Stadt: Die Spitze ist weg
Sprockhövels Stadtspitze ist weg. Jedenfalls fast und im Moment. Bürgermeister Ulli Winkelmann ist nach wie vor krank und es ist völlig offen, ob er überhaupt noch in diesem Jahr seine Amtsgeschäfte aufnehmen kann. Der Erste Beigeordnete ist weg und bald auch Kämmerer Rainer Kaschel.
Beigeordneter Bernd Woldt ist jetzt im Ruhestand. 24 Jahre bei der Stadt Sprockhövel und damit drei Wahlperioden sind nun zu Ende. Dreimal erfolgte die Wahl durch die Politik einstimmig, was den Ennepetaler schon ein wenig stolz machte. Zuvor hatte er 15 Jahre in der Kreisverwaltung gearbeitet. Als Stellvertreter des erkrankten Bürgermeisters und eingebunden in die Flüchtlingsarbeit waren seine letzten Monate im Amt kein Zuckerschlecken. Natürlich ist Woldt gefragt worden, ob er nicht noch weitermachen wolle. Doch das kam für ihn nicht infrage. „Ich habe eine Frau, zwei Kinder und fünf Enkelkinder. Sie alle haben den Lebensabschnitt nach meinem aktiven Berufsleben auch geplant und ich wollte nicht durch Änderungen meiner Pläne auch deren Pläne durcheinander bringen.“ Also ist es dabei geblieben und Bernd Woldt ist am 30. Juni in der Ratssitzung verabschiedet worden. Übrigens ohne großes Zeremoniell, weil er es so wollte. Die gegenwärtige personelle Situation ließe etwas anderes nicht zu, ließ Woldt verlautbaren. Jetzt will er sich neben der Familie seinen Hobbys widmen. Er ist leidenschaftlicher Eisenbahner und wandert gern.
Verwaltung bleibt handlungsfähig
Ein Nachfolger ist zumindest per Ausschreibung in Arbeit. Doch die Ausschreibung läuft bis 22. Juli. Kommt es besonders schwierig, dann könnte es dauern, bis die Stelle erneut besetzt sein wird. Eine Neubesetzung erst zum 1. Januar scheint nicht unrealistisch.
Kämmerer und Personalchef Rainer Kaschel kam schon lange eine bedeutende Funktion Im Sprockhöveler Rathaus zu. Erst kürzlich war er zum Vertreter im Amt des Bürgermeisters bestimmt worden – gerade eben vor dem Weggang von Bernd Woldt. Irgendjemand muss ja die Verantwortung haben und Unterschriften unter Verträge leisten. Neben Kaschel hat auch Thomas Mai das Vertrauen dafür bekommen. Nun ist das für Kaschel eine Sache auf Zeit, denn ihn zieht es nach Bielefeld. Der Bielefelder Stadtrat hat ihn einstimmig bei Enthaltung von Piraten und Linken zum Kämmerer gewählt. Damit trägt der 47jährige in Zukunft die finanzielle Verantwortung für eine Stadt mit 330.000 Einwohnern. In Sprockhövel sind es rund 25.000 Einwohner. Außerdem wird er verantwortlich sein für das Personal und die städtische IT. Vorgeschlagen hatte ihn die CDU, die den Amtsvorgänger Franz-Josef Lösecke (CDU) geschasst hatte.
Kaschel hatte in der letzten Vergangenheit offensichtlich über einen möglichen Ortswechsel nachgedacht, sich aber nicht aktiv beworben. Man war kurzfristig auf ihn selbst zugekommen. Gesucht wird in Bielefeld schon seit Februar ein Kämmerer, doch mögliche Kandidaten waren nicht erfolgreich, weil sie keine Volljuristen waren. Das ist bei Rainer Kaschel anders. Außerdem bietet er Erfahrungen in Politik und Verwaltung.
Sofort seinen Hut nehmen will er aber nicht. Vermutlich wird der Wechsel erst zum 1. September oder 1. Oktober vollzogen. Würde er übrigens seinen Urlaub noch vollständig nehmen, könnte er quasi sofort zuhause bleiben – durch die schwierigen Zeiten im Hinblick auf die Koordination in der Flüchtlingspolitik hat er jede Menge Überstunden angehäuft.
Den Haushalt für das kommende Jahr will Kaschel zumindest noch vorbereiten, um die Politik nicht allein zu lassen. CDU-Stadtverbandsvorsitzender Udo Andre Schäfer macht sich trotz der Spitzenkrise keine Sorgen um die Sprockhöveler Stadtverwaltung. „Es ist wahr, im Moment haben wir unruhige Zeiten in der Führungsspitze. Aber trotzdem funktioniert ja die Verwaltung. Es kann auch passieren, dass wir vor dem 1. Januar die Stelle des Beigeordneten besetzen können. Das weiß ja noch niemand. Um den Haushalt und seine Beratungen mache ich mir keine Sorgen. Rainer Kaschel hat den Haushalt ja nicht allein erstellt und die anderen Mitarbeiter sind ja da. Das wird schon funktionieren, da bin ich sicher.“
Mehr Sorgen macht sich die SPD. Wie Fraktionschef Wolfram Junge sogar im Fernsehen erklärte, mache man sich vor allem Gedanken darüber, dass unvorhergesehene Dinge wie zum Beispiel die Flüchtlingsproblematik im letzten Jahr jetzt die Stadt überfordern könnten. Allerdings erklärt er auch, die Politik sei sich ihrer großen Verantwortung in der besonderen Situation bewusst und müsse zusammenstehen und besonnen reagieren.
Ändern lässt sich an der gegenwärtigen Situation sowieso nichts. Als nächstes wird die Kämmererstelle ausgeschrieben – intern wie extern. Und eines ist sicher: Gesucht wird ein Volljurist.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.