1. WA-Talk: Rederecht für Bürgerinitiative

"Der Handlungsspielraum ist begrenzt", erklärte Jürgen ter Braak (SPD).
3Bilder
  • "Der Handlungsspielraum ist begrenzt", erklärte Jürgen ter Braak (SPD).
  • hochgeladen von Diana Ranke

Kontrovers diskutiert wurde beim 1. Wochen-Anzeiger Talk im Café der Bäckerei Junker in Hachen. Nach dem Meinungsaustausch über die Einkaufssituation in Sundern und die Baustelle in Hachen (sie Artikel 1 und 2) kam ein drittes Topthema auf den Tisch: Der Energiehof Röhrtal.

In der letzten Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses hatte die Bürgerinitiative „Sauberes Röhrtal“ kein Rederecht erhalten - beim 1. WA-Talk war das anders. „Energiehof klingt erstmal positiv - wir halten das für ein Deckmäntelchen“, machte der Sprecher der BI Andreas Bahde gleich zu Beginn deutlich. Die Aussage des Betreibers, dass auf dem Schmacke-Gelände „erstmal nur A1-Holz verbrannt werden solle“, sei mehr als unbefriedigend. „Was danach passiert, weiß keiner“. Zudem seien in Holz der Kategorie 1 bis zu 50 Prozent A2- und A4-Hölzer enthalten, so Bahde. Nur bei einer täglichen Überwachung könne diese Aussage kontrolliert werden, ansonsten sei keine Garantie möglich.
Ein zweiter Punkt sei die Mülllagerung bzw. -sortierung durch die Fa. Hücker. „Eine Lagerung von bis zu 100 belasteten Stoffen soll hier beantragt werden - das beruhigt nicht gerade“, so der Stemeler. Da es keinen Bebauungsplan für das Gelände gebe, müsse noch nicht einmal ein gesetzlicher Abstand zum Wohngebiet eingehalten werden. „Langfristig sehen wir auch den Luftkurort Langscheid gefährdet.“
Ende März hatte die BI 5300 Unterschriften an Bürgermeister Detlef Lins übergeben. „Die Bürger sagen: Wir wollen das nicht - trotzdem wird´s durchgezogen“, kritisierte Bahde. „Ich werde hier heute wohl keinen Applaus bekommen“, reagierte Lins. „Ich teile die Bedenken 1:1 und nehme das Anliegen der Bürger sehr ernst.“ Gleichwohl gebe es keine Stellungnahme externer Behörden, die einer Inbetriebnahme entgegen stehe. Lins bat um Verständnis, „dass auch 5300 Unterschriften nicht ausreichen, um es zu verhindern.“
Die vorläufige Genehmigung war aufgrund des noch fehlenden Brandschutzkonzeptes zunächst bis zum 1. Mai befristet, dann bis zum 1. Juli verlängert worden.
„Muss das Kind also erst in den Brunnen fallen?“, hakte Moderator Peter Benedickt nach. „Ich bin als Behörde erstmal neutral“, entgegnete Lins. Andreas Bahde warnte: Wenn die Genehmigung erst einmal erteilt sei, könne man nichts mehr machen. Die BI habe konkret bei der Bezirksregierung nachgefragt: Es habe noch nicht einen Fall gegeben, wo eine Genehmigung später zurückgezogen worden sei. „Wir von der BI wissen: Wenn das einmal durch ist, ist das Thema gegessen. Ich kann nicht nachvollziehen, dass das im Rat nicht bekannt ist“, kritisierte Sven Franke von der BI. „Sie treffen schließlich für uns alle die Entscheidungen!“
Die Sunderner City stehe fürs Einkaufen, Langscheid und Amecke für Tourismus - „wir haben hier nichts mehr“, so Franke weiter. Jeder erinnert sich nur an den Starenkasten in Stemel - sollen wir künftig für Müllentsorgung stehen?“
„Die Bezirksregierung kontrolliert nur einmal im Jahr, und das nach Ankündigung“, so Bahde. „Da werde ich Erkundigungen einziehen“, versprach Lins, „das interessiert mich ja auch. Das nehme ich heute von hier mit.“
Hans-Werner Ehrenberg (FDP) erklärte, die FDP habe sich vor Ort selbst ein Bild gemacht. Fakt sei, dass die Industriebrache so wiederbelebt werde. Gleichwohl sei Kontrolle wichtig. „Die Politik muss sich da erstmal zurückhalten.“ „Das Problem ist, dass wir als Politiker an Gesetze gebunden sind“, bekräftigte Jürgen ter Braak (SPD). Daher sei der Handlungsspielraum begrenzt. „Wir sind der BI aber sehr dankbar, dass sie sich engagiert und uns durch viel Sachwissen unterstützt - das ist ein wichtiger Stützpfeiler auch für uns.“ 12 Anträge hatte die BI an die Stadt/ den Rat der Stadt gestellt, zu denen in der Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses Stellung bezogen wurde. „Zwei Punkten wurde stattgegeben“, so Bahde, „die aber keinerlei Wirkung haben. Da fühlt man sich nicht wirklich ernst genommen. Ich würde mir wünschen, dass man aktiv vorgeht seitens der Verwaltung, kreativ ist und Mittel und Wege sucht. Will man den Bürgerwillen oder eine Industrieansiedlung?“
„Über dem Bürgerwillen steht immer noch das Gesetz“, so Lins. „Das können wir nicht außer Kraft setzen.“
Bahde verwies hier auf den Luftkurort Langscheid, der durch den Energiehof in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Es müsse daher doch ein berechtigtes Interesse der Stadt geben, die Anlage kritisch zu sehen. „Wir haben selbst hohe Ansprüche“, entgegnete Lins, „aber wir haben hier keine Handhabe.“ Dem Anliegen der BI zollte er größten Respekt. Sie verfüge über ein großes Fachwissen. „Wir sehen uns da eher als Partner und nicht als Gegner.“ „Was Sie da machen in Stemel ist sensationell“, meinte auch Stadtmanager Franz-Josef Rogoll und zeigte sich begeistert, dass die BI bei der Unterschriftenaktion in kürzester Zeit so viele Menschen erreicht habe. „Kämpfen Sie weiter, das ist unglaublich!“
„Wir sollten uns vor Augen führen, dass Sundern immer noch ein Industriestandort ist“, erklärte Ehrenberg. „Es geht immer nur um den Tourismus. Ich warne davor, den Industriestandort kleinzureden.“
Fazit von Moderator Peter Benedickt: Die Bevölkerung hat Angst, aber der Stadt scheinen die Hände gebunden zu sein.
Der Wochen-Anzeiger bedankt sich bei den Unterstützern des WA-Talks: Bäckerei Junker, Hachen und www.soundundlight.de/ Wolfgang Weber.

Autor:

Diana Ranke aus Arnsberg-Neheim

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

9 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.