Ministerpräsident von Höckes' Gnaden
Höckes' großer Coup d'Etat?

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"Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme an seiner Seele Schaden?" steht es in der Bibel. So oft wird dieses Zitat in unterschiedlichen Zusammenhängen eingesetzt. In diesem Fall könnte es aber treffender kaum sein...

Kemmerich ist Ministerpräsident von Thüringen

Gewählt im dritten Wahlgang mit einer Stimme mehr als sein Gegenkandidat, der bisherige Amtsinhaber Ramelow. Das Schreckgespenst vor den Linken, der roten Gefahr, hat wieder zugeschlagen. Da verbrüdern sich offenbar die sogenannten bürgerlichen Kräfte der Mitte mit den Nazis der AfD, um lieber eine rechte Allianz zu bilden. Dabei ist das Wort "recht" und "Recht" durch die Anfangsbuchstaben deutlich im Sinn unterschiedlich - und unsere deutsche Sprache regelt Sinn-Unterschiede sehr viel präziser als andere Sprachen. Wie auch immer sich die Spitzen der CDU in Land und Bund - oder mal weniger schlagfertig im Fernsehen sogar Herr Merz in der ZDF-Sendung Lanz - anschließend um Ausreden bemühen. Deutlich in diesem Lager sind zunächst nur der Generalsekretär der Union, Ziemiak, und der Ministerpräsident der Schwesterpartei aus Bayern, Söder: Der Machtbeschaffer Höcke bleibt zumindest in den Augen dieser aufrechten Demokraten ein Nazi.

Kemmerich schüttelt Höcke minutenlang die Hand

Die AfD und die FDP können stolz auf sich sein. Unterschiedliche Ziele, für den Wähler scheinbar vor Augen, haben die Kampagnen letztlich prophezeit, was schlussendlich bei der Wahl des Ministerpräsidenten von Thüringen eingetroffen ist. Und die Profis von den Linken, der SPD und den Grünen, können nur noch Heulen und Zähneklappern - als wenn sie das nicht hätten erwarten können. Dabei hatte Kemmerich ebenso wie Höcke die ganze Wahlkampfzeit zur Kernaussage gemacht, Bodo Ramelow abwählen zu wollen. Völlig unbeeindruckt von dem, was dieser Politiker gut gemacht hatte, für sein Bundesland. Völlig unbeeindruckt waren auch die gewählten Volksvertreter vom Ergebnis der Wahl, von der Wahlbeteiligung und vom Wählerauftrag. Denn nun regiert ein Ministerpräsident, der nicht einmal eine Fraktion hat, die quantitativ ausreicht, um ein Kabinett zu bilden. Eilfertig bemüht sich der Glatzkopf mit den Cowboystiefeln nun darum, "er wollen sich nun stützen lassen, von der SPD, der CDU und womöglich den Grünen". Die Linke und die AfD nennt Kemmerich in diesem Zusammenhang in einem Atemzug, wobei ihn die demokratisch gewählten Linken nicht in sein Amt gehoben haben. Das Gesicht Höckes bei der Fernsehübertragung aus dem Landtag spricht Bände. Es war sein bisher größter Coup. Den eigenen Kandidaten nicht zu wählen, um die Alt-Parteien an der Nase herumzuführen, ist ihm gelungen. Ob es gar ein Coup d'Etat werden wird, werden die nächsten Tage zeigen... 

Stephan Leifeld, Vorsitzender der Partei VORWÄRTS. LINKE ALTERNATIVE., meint dazu eindeutig: "Den Tabubruch, mit Nazi-Parteien politische Bündnisse einzugehen, hat Kemmerich nicht durch seine Wahl begangen. Er will angeblich nicht gewusst haben, dass das so ausgeht. Haltung hätte er aber zeigen können, wenn er unter diesen Umständen seine Wahl nicht angenommen hätte. Aber das hat er getan!"

"In Zukunft", so vermutet Leifeld, "werden die Wählerinnen und Wähler nicht mehr darauf vertrauen können, dass die bisherigen Alt-Parteien klare Kante zeigen. Es sind die Grünen mit der CDU zusammen, die CSU mit freien Wählern, FDP lässt sich wählen von der AfD, die SPD ist in der GroKo auch zu vielem fähig, um an der Macht zu bleiben. Deutschland braucht eine klare Alternative zur bisherigen Politik."

Die FDP geht historisch auch aus der DVP hervor, aus der Nationalliberalen Partei. Die CDU hatte ihre Wurzeln in der Zentrumspartei. Beide Lager haben sich vor beinahe hundert Jahren nicht eindeutig gegen die Nationalistischen Strömungen in der Weimarer Republik gestellt, um somit die Machtergreifung von Hitler zu verhindern. Viele Juristen, die vor 1945 eine tragende Rolle im Unrechts-System erfüllen halfen, standen anschließend wieder in vergleichbaren Positionen. Auch in dem anderen Deutschland, dem Thüringen über Jahre angehörte. Dem anderen Unrechtsstaat. Der ebenfalls seine Form des sogenannten Sozialismus nur national - und dazu noch hinter einer Mauer - planvoll umsetzte. 

Steckt vielleicht hier die Wurzel des Übels? 

Manche Gegenden in Deutschland der letzten 100 Jahre haben kaum Erfahrung mit echter Demokratie. So ist es nur ein kleiner Schritt zur Macht. Der Preis, den man wirklich dafür bezahlt, ist nicht bekannt. Hat man nicht gelernt. Ist wie mit einem Christen zur Zeit der ausschließlich lateinisch verfassten Bibel. Markus 8:36 konnte dieser lesen, aber was dort auf lateinisch vorgebetet wurde, bekam nur ein "Ja und Amen". Das können Deutsche gut, nicht hören, nicht lesen, nicht wählen, aber hinterher laut schimpfen... meinte einmal jemand zu den Verhältnissen in der aktuellen politischen Landschaft. Ob aber ausgerechnet in der Gegend des Bibelübersetzers - so leicht die Gretchenfrage unbeantwortet bleiben soll, wird die Zukunft zeigen. 

Kleine Randnotiz noch aus dem Leben des frisch gebackenen Ministerpräsidenten aus Thüringen, der mit seiner Glatze so gut in Geschichte aufgepasst haben will: 2013 hat Kemmerich offenbar in größerem Stil Steuer hinterzogen. Gegen die Zahlung einer Geldstrafe von 30.000€ wurde das Verfahren eingestellt. 

Was hülfe es dem kleinen Mann, wenn er die einfachen Tagessätze nicht bezahlen kann, nähme er stattdessen Schaden an seiner Seele, wenn er vorbestraft wird. Das Geld hilft aber dem großen Mann, dass er zahlen kann, Ablass in der Kirche früher und heute, um sich rein zu kaufen...

Fotos: Quelle Funke Medien, Thüringer Landesamt für Statistik, FDP-Wahlplakat 2019

Autor:

Stephan Leifeld aus Schermbeck

Webseite von Stephan Leifeld
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