Gotha live
Mauerfall – Gedanken nach 30 Jahren

Als die Mauer fiel, war ich betrieblich damit beschäftigt, die Lohn- und Gehaltsrechnung per Rechner zu realisieren. Es waren wenige Kollegen anwesend. Von einigen erfuhr man dann, dass sie über die Grenze in den Westen fuhren, den Dammbruch der DDR mit den Westdeutschen zu erleben und genießen. So fühlte ich mich regelrecht als einer der „Dummen“, die das nicht sofort taten.

Diese Zeit war eine starke Bewährungsprobe für mich, der von Tag zu Tag hören musste, welch riesiger Schmutz seitens meines Staates aufgedeckt wurde, wie das gute Wort „Sozialismus“ wie ein Schutzschild vor all das gehalten wurde, was man schließlich gegen die eigene Bevölkerung getan hatte. Viel konnte ich mir überall denken aber doch nicht in einem sozialistischen Staat.
(Und damit meine ich keineswegs und schon gar nicht allein die zahlreichen Engpässe des Handels.)

Mein Ekel vor all dem geöffnetem Sumpf war ebenso groß, wie die Angst, dass mein Leben, meine damalige Familie, mein ganzes Wirken mit in diesem Sumpf kaputt gemacht würde, so dass ich mich engagiert dafür einsetzte, das Gute und meine nahezu 40 Lebensjahre nicht mit in den Schmutz gezogen wurden. Schlimm empfand ich, wie andere ihr bisheriges Leben wegwarfen und gar von einer gefühlten Neugeburt sprachen.

Es war (und ist heute auch) oft nicht leicht, für meine Haltung belächelt und mit dem Schlechten der DDR/SED-Vergangenheit schier gleichgesetzt zu werden. Und das einfach so, um mich und meine Meinung zu deklassieren.

Nach nunmehr 30 Jahren des Mauerfalls stelle ich fest, dass sich viel positiv verändert hat, aber ebenso leider viele Köpfe nichts gelernt haben aus der Geschichte und sich diskussionslos im Recht fühlen, mit dem Finger auf andersdenkende zu zeigen.

Doch es gibt auch und gerade wohltuend Bekannte und Freunde auch in der alt-BRD, zu denen gute Verbindungen gehalten werden – und diese Bekanntschaften werden jährlich immer mehr!
Auch dieses Internetportal ist ein Zeichen des optimistischen Weges in die gemeinsame Zukunft.
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Hier zwei Beiträge zum Gedenken an den Mauerfall, die ich vor fünf Jahren schrieb:

**** Gedenken in Gothas Margarethenkirche an den Mauerfall am 09.11.1989

**** Gedenken an den Mauerfall vor 25 Jahren – dafür entstehen Kopf-Mauern

Autor:

Uwe Zerbst (Gotha/Thüringen) aus Bochum

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