint Tietze.
Auch die Metzgerei Dittmann bekommt zu spüren, dass Hachen von Vielen möglichst weiträimig umfahren wird. „Der übliche Durchgangsverkehr fehlt“, erzählt Marga Dittmann. „Die Lkw-Fahrer, die sich sonst eine Frikadelle bei uns geholt haben, die kommen nicht mehr.“ „Gähnende Leere“ herrsche in Hachens Geschäften. Letzte Woche habe ein Kunde mehrere Versuche gebraucht, um in den Laden zu kommen, weil er einfach keine Parkmöglichkeit gefunden hätte. „Wir haben im Dezember 50-Jähriges - wir hoffen, dass wir´s noch erleben.“ Aber „ab nächster Woche soll es ja besser werden“, versucht sich Stefanie Wieser optimistisch.
Froh ist auch Ulrich Thiemann, wenn es dann erstmal eine kurze Verschnaufpause gibt. „Wir haben die Faxen dicke“, regt er sich auf. Allein beim Samstags-Lotto habe er Einbußen von 35 Prozent, beim Mittwochs-Lotto seien es jetzt sogar 58 Prozent gewesen. „Wir haben reichlich Federn und Nerven gelassen.“ „Viele Kunden aus Langscheid, Enkhausen oder Hövel fahren jetzt nach Sundern“, erklärt seine Frau Gisela, die befürchtet, dass das auch nach Abschluss der Bauarbeiten so bleiben könnte. „Wenn die sich erstmal umorientiert haben...“
„Das kann man eigentlich keinem Geschäftsmann zumuten“, meint Kirsten Gerlach. Mai und Oktober seien eigentlich die Hoch-Zeiten in ihrem Blumenladen. Jetzt hätten sich schon viele Kunden beschwert. „Der Umsatz ist schon stark zurück gegangen“, sagt sie. „Uns geht´s noch gut“, „aber viele Andere haben wirklich Angst“. Schließen will sie nicht, wenn die Baustelle direkt vor ihrer Tür ankommt, „aber ob sich das für vier oder fünf Kunden am Tag lohnt“, wisse sie auch nicht.
Tankstellen-Betreiber Peter Meier hofft, dass sich die Situation nächste Woche wieder normalisiert. Derzeit habe er Umsatzeinbußen von 60-70 Prozent, erzählt er. „Die Leute sind genervt, wenn die hier ewig im Stau gestanden haben, die wollen nur noch ´raus. Nix wie weg hier“, sei die Devise.
„Das merken wir alle“, bekräftigt Andreas Danne. „Da nimmt auch keiner Rücksicht drauf - das ist ein Riesenproblem“. Seiner Meinung nach sollte die Stadt Einfluss darauf nehmen, dass die Baustelle schneller fertig gestellt wird. Freitags würden die Arbeiter schon um 13.30 Uhr Feierabend machen, samstags würde - anders als angekündigt - gar nicht gearbeitet.
„Das stimmt so nicht“, erklärt der zuständige Bauleiter der Stadt, Matthias Reers, auf Nachfrage des WA. Pflasterarbeiten könnten samstags gemacht werden, und das würde auch geschehen. Es sei aber nicht möglich, das ganze Arbeitsgeschehen bis in den Samstag zu ziehen.
„Wer´s bezahlen muss, das sind wir! Wir müssen die Suppe auslöffeln!“, so Danne. Kurzfristig können man sinkende Umsätze überbrücken, bei länger andauernden Rückgängen würde es schwierig, „ein kleines Geschäft wird das nicht überleben.“ Außerdem versteht er nicht, warum die Stadt nicht den Schwerlastverkehr umleitet, um die Situation etwas zu entschärfen. „So einfach ist das nicht“, so Reers, eine komplette Umleitung über einen Zeitaum von drei Monaten sei gar nicht machbar. „Wir sind aber dabei, das zu optimieren“.
Geplant ist, dass die Arbeiten an der Ortsdurchfahrt Ende nächster Woche abgeschlossen sind. Das gilt auch für Arbeiten an der Strecke Richtung Abzweig Wennigloh. Hier wird die Geduld der Autofahrer bei Tempo 30 noch einmal auf die Probe gestellt, „geblitzt wird außerdem“, empört sich ein Autofahrer, „das ist doch die totale Abzocke!“
Ab dem 29. Oktober soll der Verkehr wieder normal laufen. Allerdings: „Bei soviel Tonnage kann man das nicht auf den Tag genau festlegen“, räumt Reers ein. „Aber es läuft, ein Ende ist sichtbar“.
Mit dem zweiten Bauabschnitt (Blumen Danne bis Bahnübergang) wird 2011 begonnen, spätestens Anfang 2012 soll alles fertig gestellt werden. „Aber wer soll dann noch über den neuen Bürgersteig gehen, wenn keiner mehr kommt?“, fragt sich wohl nicht nur Andreas Danne.

Autor:

Diana Ranke aus Arnsberg-Neheim

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