Aus dem Land, wo hoffentlich keine Tomaten fliegen
Gedanken eines Land-Musikers
LaSLo heißt meine Band. Sie tingelt seit einigen Jahren am Niederrhein und Umgebung. So auch wieder am ersten Samstag des nächsten Jahres in Sonsbeck, im Lion's Lounge. Wir freuen uns drauf, dort wieder einmal auf unserer jährlichen Rundreise Station zu machen.
Es ist immer das Gleiche: Vorher arbeitsreiche Proben, Programme zusammen stellen, schauen, dass die Technik durchhält, Plakate drucken lassen, Plakate verteilen, bei der Zeitung anfragen, ob eine Ankündigung gedruckt werden kann, über Facebook versuchen, möglichst viele Leute zu informieren.
Thema "Möglichst viele Leute": Hoffentlich kommen auch Einige. Ist der Termin gut gewählt? Läuft an diesem Tag schon eine andere Veranstaltung?
Dann kommt der Tag des Auftritts. Wir treffen uns im Probekeller, wuchten die schweren Boxen die enge Treppe hoch nach draußen und in die Wagen. Heute nehmen wir extra Licht mit, also auch Extra-Schlepperei.
Aufbau vor Ort. Die zu verlegenden Kabel erinnern immer mehr an eine Schlangengrube. Der Platz auf der Bühne ist auch nicht üppig. Alles festkleben, was umfallen kann. Dann Soundcheck und es brummt zunächst fürchterlich. Nachdem der Brummer gefunden und abgestellt wurde, kann Jochen mit dem Schlagzeug anfangen. Wieder tritt die übliche Rückkopplung bei der Bassdrum auf. Nach etlichen Konzerten ist die Ursache bekannt. Schnell noch Gitarre, Bass und Gesang einpegeln und zwei Teststücke spielen. Klingt einigermaßen, vielleicht wird's besser, wenn Leute drin sind. W E N N Leute drin sind!
Noch 2 Stunden bis zum ersten Stück, also ab nach Hause, duschen, umziehen. Und dann wieder zum Gig. Der Laden ist nicht einmal halb voll, hoffentlich wird das noch. Die Band hat "frei trinken". Sehr schön, aber wir haben meist keine Zeit dafür. Außerdem sollte man als Musiker besser nüchtern auftreten. Sonst kann es schnell daneben gehen.
Bis zum "Anpfiff" kommen dann doch noch etliche Leute in den Laden. Wir spielen das erste Set von Dreien. Und es läuft gut, bis auf die Ansagen. Anfangs sind wir immer maulfaul und schauen beim Spielen leicht genervt vor uns hin. Beim jungen Bob Dylan kam das vielleicht charismatisch 'rüber, bei uns wohl eher nicht. Aber wir tauen zunehmend auf und ein paar gute Ansagen und Sprüche fallen dann sogar uns ein. Das zweite Set wird meistens das schwächste, beim dritten ist die Konzentration wieder zurück. Warum das so ist, kann niemand von uns sagen.
In den Spielpausen verkrümele ich mich gerne in eine stille Ecke, sozusagen backstage, nix hören, nix sehen, nix sagen.
Nach der Spielerei, ca. dreißig Stücke später, mit schmerzenden Fingern und kratzender Stimme, finden dann doch noch ein paar Biere den Weg in die Musikermägen. "Hört Ihr schon auf? Ich habe noch gar nichts gehört.", sagt ein leicht angeheiterter Zuschauer, der etwas spät angekommen ist. So etwas hören wir auf jedem Auftritt. Aber immer noch besser, als würden die Tomaten und faulen Eier fliegen. Man mag uns offensichtlich und wir mögen unser Publikum.
Halb zwei Uhr morgens und wir sind abgekämpft. Auch zum Abbauen sind wir zu kaputt. Jetzt wäre ein Roadie gut, der sich um alles kümmert. Aber wovon sollte man den bezahlen? Gut eine Stunde später bin ich zu Hause, alles ruhig, nicht einmal der Hund freut sich.
Am nächsten Tag heißt es die Anlage abbauen. Die Jungs sind schon vor mir da und haben bereits angefangen. Alles ordentlich zusammen legen, Kisten und Boxen einladen. Waren die Dinger gestern nicht irgendwie leichter? "Der Musiker und die Schwerkraft" ist ein eigenes Thema!
Nachdem alles im Proberaum verstaut ist, wird Bilanz gezogen. Es war doch eigentlich gar nicht so übel. Zum Schluss kamen ja auch noch jede Menge Leute, weil die Konkurrenzveranstaltung früher zu Ende war. Das Publikum war auch recht zufrieden mit uns. Unsere Spielerei war passabel, bis auf die "üblichen Verdächtigen", die jedes Mal daneben gehen. Üben, üben, üben hilft da nur, üben für den nächsten Auftritt. Was hält uns Land-Musiker bloß bei der Stange und lässt den Gedanken verdrängen, wir seien langsam zu alt für so etwas? Ich weiß es wirklich nicht, aber wir sehen uns beim nächsten Auftritt.
Autor:Michael van de Locht aus Alpen |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.