Bundesgericht kippt Sterbehilfe-Paragrafen
Selbstbestimmung bis zum Ende - 158 Meinungen zu § 217

So eine Resonanz haben wir auf eine WAP-Umfrage noch nie erhalten: 158 Bürger nahmen online bei unserer Umfrage zur Aufhebung des Paragraphen 217 und somit des Verbots der Sterbehilfe teil. Das Ergebnis war mindestens genauso überraschend.  | Foto: Sikora/Pixabay
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  • So eine Resonanz haben wir auf eine WAP-Umfrage noch nie erhalten: 158 Bürger nahmen online bei unserer Umfrage zur Aufhebung des Paragraphen 217 und somit des Verbots der Sterbehilfe teil. Das Ergebnis war mindestens genauso überraschend.
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Gedacht war es von der Politik ganz anders, doch am Ende bestätigte die Aufhebung des Paragrafen 217 im Strafgesetzbuch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben.

von Nina Sikora

Friedlich einschlafen dürfen, wenn der Schmerz oder das Leid zu groß wird, das wünschen sich viele Schwerkranke. In Deutschland war die Erfüllung dieses Wunsches bisher legal kaum möglich. Viele Betroffene reisten deshalb beispielsweise in die Schweiz, um beim Sterbehilfe-Verein "Dignitas" gegen Bezahlung sterben zu dürfen. "Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung" nennt der Gesetzgeber das.

2015 Paragraf 217 erlassen

Und genau der wollte die Politik 2015 einen Riegel vorschieben, tat dies mit dem Paragrafen 217, der die geschäftsmäßige Beihilfe zum Suizid unter Strafe stellte. Dieser Paragraf ist nun vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gekippt worden. Der Paragraf sei verfassungswidrig und nichtig, so das Gericht. Jeder habe das Recht auf Selbsttötung. Durch den Strafrechtsparagrafen 217 sei es bisher aber quasi unmöglich, Suizidhilfe zu erhalten und somit das Recht auf Selbsttötung nicht gegeben.

Gelegenheit zur Selbsttötung

Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist es aktuell möglich, dass Dritte Gelegenheit zur Selbsttötung gewähren, verschaffen oder vermitteln. Zurzeit gibt es dafür keinerlei Regulierung. Diese müssen nach dem Urteil nun erarbeitet werden.

WAP-Umfrage

Ein Urteil, welches die Politik so nie gewollt hat, die Menschen im EN-Kreis aber anscheinend schon. Die WAP erstellte in ihrer Facebookgruppe "Lokalkompass EN-Süd" eine Umfrage mit folgendem Inhalt: "Heute, 26. Februar, hat das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (§ 217 StGB) aufgehoben. Das Gericht sieht ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Was denkt ihr darüber?" Die Reaktionen waren überwältigend. 158 User nahmen an der Umfrage teil. Ein Rekordergebnis! Aber noch viel überraschender war, dass nur zwei Personen sich gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofes aussprachen, 156 Bürger halten die Entscheidung für richtig. So wie Jennifer Gerzen, die kommentiert: "Jedes Tier darf man erlösen, wir müssen verrecken, das ist nicht in Ordnung." oder Vera Gräfingholt, die schreibt: "Ich halte die Entscheidung für absolut richtig! Ich kann, darf und muss in meinem Leben alles selbst entscheiden, dann auch bitte, wann mein Leben ein Ende hat!"

Falsche Entscheidung

Michael Weigelt ist einer der zwei User, der sich dem Gros der Befragten nicht anschließt. Er beantwortete die Frage mit der Option "In meinen Augen ist die Entscheidung falsch" und begründete sowie bekräftigte seine Wahl noch mal in den Kommentaren: "Ich finde die Entscheidung falsch. Es sollte eher die Palliativmedizin gestärkt werden. Es kann passieren, dass Menschen lebensmüde werden, weil sie anderen 'zur Last fallen'." Seine Meinung löste eine sachliche Diskussion unter den Usern aus, an der auch Sebastian Klein teilnahm, der anmerkte: "Es sollte Menschen erlaubt sein, ihr Ende selbst zu bestimmen. Vor allem, wenn man den Kampf gegen eine Krankheit überhaupt nicht gewinnen kann. Es ist für alle besser und angenehmer, wenn man sich in so einem Falle für so eine Variante entscheiden darf, ohne dass man sich noch strafbar macht und man sich zu Tode quälen muss, weil die Regierung das so will." Woraufhin Michael Weigelt konterte: "Man muss sich nicht zu Tode quälen, wenn die Palliativmedizin und die Hospize weiter ausgebaut werden. Die Gefahr ist, dass 'Menschen ihr Ende selbst bestimmen', um andere nicht zu belasten. Deswegen lehne ich jegliche Sterbehilfe ab" und weiter: "Irgendwann ist man alt und gebrechlich und die Gesellschaft schaut diese Menschen an und wirft ihnen vor, man könne ja 'selbstbestimmt gehen'. Das Leben ist ja nicht mehr lebenswert und bald stirbt man eh. Das ist nicht die Gesellschaft, welche ich mir und meinen Kindern wünsche."

Es muss Regelungen geben

Damit argumentiert Weigelt so, wie es viele Kritiker der Entscheidung tun. Angefangen von Kirchenvorständen, Politikern über die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsens, Martina Wenker, oder eben auch der evangelische Arbeitskreis der CDU Ennepe-Ruhr (siehe Artikel rechts).
Facebookgruppenmitglied Ille Schnieder ist die Umsetzung und das weitere Vorgehen nicht unwichtig: "Es kommt darauf an!", schreibt sie im Hinblick auf die Frage, ob es die richtige Entscheidung sei. "Es sollte eine Regelung geben, die verhindert, dass jemand nur deswegen geht, weil er sich einsam fühlt." Eben solche Regelungen müssen nun zunächst getroffen werden. Festzuhalten bleibt jedoch der Eindruck, dass der Wunsch nach einem selbstbestimmten Ende groß ist.

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Die Mehrheit ist sich einig und hält die Entscheidung des Bundesgerichtshofes für richtig, das ergibt eine Umfrage der WAP auf Facebook.  | Foto: Sikora
Autor:

Nina Sikora aus Essen

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