MARITIME ÜBERLEGUNGEN ZU AKTUELLEN EREIGNISSEN IN POLITIK UND GESELLSCHAFT
LUXUSDAMPFER KONNTE EIGENTLICH NICHT SINKEN

Foto: Foto von Pixabay

Man stelle sich einmal vor, auf dem Weg in ein Land weit-weit-weg, ist ein riesiges Kreuzfahrtschiff gesunken. Während dieser Tragödie hat sich diese Nachricht unter den betroffenen Reisenden nicht 100% herumsprechen können, so schnell ist der Luxusdampfer auf dem Weg zum Meeresgrund. Da hören die Passagiere kurz zuvor an Bord noch die Durchsage: "Der Kapitän ruft alle Mitreisenden dazu auf, sich unbedingt die Rettungswesten anzuziehen, um sich dann in geordneter Reihenfolge an den Rettungsbooten aufzustellen."

In Gedanken höre ich dabei schon den ersten Passagier: "Ich trinke auf jeden Fall an der Bar meinen Martini noch zu Ende. So eilig kann das doch nicht sein. Von so einem hergelaufenen Kapitän lasse ich mir auch nichts befehlen." Die Frau neben ihm, im kleinen Schwarzen, die nervös an ihrem "Cuba libre" nippt, stimmt kreischend ein: "Widerstand gegen die Anordnungen von so einem Lametta-Träger ist unsere oberste Bürgerpflicht. Das habe ich schon bei diesem Jack Sparrow gelernt. Ich kenne alle Teile von Piraten der Karibik. Da mache ich nicht mit."

Als schließlich noch Matrosen über das Deck rennen, mit dem Stewart zusammen Rettungswesten zu verteilen, ruft ein besonders kluger Mann vom Sonnendeck: "Das ist sicher nur eine Übung. Die wollen uns gerade testen, was die alles mit uns machen können, wie weit wir mitspielen. Das müssen wir nicht ernst nehmen. Im Rettungsboot setzen die einfach unsere Grundrechte aus." Eilfertig mischt sich seine Frau noch ein: "Außerdem habe ich im Internet gelesen, dass dieses Schiff in Wahrheit unsinkbar ist. Wenn wir uns also ganz normal verhalten, wie sonst auch - lassen wir die anderen doch einfach in diese ungemütlichen Miniboote klettern. Dann haben wir an der Bar gleich gemeinsam Happy Hour."

Die Nachricht von dem sinkenden Schiff wird inzwischen durch andere Reisende über Smartphone im Internet verbreitet. "Alte und schwache Menschen, besonders Nichtschwimmer und Menschen mit Einschränkungen beim Schwimmen, sind durch diese Katastrophe am Schlimmsten in Gefahr." Ein User kommentiert das bei Facebook,  "dass die Nichtschwimmer im Meer sowieso immer die ersten sind, die ertrinken müssen, weshalb er die Rettungsboote eigentlich unsinnig findet. Die könnten ja besser alle Schwimmen lernen, von kleinauf, um sozusagen eine Herden-Schwimmfähigkeit zu entwickeln."

Ein weiterer Kommentar meint dazu: "Überhaupt sterben diese Leute ja überhaupt nicht auf dem Schiff. Sondern die ertrinken im Meer. Das sagen die in den Nachrichten aber nicht. Todesursache ist dann eigentlich Unterkühlung oder Erschöpfung. Möglicherweise auch zu viel Wasser in der Lunge. Das kann man aber auf keinen Fall seriös mit dem sinkenden Schiff in Zusammenhang bringen. Wisst Ihr eigentlich, wieviel Menschen im eigenen Swimmingpool im Garten ertrinken? ... Da sollte man einmal nachforschen, bevor man Rettungsschiffe aussendet."

YouTube zeigt schließlich ein Video, wie sich unterschiedliche Akademiker und Politiker streiten: "Man hat schon bei der Titanic gesehen, dass Schiffe unsinkbar sind. Ohne den Eisberg wäre nämlich nichts passiert. Und überhaupt, bei der Bismarck hat es sich um eine gemeine Absprache viel zu vieler Zerstörer gehandelt. Das war unsportlich. Dieses neue Schiff aber hat weder einen Eisberg sichtlich gerammt, noch sind dort irgendwelche Kampfschiffe auf dem Radar. Möglicherweise handelt es sich nicht um eine echte Katastrophe, sondern nur um HörenSagen von Verschwörern aus der Flugindustrie, die den Seefahrern schon immer etwas anflicken wollen."

Während zahlreiche Menschen dann tatsächlich Schiffbruch erleiden, gehen einige Menschen trockenen Fusses in ihren Städten auf die Straße. Sie demonstrieren gegen die eine staatliche Willkür, die ihnen angeblich Rettungswesten und Schwimmkurse aufzwingen will. Sie drohen teilweise damit, die gesamte gesellschaftliche Ordnung auf den Kopf zu stellen. Dabei skandieren sie: "Wir können über Wasser gehen. Wir sind der Staat. Wir sind die Experten. Wir haben voll die Ahnung."

Man wird sehen, wie diese Geschichte, die einige Parallelen zur Realität aufweisen könnte, ausgehen wird. Ich bin zwar ein guter Schwimmer, habe aber auf einem großen Schiff bei einer Ozeanüberquerung persönlich nichts gegen eine Rettungsweste. Ob die in jedem Flugzeug immer Sinn macht, bleibt dahin gestellt... Aber momentan fürchte ich, haben wir viele Menschen auf der Straße, die ein Schiff von einem Flugzeug nicht mehr unterscheiden können.

Hoffentlich haben die genug Toilettenpapier daheim, falls die Welle doch noch mindestens ein weiteres Schiff - im übertragenen Sinn - in die Tiefe reißen sollte.

Autor:

Stephan Leifeld aus Schermbeck

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