Mohring lehnt Vorschlag Ramelows ab
Wovor fürchtet sich die CDU in Thüringen?
Kommentar von Stephan Leifeld
"Nichts ist so alt wie die Zeitung von Gestern", sagt der Volksmund. Und "Gestern" gab es einen Vorschlag von Bodo Ramelow, der über Parteigrenzen hinweg, breite Zustimmung finden konnte. "Spannend", nannte das noch am selben Abend der zukünftig ehemalige Fraktionsvorsitzende der Thüringer CDU, Mike Mohring. Um dann - als wäre das die neue Bewegung der Union - einen Salto mortale hinzulegen, in dem er für "seine" CDU diesen Vorschlag ablehnte.
Die CDU Thüringen lässt durch Mike Mohring mitteilen, dass dieser Vorschlag von Ramelow nicht weitgehend genug sei.
Man wolle stattdessen eine Experten-Regierung bilden
führt Mohring weiter aus. Denn, womöglich habe man nach den nächsten Wahlen wieder eben die Verhältnisse im Parlament wie jetzt, höre ich Mohring in der Tagesschau in einem kurzen Beitrag sagen.
Als wenn es die aktuellen Meinungs-
und Wählerumfragen nicht geben würde
Die CDU und alle anderen Parteien mit demselben Ergebnis bei den nächsten Wahlen, argumentiert der Unionspolitiker, ohne auch nur ein Auge zu kneifen, könnten das aktuelle "Dilemma" nur zeitlich verschieben. Es scheint seine ernsthafte Annahme, dass die Wählerinnen und Wähler das Taktieren der Union mit der FDP und der AfD - und die Wahl Kemmerichs zum Ministerpräsidenten ohne Kabinett - irgendwie schon wieder vergessen haben könnten.
Dann aber geht Mohring noch weiter und bringt eine Expertenregierung ins Spiel, die natürlich aus den "fünf Parteien zu bilden" wäre und alle Ministerien sollten besetzt sein, statt nur für 70 Tage eine geschäftsführende Regierung zu bilden. Hier erkenne ich plötzlich seine Idee...
"Expertenregierung" war ursprünglich eine Offerte von Höcke
... Nur diese Idee von Mohring stammt garnicht von diesem. Der Faschist Höcke von der AfD hatte noch am 01. November 2019 sowohl dem FDP-Abgeordneten Kemmerich in einem Brief den gleichen Wortlaut gesendet, wie dem CDU-Abgeordneten Mohring:
"eine gemeinsam getragene Expertenregierung"
Es geht also Mohring, wie Kemmerich und Höcke, immer noch nur darum, Ramelow zu verhindern. Offensichtlich um jeden Preis. Auch wenn die Demokratie dabei Schaden nimmt.
Höcke hatte eben ganz genau diese Idee entwickelt, in seinem Schreiben an die beiden anderen Parteispitzen, um angeblich
zum Wohle des Freistaates Thüringen
, eine Allianz gegen die Linken zu bilden. In diesem Zusammenhang finde ich wiederum "spannend", dass zur Verhinderung der Regierung unter Ramelow, von einem Nazi die Betonung auf "Staatspolitische Verantwortung" gelegt wird. Mohring scheint dem nicht nur mit der Wahl von Kemmerich auf den Leim gegangen zu sein. Er scheint das immer noch im Kopf zu haben. Völlig befangen von der Idee, an anderen Tagen mit den Blauen doch noch koalieren zu können.
In eben diesem Zusammenhang fallen mir Kinder ein, die nicht mehr draußen spielen können, weil die Mutti gerufen hat. Aus Wut darüber zerstören sie beim Weggehen mutwillig die gebaute Burg der anderen Kinder, die noch im Sandkasten verbleiben. Unglaublich, dass die CDU angesichts solcher Situationen offenbar jetzt schon kopflos scheint - und wie zu ein enthaupteter Störtebeker nur noch vorwärts wankt, in dieser Krise, die Dimensionen angenommen hat, die Demokratie in ganz Deutschland zu erfassen. Und selbst die Mutti schweigt.
Dabei müsste die CDU nur endlich die widersprüchlichen Aussagen von Mohring ignorieren. Sachverstand einschalten, statt Parteipolemik nach außen zu tragen. Ramelows Vorschlag war mehr als nur "spannend". Dieser Vorschlag hat die Chance geboten, dem Souverän des Staates Thüringen die Entscheidung zu geben. In 70 Tagen Neuwahlen klingt gut. Zugegeben - nicht für die aktuelle CDU. Die eigene Bauchnabelschau - "wer denn die nächste Mutti wird" - scheint wichtiger. Es klingt auch nicht gut für den verzockten Höcke, dem Mohring bereits wieder in die Hände spielt. Aber für die Demokratie klingt der Vorschlag gut, mit Lieberknecht auf Neuwahl zu setzen. Das haben die anderen Parteien erkannt, als sie sich zusammen gesetzt haben. Wenn auch die FDP nicht dabei gewesen ist, hält sie sich aktuell zumindest bedeckt.
Dann frage ich mich erneut,
wovor die CDU wohl
solche Angst haben muss...
Die Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Die Mitverantwortung an der Herrschaft der Blockparteien in dem Unrechtsstaat DDR. Das würde weh tun; den Lügen, dem Verdrängen der letzten Jahrzehnte abschwören zu müssen. Aber genau dafür war Lieberknecht eine gute Idee. Es war zwar ein kluger Schachzug von Ramelow seine eigene Ministerpräsidentschaft nochmal für 70 Tage heraus zu zögern, genau mit der Frau, die Thüringen mit aufgebaut hat und seine Vorgängerin war. Aber es war auch ein Schachzug eines fairen "Spielers", der sich als Gegner - aus welchem Lager er auch immer betrachtet wird - seine politische Kultur staatsmännisch erhalten hat. Ramelow hat aus meiner Sicht keine derart kapitalen Fehler gemacht, wie die Spitzenkandidaten der anderen Parteien. Und das sehen auch die Bürgerinnen und Bürger. Davor hat die CDU in Thüringen große Angst.
Foto copyrightsfrei von Pixabay
Autor:Stephan Leifeld aus Schermbeck | |
Webseite von Stephan Leifeld |
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