Dein Jesus ein Jude, dein Auto aus Japan, der Computer aus China...
Wer sagt eigentlich, dass das Boot voll ist...?

Kommentar von Stephan Leifeld

Die Europäische Union scheint oftmals nur einig Europa, wenn es eine Bedrohung von Außen gibt. Zumindest scheinen sich die politischen Eliten auf unserem Kontinent einig, dass kaum ein europäisches Land irgendwelche Menschen aufnehmen will, die vor Krieg und Elend flüchten. Das muss man als zivilisierter Europäer mit etwas Vernunft erst einmal begreifen. 

Da geistert momentan "Corona" durch alle Medien. Wenn man den Fotos von leer gekauften Supermärkten glaubt, finden bereits sogenannte Hamsterkäufe statt, um dem Zusammenbruch von Logistik und Warenwirtschaft entgegen zu eilen. Tonnen von Mehl und Nudeln werden in privaten Vorratsräumen "gebunkert", weil offenbar wenig Vertrauen der Bürger existiert, dieser Staat könnte eine geregelte Versorgung gewährleisten. Möglicherweise haben auch manche Angst vor seitenlangen Anträgen an eine Notstands-Bürokratie, um ein Stück Brot zu erhalten, wenn "nichts mehr geht". 

Was Greta nicht geschafft hat, mit der Warnung vor schlechten Zeiten infolge klimatischer Veränderungen in der Zukunft, gelang Sabine und Corona binnen Tagen. Benzinpreise purzeln an den Tankstellen, um die sinkende Nachfrage auszugleichen. Der Markt ist ein Zeichen für das Zuhause bleiben der Ängstlichen. 

Manche Menschen überlegen auch bereits zu Verwandten zu gehen, falls es zu großflächigen

Quarantäne-Maßnahmen in ihren Regionen

kommen sollte. 

Und dafür haben viele Menschen in den sozialen Medien großes Verständnis. 

Es wird von Verantwortung gegenüber den Kindern, den Familien, gesprochen. Es wäre logisch, dass man nicht in einem Gebiet bleiben kann, in dem eine Krankheit oder Versorgungsnot die Existenz der Familie bedroht. Schreiben übrigens aus meiner Beobachtung dieselben Leute, die dafür sind, an der griechischen Grenze zur Türkei mit "aller Härte" dort die Flüchtlinge zu stoppen, die nach Europa Einlass begehren.

Da frage ich mich, warum manche Menschen offenbar nur von Wand bis Tapete denken können...

Aus meinem Blickwinkel flüchten die meisten Menschen aus ihrer Heimat nicht so zum Spaß. Es ist keine Challenge, wer zuerst in Europa eine deutsche Frau schwängern darf, sich einen neuen Mercedes kaufen könnte, oder sonst was. Wenn ich die Nachrichten aus aller Welt richtig deute, fliehen diese Menschen zumeist aus Verantwortungsgefühl gegenüber ihren Frauen und Kindern, ihren Brüdern und Schwestern, ihren Familien. Sie fliehen zumeist vor Versorgungsnöten, wirklich brutalem Hunger, vor Krieg und Vergewaltigung, Mord und Totschlag. Dabei riskieren sie ihre Gesundheit, ihr Leben, ihr Hab und Gut. Oftmals, um nur einen "ins Spiel" zu bringen, der tatsächlich das gelobte Land Europa erreicht, um die Familie dann nachholen zu sollen. 

Würden also Menschen in unserer Gegend sich anders verhalten, wenn es hier am Baum brennen würde? Also,

wenn hier so Brandstifter wie Höcke tatsächlich für Bürgerkrieg sorgen

würden, wenn Corona tatsächlich unsere Wirtschaft kippt, wenn die Infrastruktur tatsächlich kollabiert, wenn Lebensmittel knapp sind... würden da alle still zuhause sitzen bleiben und DSDS gucken? ... Kann ich mir nicht vorstellen. 

Ein etwaiger Kanzlerkandidat Merz sollte sich in solchen Zeiten hüten, die Diskussion um hartes Vorgehen von Frontex anzuheizen, meine ich. Es geht um Kinder, um Menschen, nicht um Billigprodukte aus Fernost, oder um internationale Wertpapiere. 

Ein etwaiger Kanzlerkandidat Laschet sollte sich einschalten für die bedrohten Menschen überall. Als sogenannter Christdemokrat muss er das alleine schon tun, wenn er glaubwürdig im Wortsinne sein will. Sein Jesus, der keine Boote brauchte, um über das Wasser zu kommen, ist schließlich ein Jude. Kein blonder Deutscher. Jesus war ein Mensch aus dem vorderen Orient. Würde man ihn heute auch in der Türkei zurücklassen wollen, weil man nicht glaubt, dass er gekreuzigt werden könnte, in seiner Heimat? Aber die Jungfräulichkeit seiner Mutter kann man sich vorstellen... ich schweife ab.

Wenn ich bedenke, dass viele unserer alltäglichen Produkte aus dem Ausland stammen. Teilweise Tausende Kilometer zurückgelegt haben, wie unsere Autos, die in Korea, Japan oder sonst wo, produziert wurden. Mobiltelefone mit Bauteilen, verteilt auf der ganzen Welt. Kleidung, billig hergestellt in Bangladesh, Pakistan oder Afrika. Nestlé will Brunnenrechte auf dem "schwarzen Kontinent", damit Hipster in der Mucki-Bude chichi-Wasser trinken können, während sie Witze machen über die 17jährige aus Schweden. 

Jedenfalls sehe ich in meinem Umfeld völlig normale Geschäfte, keine leeren Regale, wie man sie von der DDR berichtet hat. Ich sehe keine hysterischen Menschen, die wie die sogenannten Preps ihre Grundstücke absichern gegen eine angebliche Zombieapokalypse. 

Ich sehe aber auch nicht, dass unsere aktuelle Kanzlerin das Wort ergreift, um sich wie vor fünf Jahren für die Menschen auszusprechen. Merkel scheint müde, sich zu erklären, was sie 2015 gut gemacht hat. Die Populisten in allen derzeit gewählten Parteien haben ihr das Wort abgeschnitten - und sie sitzt nur noch bis zum Ende ihrer Amtszeit (wenn sie die erreicht, ohne vom nächsten CDU-Vorsitzenden abgelöst zu werden). Das ist eine noch größere Katastrophe für unsere Demokratie, als das politische Versagen der Parteien in Thüringen. 

Rechtsextreme Egoisten wie

Orban und Co benutzen m.E. die Türkei als 4-Millionen-Flüchtlingslager

, ohne ordentliche Hilfe und Gegenleistung.

Die Europäische Union war einig in der Brexit-Sache. Konsequent einig ist der Kontinent leider nicht, was die politische Führung angeht. Brüssel spielt da eher den "Schwarzen Peter". Niemand hat sich in den letzten fünf Jahren um eine Lösung dieser humanitären Katastrophe bemüht. Man hat allgemein auf Zeit gespielt, um vor Ort die Wahlkämpfe zu gewinnen. Oder Parteien zu retten!

Gerade für Deutschland empfinde ich das als eine Schande. Mir kommen bei den Bildern, die aktuell aus Griechenland gezeigt werden, die Bilder aus Duisburg in den Sinn. War es die Loveparade 2010, wo zig Menschen ums Leben gekommen sind, zwischen Absperrungen und Zäunen, infolge Panik und Versagen von Verantwortlichen? Wer die Auffassung teilt, dass man hätte vermeiden können, was in Duisburg geschehen ist, sollte nachdenken, was soeben anderswo geschieht. Ich glaube, wir können das vermeiden... 

Ich schreibe an dieser Stelle meinen Kommentar weiter. Hauptsächlich für die Leserinnen und Leser, die denken, Duisburg kann man nicht mit Lesbos vergleichen. Nach dem Motto:

"Hier ist das Boot voll."

Diesen Menschen empfehle ich, zu hinterfragen, warum wer welche Absperrungen nicht rechtzeitig freigeben wollte oder konnte, als es in Duisburg zu dieser Stampede von Menschen kam. Hinter den Absperrungen war Platz, war Raum, war Zeit für alle Menschen - zum Weiterleben. So ist es auch in dem globalen Fall der Kriegsflüchtenden. Diese Menschen müssen Raum und Zeit bekommen, für ein menschenwürdiges Leben, ohne Krieg und ohne Versorgungsnot. Damit kann man diese Flut eindämmen. Es gibt keinen Weg zum Frieden, außer dem Frieden...

Autor:

Stephan Leifeld aus Schermbeck

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