Update: Verwaltung korrigiert Werbering
Werbering Haßlinghausen enttäuscht
Über die Vorgehensweise der Bürgermeisterin und der Politik der Stadt Sprockhövel im Hinblick auf den Umbau der Mittelstraße ist der Werbering Haßlinghausen enttäuscht. Sie befürchten den Verlust von Kaufkraft, zunehmenden Leerstand und Baustellenchaos, wenn die Mittelstraße - wie von Politik und Verwaltung gewünscht - umgebaut wird. Jetzt hat der Vorstand des Werberings einen Brief geschrieben. Der Wortlaut des Briefes findet sich weiter unten. Mittlerweile hat die Stadtverwaltung Sprockhövel auf den Brief reagiert und weist die Vorwürfe zurück.
Stellungnahme der Stadt Sprockhövel
"In dem Artikel werden Aussagen aus dem Schreiben des Werberinges weitergegeben, die so nicht bestätigt werden können und die bereits in der öffentlich zugänglichen Vorlage im Ratsinformationssystem zum kommenden Termin des Ausschusses für Stadtentwicklung und Denkmalschutz am 24.07.2024 aufgegriffen und von der Stadtverwaltung richtig gestellt wurden
So fallen gemäß den Planungen Stellplätze im Bereich des Rathausplatzes 7-9, vor der Sparkasse und im Bereich des geplanten Trittsteinplatzes vor Mittelstraße Nr. 20 weg. Im Bereich der Sparkasse und des Rathausplatzes 7-9 ist ein Wegfall der Stellplätze aufgrund der Mindestbreite des Gehweges von 2,50 m und aus Verkehrssicherheitsgründen nicht zu vermeiden. Die Stellplätze vor dem Rathaus und hinter der Sparkasse können alternativ jedoch genutzt werden, weshalb in diesen Bereichen weiterhin genug Stellplätze zur Verfügung stehen. Außerdem haben diese Stellplätze aufgrund ihrer Lage kaum Relevanz für den Einzelhandel entlang der Mittelstraße. Zudem wurde seitens der Verwaltung nie auf die Privatparkplätze von REWE Lenk verwiesen. Die Parkplätze am Rathausplatz und hinter der Sparkasse können natürlich von Einkaufenden genutzt werden.
Weiterhin wurde bemängelt, dass nach Wissen des Werberings keine Gespräche mit betroffenen Eigentümer*innen geführt wurden. Auch dies entspricht nicht den Tatsachen. Mit nahezu allen Eigentümer*innen wurden in den letzten Jahren im Zuge der Planungen bereits Gespräche geführt. Auch im Rahmen der kürzlich stattgefundenen Einzelgespräche mit den eingeladenen Einwenderinnen und Einwendern waren noch Eigentümer*innen vor Ort, die in der Öffentlichkeitsbeteiligung zuvor Bedenken geäußert hatten. Auch Einzelhändler*innen und Mitglieder bzw. ein Vertreter des Vorstandes des Werberings, haben dieses Angebot angenommen. Alle Äußerungen wurden sehr ernst genommen und die Planungen soweit möglich darauf angepasst. Ebenfalls nachzulesen in den sehr ausführlichen und transparenten Verwaltungsvorlagen."
Der Brief vom Werbering im Wortlaut
„Nach den uns vorliegenden Informationen hat die für den Umbau der Mittelstraße notwendige Förderung das Ziel, den Einzelhandel vor Ort zu stärken. Wir sehen aber in dem Umbau keine Stärkung des Einzelhandels sondern eine Zerstörung,“ erklärt Wolfgang Weiss vom Vorstand des Werberings. „Die Politik will hier wieder dem Einzelhandel erklären, wie der Einzelhandel funktioniert. Dabei haben die Politiker und die Stadt offensichtlich keine Ahnung vom Einzelhandel an der Mittelstraße. Es kann aber auch sein, dass die Bedenken bewusst ignoriert werden, um Fördergelder für andere Dinge zubekommen.“
Die Stadtverwaltung und die Politik stützen sich auf einen Ratsbeschluss aus dem Jahr 2018, um jetzt endlich die Mittelstraße zu sanieren und umzugestalten. Dies jedoch auf Kosten von Parkplätzen, Außengastronomie und den Anwohnern in Haßlinghausen. Mindestens 15 Parkplätze fallen auf der Mittelstraße ersatzlos weg, ohne dass überhaupt über eine realistische Ausweichmöglichkeit nachgedacht wird. Vielmehr wird auf Privatparkplätze der Sparkasse und von REWE Lenk verwiesen, bei denen zukünftig mit einer Parkraumüberwachung zu rechnen ist, wenn auf einem privaten Parkplatz öffentlich geparkt wird. Wobei sich der Werbering die Frage stellt, warum nicht auf Parkplätze der Verwaltung am Rathausplatz verwiesen wurde?
„Wir können es nicht jedem recht machen, hat Frau Bürgermeisterin Noll in der letzten Ausschusssitzung erklärt“, teilt Wolfgang Weiss mit. „Als ob dies ein Rechtfertigungsgrund dafür wäre, dass weitere 15 Parkplätze auf der Mittelstraße entfernt werden. Durch die Überquerungshilfen sind bereits über 40 Parkplätze auf der Mittelstraße weggefallen. Weiteren Parkraumverlust, insbesondere wenn die Straße monatelang Baustelle ist, wird der Einzelhandel nicht verkraften. Wir kennen bereits mehrere Geschäftsinhaber, die schon jetzt einen neuen Standort außerhalb von Sprockhövel suchen und vor Beginn der Baumaßnahmen umziehen wollen.“
In Einzelgesprächen wurden jetzt die Bürger aufgerufen, die sich im Rahmen des Planungskonzepts beschwert haben, sich mit der Stadt in Verbindung zu setzen. Über diese Vorgehensweise ist der Werbering Haßlinghausen enttäuscht, da der Werbering und die anderen Einzelhändler der Mittelstraße nicht zum Einzelgespräch eingeladen wurden. Auch ist nicht bekannt, dass mit den betroffenen Eigentümern ein Gespräch geführt wird. Der Ausbau der Mittelstraße von der Sparkasse bis zur Poststraße wird sicherlich nur der Anfang sein. Selbstverständlich ist mit einem weiteren Ausbau bis zur Schmiedestraße zu rechnen. Auf dem ersten Teil sind es nur 15 Parkplätze und ein wenig Außengastronomie, die wegfallen. Aber wenn das Konzept bis zur Schmiedestraße fortgesetzt wird, fällt noch mehr weg. Jeder, der die gesamte Mittelstraße nutzt, ist durch die aktuellen Planungen des Teilstücks betroffen.
„Der Ennepe-Ruhr-Kreis hatte uns in diesem Jahr aufgrund von fehlerhaften Informationen zu den notwendigen Hygieneanforderungen bereits die Planung des Nach(t)schlages durcheinander gebracht und wir können jetzt nur hoffen, dass es noch zu einer regen Teilnahme unserer Mitglieder kommt“, erklärt Michael Cramer als Vorsitzender des Werberings Haßlinghausen. „Der Wegfall der Parkplätze und von Teilen der Außengastronomie auf der Mittelstraße ist aber eine ganz andere Nummer. Die Politik verspricht uns mit dem Umbau der Mittelstraße die Stärkung des Einzelhandels. Aus unserer Erfahrung sehen wir diese Stärkung aber nicht.“
Was passiert, wenn es keine positive Entwicklung auf der Mittelstraße für den Einzelhandel gibt? Wer übernimmt die persönliche Verantwortung, wenn die Stärkung des Einzelhandels nicht eintritt?Offensichtlich niemand von der Politik oder der Stadt.
„Die SPD hat auf der letzten Ausschusssitzung mehrfach betont, den Ratsbeschluss aus dem Jahr 2018 unbedingt umzusetzen. Ebenso die Grünen sehen den Umbau zum Schutz des Klimas und vor Gefahren von Hochwasser als dringende Notwendigkeit an. Dadurch sind für uns beide Parteien nicht wählbar,“ erklärt Michael Cramer weiter. „Von den anderen Parteien haben wir leider keine Antwort erhalten. Es ist jedoch erkennbar, dass es gar nicht zur Diskussion steht oder bedacht wird, dass es möglicherweise zu mehr Leerstand auf der Mittelstraße kommt. Auf dem betroffenen Teilstück gibt es bereits vier Ladenlokale mit Leerstand und es ist nachvollziehbar, dass bei der derzeitigen Lage keine Neuvermietung erfolgt.“
Über einen Austausch mit den Parteien wäre der Werbering dankbar. Bislang sieht der Werbering nicht, dass die Politik ein Interesse daran hat, eine gemeinsame Lösung zu finden. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass die Politik über den Kopf der Betroffenen und des Einzelhandels hinweg entscheidet, um ihre politischen Ziele durchzusetzen.
Wenn es zu einer monatelangen Großbaustelle auf der Mittelstraße kommt, wird es den bisherigen Einzelhandel zukünftig so nicht mehr geben. Erschreckend ist, wie lange die Stadt für den Neubau des Kindergartens auf dem Gelände des alten Bauhofes benötigt. Wie lange soll der Umbau der Mittelstraße dauern? Als Umgehungsstraße für drei Autobahnen ist das wöchentliche Verkehrschaos über Monate vorprogrammiert.
„Wir werden Mitglieder verlieren, wenn der Umbau kommt“, bestätigt Michael Cramer als Vorsitzender des Werberings nochmals. „Der Leerstand der Ladenlokale wird sich erhöhen und eine Neubesetzung ist nicht in Sicht. Die Geschäfte leben von den Parkplätzen und wenn diese nochmals ersatzlos gestrichen werden, ist Haßlinghausen für ein Ladenlokal unattraktiv. Wir kämpfen bereits gegen den Onlinehandel mit unserem persönlichen Service. Wenn der Kunde aber nicht mit dem Auto zu uns fährt, weil er bei uns nicht parken kann, können wir unseren persönlichen Service auch nicht anbieten.“
„Es ist vermessen, zu behaupten, dass der Kunde doch dann auf das Fahrrad „umerzogen“ wird, wenn er nur noch mit dem Fahrrad gut in Haßlinghausen einkaufen kann oder zu Fuß kommt“, erklärt Cramer weiter. „Der bisherige Vorteil der Mittelstraße war immer, dass diese von dem riesigen Einzugsbereich von Wuppertal, Schwelm, Gevelsberg und weit darüber hinaus profitierte. Ohne die Kunden von außerhalb rentiert sich kein Geschäft in Haßlinghausen. Aber die Realität ist auch, dass die Kunden es bequem mögen und der Onlinehandel sehr bequem ist. Daher werden wir diesen Wettbewerb verlieren, wenn das Parken auf der Mittelstraße für die Kunden eine Herausforderung wird.“
Auch wurde bislang nicht bedacht, dass es Anwohner gibt, die dringend auf die Hilfe eines Pflegedienstes angewiesen sind. Wenn der Pflegedienst dann aber keinen Parkplatz findet und die Parkplatzsuche auf die Zeit für den Patienten anrechnet, verliert der hilfebedürftige Anwohnerwohlmöglich wichtige Pflegezeit.
Die bisherigen Umbaumaßnahmen auf der Mittelstraße haben immer zur Abschaffung von Parkplätzen geführt. Warum besteht kein Interesse an einer Schaffung von neuen Parkmöglichkeiten? Die Möglichkeit auf der Mittelstraße zu Geschäftszeiten einen Parkplatz zu finden, ist bereits jetzt so angespannt, dass Kunden einfach weiterfahren und woanders einkaufen. Die zukünftige Gestaltung und der Umbau selbst wird die Situation auf der Mittelstraße weiter verschärfen.
Denkmalschutz für die Mittelstraße
Dass mit aller Gewalt jetzt ein Ratsbeschluss aus dem Jahr 2018 umgesetzt werden muss, ist für den Werbering nicht nachvollziehbar. Die Mittelstraße sollte besser unter einer Art Denkmalschutz gestellt werden, da diese so funktioniert, wie sie ist. Bei einer Unterschriftenaktion mit der Aufforderung des Bürgers, dass die Mittelstraße baulich nicht verändert wird, hat der Werbering innerhalb von wenigen Tagen 915 Unterschriften gesammelt. Somit haben sich 915 Bürger gegen den Umbau der Mittelstraße ausgesprochen.
Alles Unterschriften von Bürgern, die in Haßlinghausen waren und dort gerne eingekauft haben. Ein Tempolimit auf 30 km/h und kürzere Parkzeiten könnten den Einzelhandel sicherlich stärken, aber nicht der Wegfall von Parkplätzen. Der Einzelhandel kann eine weitere Verschärfung der Parkplatzsituation nicht hinnehmen. Daher wird der Werbering für den Erhalt eines jeden Parkplatzes kämpfen.
Der Einzelhandel darf nicht zum Bauernopfer für Fördergelder werden, um den Rathausplatz oder andere Haushaltslöcher zu finanzieren. Ansonsten haben die Stadt und die Politik einen schweren Fehler gemacht. Insbesondere wenn die Förderung das alleinige Ziel hatte, den Einzelhandel zu stärken. Jeder Einzelhändler wird bei einem Umbau der Mittelstraße seine eigene Entscheidung treffen, ob er sein Ladenlokal in eine andere Stadt verlegt oder nicht.
„Noch ist der Werbering Haßlinghausen sehr aktiv und wir sind stolz darauf, den Bürgern in Sprockhövel auf der Mittelstraße tolle Veranstaltungen anbieten zu können“, erklärt Wolfgang Weiss.„Wenn wir den Nach(t)schlag, die beiden Trödelmärkte, das Adventsfest und die Weihnachtsbeleuchtung anbieten, sehen wir es nicht immer geschäftlich. Diese Veranstaltungen werden in unserer Freizeit gestaltet und organisiert. Dieses Angebot ist aber in Gefahr, wenn wir weitere Mitglieder verlieren. Hoffentlich ist dieses Jahr, nicht der Anfang vom Ende.“
Am Mittwoch, 24. Juli, 17.30 Uhr, soll in einer Sondersitzung vom Ausschuss für Stadtentwicklung und Denkmalschutz über das Thema der Umgestaltung im Sitzungssaal des Rathauses abgestimmt werden. Die Sitzung ist öffentlich.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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