Der Stadtjugendring tagte zum Thema „Keine Zeit für Jugendarbeit“
Mit den Auswirkungen der bildungspolitischen Veränderungen der vergangenen Jahre auf die Arbeit der Vereine und Jugendverbände beschäftigten sich in seiner letzten Sitzung die Delegierten des Stadtjugendrings Schwelm.
Ein Hauptthema stand vergangenen Montag auf der Tagesordnung der Sitzung des Stadtjugenrings Schwelm. Die schulischen Veränderungen im Bereich G8, der Ganztagsbetreuung oder die Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge, haben viele Schwelmer Vereine und Jugendverbände in der ehrenamtlichen Arbeit vor bisher nicht gekannten neuen Herausforderungen gestellt.
Viele Kinder und Jugendliche haben kaum noch Zeit, an den wöchentlichen Angeboten der Vereine regelmäßig teilzunehmen. Gerade in Wochen, in denen Klassenarbeiten und Klausuren geschrieben werden, können sich viele aus Zeitgründen den Vereinsbesuch nicht mehr erlauben. Die größten Probleme bereiten den Vereinen die Ausbildung und der Einsatz von ehrenamtlichen jugendlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Die jungen Leute haben die Zeit nicht mehr, die geforderten Qualifizierungen über Seminare und Wochenendschulungen zu absolvieren, beispielsweise um die Jugendleiter-Card zu erwerben oder sich für den Rettungsdienst zu qualifizieren. Ohne qualifizierte Mitarbeiter/Innen können aber nicht alle Angebote der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, trotz großer Nachfrage auf Teilnehmerseite, aufrecht erhalten werden. Gerade bei den Ferienfreizeiten sind die Vereine auf volljährige und ausgebildete Mitarbeiter angewiesen. Waren dies früher oft Abiturienten und Studenten, fehlt heute ein Jahrgang an volljährigen Schülern. Die Bachelor-Studenten haben keine frei verfügbaren Semesterferien mehr, sondern absolvieren in dieser Zeit Klausuren und Prüfungsvorbereitungen. Daher fordert beispielsweise der Bundesjugendring einen „Ferienschutz für Studenten zur Sicherung ehrenamtlicher Jugendverbandsarbeit bzw. eine bessere Planbarkeit für ehrenamtliches Engagement“. Eine bundesweite Studie der TU Dortmund mit dem Titel „Keine Zeit für Jugendarbeit“ untermauert und belegt mit Zahlen die Auswirkungen der Verdichtung und Verkürzung von Jugendphase für die Verbände. Verbandliche Jugendarbeit, ob im Sport, in gesellschaftlichen oder in kirchlichen Einrichtungen, versteht sich als außerschulische Bildungsarbeit. Hier werden soziale Kompetenzen erworben und Persönlichkeiten gestärkt. Die derzeitige Politik gefährdet dieses zweite Bildungs-Standbein.
Aber auch die besondere Situation in Schwelm spielte eine Rolle im Austausch der ehrenamtlichen Verbände. Nach Ansicht vieler Delegierten könnten sich die negativen Auswirkungen wegen der zum Teil in der Umsetzung befindlichen Schwelmer Maßnahmen in Bereich Stadtentwicklung und Schullandschaft weiter verstärkt werden. Mit Sorge gesehen wird beispielsweise die anstehende Veränderung der Schullandschaft, wie der Schließung der Förderschule, der unsichere Bestand der Hauptschule oder die Zusammenführung innerstädtischer Grundschulen am Ländchenweg. Man stellte die Frage, ob für zukünftige Familien mit Kindern der Wohnort Schwelm mit der vorgehaltenen Bildungsinfrastruktur dann noch attraktiv genug sein könnte. Die weiten Schulwege an den Stadtrand bzw. in die Nachbarstädte kosten Kinder, Jugendliche und wohl auch ihren Eltern weitere Zeit. Und... „Ob sie sich dann noch auf den Weg zu uns machen können?“
Autor:Jo Lepidis aus Schwelm |
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