Gedanken zum Sonntag
Religion in der WAP

 Pfarrer Uwe Hasenberg aus Gevelsberg. | Foto: Hasenberg
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Liebe Leserin und lieber Leser,

die Fähigkeit des Menschen zu beten, unterscheidet ihn - so weit wir erkennen können - von allen anderen Geschöpfen auf der Erde. Im Studium habe ich folgendes Sprichwort gelernt: “Der Vogel ist Vogel, wenn er singt, die Blume ist Blume, wenn sie blüht, der Mensch ist Mensch, wenn er betet.” Das Gebet macht einen Menschen erst zu einem Menschen.
Zum Gebet gehört die Selbstreflexion. Und das ist eine menschliche Fähigkeit. Ohne Selbstreflexion kann ich nicht beten, denn ich weiß dann nicht, um was ich bitten soll, warum ich überhaupt danken soll oder was ich mir wirklich wünsche. Es ist nicht bekannt, dass der Löwe ein schlechtes Gewissen hat, wenn er ein Zebra jagt, tötet und verspeist. Aber es soll Menschen geben, die ohne schlechtes Gewissen kein Fleisch mehr essen können. Der Mensch ist fähig, sein Leben so zu reflektieren, dass seine Gedanken, Worte und Taten offenbar werden. Und dann kann er beten!
Das geschieht überall auf der Welt. Das ist nicht typisch christlich. Die Gebete der Menschen sind manchmal sehr ähnlich und sogar gleichen Inhalts. Und dann sind die Gebete wieder so unterschiedlich wie die Religionen selbst. Und selbst die christlichen Gebete lassen erkennen, ob die Betenden evangelisch, katholisch, orthodox, oder charismatisch sind und ob die Gebete aus Afrika, Asien, Europa oder Südamerika stammen. Und die Betenden streiten sich immer wieder darüber, ob ihr Gebet richtig oder falsch ist.
In der jüdischen Tradition wird von einem Hirten erzählt. Er weidet seine Herde und spricht ein freies Gebet. Als eines Abends der Rabbi den Hirten so beten hört, geht er zu ihm und fragt: “Was machst du da, Hirte?” Und der Hirte antwortet: “Ich bete zu dem, dessen Name gelobt sei, damit er meine Herde und mich beschütze.” Da sagt der Rabbi: “Du betest falsch. Denn du sprichst nicht die Gebete, die seit vielen Jahrhunderten in der Synagoge gebetet werden. Du musst schon ein ordentliches Gebet sprechen.” - “Und wie spreche ich ein ordentliches Gebet?” - “Ich bringe es Dir bei.”, sagt der Rabbi. “Morgen, in der Synagoge.” Der Rabbi geht nach Hause. Während der Nacht gibt es ein heftiges Gewitter. Es donnert und blitzt. Der Rabbi schläft sehr unruhig und träumt von dem, dessen Name gelobt sei, wie er wütend zum Rabbi sagt: “Geh zum Hirten. Denn du hast einen Fehler gemacht. Das Gebet des Hirten ist das beste Gebet für mich.” Sofort macht sich der Rabbi auf den Weg und sagt: “Weißt du, mein Sohn, du muss kein Gebet lernen, dein Gebet ist richtig, da es vom Herzen kommt.”
Das Gebet, das vom Herzen kommt, ist ein wichtiges Gebet. Das weiß auch der Apostel Paulus, wenn er im Brief an die Römer (8,26+27) schreibt: “Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen. Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er vertritt die Heiligen, wie es Gott gefällt.”
Gottes Geist lässt uns beten und die richtigen Worte finden. Probieren Sie es doch einfach aus.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Ihr Pastor
Uwe Hasenberg

Autor:

Nina Sikora aus Essen

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