Krieg ist immer das Versagen von Politik
KOMIKER IM DEUTSCHEN BUNDESTAG
Kommentar von Stephan Leifeld
Gysi hat heute die wohl kürzeste Rede seiner politischen Laufbahn gehalten. Sechzig Sekunden geballte Rhetorik. Alice Weidel glaubt offenbar ganz fest daran, inhaltlich das Thema Impfpflicht sachlich an diesem Tag zerlegt zu haben. Alt-Bundespräsident Wulf ist auf der Tribüne im Bundestag begrüßt worden. Ebenfalls galt ein Gruß vom Bundestagspräsidium an den Botschafter der Ukraine. Alles sehr merkwürdig, die Stimmung im Plenum. Und dann war da ein weiterer Komiker: aber ein gelernter, wenn auch überhaupt nicht lustig, hat er den zumeist Juristen aller gewählten Parteien im Bundestag, mit düsterem Gesicht deutlich die Meinung gesagt. Simultan übersetzt, gab es für die Abgeordneten via Kopfhörer, „was auf die Ohren“.
Einmal mehr forderte eindringlich Selenskyj die Bundesrepublik Deutschland dazu auf, in der NATO eine Führerrolle zu übernehmen. Man solle doch an die Zeit vor 80 Jahren denken, forderte Selenskyj auf. Dringend müsse der Luftraum der Ukraine gegenüber den Russen gesperrt werden. Deutschland habe die historische Pflicht. Olaf Scholz solle die „Mauer zwischen der Freiheit und der Unfreiheit“ einreißen, forderte der gelernte Schauspieler pathetisch den Bundeskanzler öffentlich auf, wie seinerzeit Ronald Reagan seine Forderung an Michail Gorbatschow gerichtet hatte, dass dieser die Berliner Mauer „einreißen“ sollte. Kein Wort in seiner Rede von Frieden und einer Vision von Europa. Vorwürfe und Pathos, abwechselnd aneinander gereiht. Hinkende Vergleiche bemüht. Das Zitat von Reagan hatte seinerzeit weitaus mehr zu bieten, nicht nur diesen einen Satz.
Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Aussagen ist dennoch schnell hergestellt: auch Ronald Reagan war schließlich gelernter Schauspieler, vor seiner Zeit als Präsident. Eine andere Parallele will mir nicht in den Sinn. ...Gorbatschow kann man aus meiner Erinnerung auch überhaupt nicht mit Putin vergleichen. Die Mauer zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland stand wirklich und das auch mehr als 22 Tage. Das politische System der Bundesrepublik allerdings, war vom ersten Tag an, EU- und NATO-tauglich. Ein demokratischer Rechtsstaat. Selenskyj ist damit nicht annähernd auf Augenhöhe mit Allen, von denen er das glaubt, dass er es wäre. Als wäre der beidseitig eskalierte Krieg ein Grund genug, ohne Auflagen und Beitrittsverfahren, sofort in NATO und EU eintreten zu können. Beinahe wirkt er mit dieser Sicht auf mich schon wie Mr. Bean - oder sogar Don Quijote… komisch nur noch im Sinne von tragisch… regelrecht verzockt.
Zu seinen Inhalten und Zahlen will ich mich auch kritisch äußern, wenn es auch in diesen Tagen sehr dünnes Eis ist, die Politik und Geschichte der Ukraine anders zu sehen, als der Mainstream.
Vor achtzig Jahren gab es die Schlacht von Charkiw und auch andere schlimme Dinge. Der Holocaust in der Ukraine kostete von 2,7 Millionen Juden etwa 1,5 Millionen das Leben. Am Donbass wurden zahlreiche Polen und Russen massakriert. Von Deutschen und Ukrainern. Die Ukraine wurde aus guten Gründen anschließend eine Sowjetrepublik und die Teilung Deutschland, mag sie glücklich überwunden, hatte doch auch einen Grund… Das dürfen gerade Deutsche nicht vergessen, egal, wie bewegend ein Staatsoberhaupt eines anderen Landes per Bildschirm übertragen wird.
“Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft“
wiederholte sich der ukrainische Präsident mehrfach in seiner Ansprache an den Deutschen Bundestag. Als würde er es langsam begreifen, worum es denen gegangen ist, die ihm mit ebenso falschen Versprechungen den Kopf verdreht haben, die auch gleichzeitig die Russen mit ihren Sicherheitsinteressen versuchten, an der Nase herumzuführen. Die NATO mit der EU-Scheckbuchdiplomatie. Auch dieses System ist am Ende. Seit heute hat nicht nur die Ukraine den Krieg gegen Russland verloren, ohne es eingestehen zu können. Dead man walking, kommt mir in den Sinn: Moralisch hat der Deutsche Bundestag seine Insolvenz erklärt. Die Demokratie nach westlicher Prägung scheint aktuell so arm, als besitzt sie nichts mehr außer Geld. Das stinkt zwar bekanntermaßen nicht, ist aber dennoch kein Gewinn…
1. Diejenigen Abgeordneten, denen Mut und Anstand fehlte, die dreiste Ansprache eines staatsfremden Präsidenten nicht ehrlich zu diskutieren, haben ihren „politischen Bankrott“ gezeigt. Vor allem, weil sie untaugliche und veraltete Waffensysteme noch an überforderte, ukrainische Zivilisten herausgeben, um sich dann schockiert zu zeigen, wenn die russischen Soldaten in der Ukraine auch Zivilisten töten. Angeblich war es wichtiger, den Zeitplan einzuhalten, über ein Gesetz zu debattieren, welches vermutlich nicht einmal durchsetzungsfähig ist. Ich finde es traurig und enttäuschend. Eine Aussprache wäre angemessen gewesen - auch eine Kritik an den Lieferungen von Waffen und Munition. Man hätte dann im Bundestag vielleicht einräumen müssen, dass man sich verhält, wie jemand, der einen Konflikt zwar anheizt, aber nicht in der Lage ist, zu beenden.
2. Vor allem auch Friedrich Merz und seine Union. Merz, der transatlantische Wiederkehrer, zum richtigen Zeitpunkt wieder da, um in der Tradition eines Manfred Wörner zu träumen, von der starken NATO, die einen Atomkrieg auf Europa beschränkt, inklusive NATO-Mitglied Ukraine. Merz erklärte heute ebenfalls seine Art „politischen Bankrott“. Vermutlich, weil er immer mit der Angst kleiner Leute sehr gut gefahren ist, als Anwalt und mit seinem „mittleren“ Vermögen plus BlackRock; denkt Merz, Abschreckung würde niemals zu einem Weltkrieg führen. Sein Wunsch zu debattieren hatte nicht den Frieden im Sinn. Viel zu oft sagt er in diesen Tagen als Dauergast bei allen Lanz und Wills unserer Medien, mit ihm wäre die Ukraine längst Mitglied der NATO gewesen. Also, egal ob demokratisch oder nicht, solche Kleinigkeiten scheinen ihm nicht so wichtig, wie die Angst vor Russland.
Gut, dass Merz nicht Kanzler ist, denke ich da. Denn „Chantal ist heute drei Jahre alt“, weil ihre Eltern dachten, bei Gewitter im Auto, kann ja nichts passieren… und mal im Ernst: Tschernobyl sollte statistisch ja auch nie passieren. Und Fukushima… und Harrisburg. Womit ich von Japan über Fukushima gedanklich bei Hiroshima bin, und dann bei der US-Atommacht und Pearl Harbour.
Die USA hatte doch den Angriff der Japaner auf Pearl Harbour zum Anlass genommen, zwei Atombomben „auszuprobieren“. Noch heute gibt es Theorien, dass Japan auch ohne „Enola Gay“ & Co ganz sicher kapituliert haben würde, zudem Pearl Harbour schon vor dem Angriff mehr ein Museum oder Schiffsfriedhof gewesen sei.
Krieg ist immer das Versagen von Politik
Unter dem Strich lehne ich den Krieg immer noch ab, sehe ihn auch nicht als Putins Krieg alleine - denke auch nicht, dass Frieden nur zwei Farben hat. Aber zwei Personen könnten den Dialog aufnehmen, mit Putin, um den Frieden zu vermitteln: Angela Merkel und Gerhard Schröder. Diese beiden politischen Größen genießen sowohl Vertrauen als auch Respekt, von Putin. Damit könnte Deutschland tatsächlich eine besondere Rolle finden, in diesem Konflikt. Aber keine Führerrolle, lieber Wlodomyr. Das war die Rolle eines Österreichers, kein gutes Vorbild, kein guter Mensch, keine guter Vergleich. Und auch wenn unsere Journalisten aktuell sehr gerne lieber aus Lemberg berichten, statt aus den Gebieten, die beschossen werden. Aus Lemberg, dem heutigen Lwiw, von Österreichern als Lamberg gegründet, sollten wir uns nicht wieder in der habsburger Tradition in einen Weltkrieg locken lassen. Alle guten Dinge sind nämlich nicht drei. Nicht III. Weg, nicht III. Reich, nicht Weltkrieg III.
Selenskyj sollte nach seiner medialen Welttournee seinem Volk einen Dienst erweisen, abtreten und ausreisen. Seinen Zenit hat er überschritten, seine Partei plant für die Wahlen 2024 eh mit dem Bürgermeister-Boxweltmeister.
Putin sollte die Kriegshandlungen gleichzeitig sofort einstellen, sich mit seinen Truppen zum Donbass zurückziehen und die Westukraine freigeben. Immer noch besteht die Chance, ohne Waffenlieferungen die Kriegshandlungen zu begrenzen.
Diese EU muss eine Entscheidung zum Frieden treffen und die NATO ebenfalls für gescheitert erklären, wie vor Jahren es beim Warschauer Pakt passiert ist. Denn ein Bündnis warmer Worte, welches aus gutem Grund vor Eskalation zurückschreckt, handelt ausnahmsweise mal richtig, ist aber völlig sinnlos geworden… andernfalls werden bei den nächsten Wahlen die Bürger, die EU für gescheitert erklären. Wegen moralischer Insolvenz könnte einer der Gründe dafür sein...
Und was macht Europa dann? Sich endlich einmal kontinental orientieren, statt transatlantisch.
Aus meiner Sicht gehören Russen, Serben und Türken ebenso dazu, wie Ukrainer, Deutsche und Franzosen. Nur Frieden ist der Weg. Schaffen wir die Ukraine doch endlich ab. Und Deutschland und Russland. Und alle anderen Nationalstaaten. Europa könnte den Anfang machen.
Herrn Selenskyj möchte ich abschließend auf seine theatralische Aufforderung an uns Deutsche wenigstens meine Antwort geben:
„Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft“
…macht auch nicht Halt am Schlagbaum eines Landes. Wirtschaft geht auch über Leichen. Zahlt oft genug dann keine Steuern. Wirtschaft kann aber in den Weltraum fliegen, Internet spenden per Sateliit. Alles für Profit.
Putin ist Judoka, ich würde vorschlagen, ihn zu „besiegen“, in dem wir alle Menschen endlich „Brüder“ sind - also scheinbar nachgeben. Hat er wirklich Angst vor Demokratie und Frieden ist Krieg und Aufrüstung nur Wasser auf falsche Mühlen.
Frieden sollte uns 100 Milliarden Sondervermögen wert sein.
Geld für Bildung, Klimaschutz, Sport und Kultur.
Für Pflegekräfte und Familien.
Autor:Stephan Leifeld aus Schermbeck | |
Webseite von Stephan Leifeld |
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