Muttertag und Frauentag haben nichts gemein ...
Frauen und ihre Tage

Gedanken zum internationalen Frauentag von Stephan Leifeld

Am 12. Mai 1907 wurde in den USA zum ersten Mal der Muttertag gefeiert. Als Memorial Mothers Day Meeting starteten Methodistinnen im Bundesstaat Virginia eine landesweite Gedenkfeier ihrer verstorbenen Mütter. Nur ein Jahr später wurden auch die lebenden Mütter mit in diese Andacht einbezogen. Von großen Blumengeschenken in diesem Zusammenhang ist erst seit etwa 1922 in Deutschland die Rede, als der Verband der Deutschen Blumengeschäftsinhaber eine Veranstaltung "Ehret die Mutter" daraus werbewirksam formte.   

Der Internationale Frauentag wurde am 27. August 1910 aus der Taufe gehoben - also nicht an einem 8. März. Bei der zweiten sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen war es die Deutsche Clara Zetkin, die diesen Vorschlag erfolgreich vortragen durfte. Viele Frauenverbände auf der ganzen Welt hatten sich in jener Zeit gegründet. Sowohl der Muttertag, als auch der Weltfrauentag, fügten sich harmonisch in den Zeitgeist jener Tage.

Während der Frauentag noch ein Jahr später den Weg nach Deutschland geschafft hat, um dort regelmäßig gefeiert zu werden, sollte der Muttertag erst so richtig durch die Nationalsozialisten ab den 30er Jahren große Bekanntheit erreichen. Nach 1945 erlebte Deutschland dann in beiden Teilen eine unterschiedliche Gewichtung dieser Gedenktage. Während der Muttertag in der DDR nicht begangen wurde, feierten die Westdeutschen den Frauentag erst seit der Wiedervereinigung. Zuvor war dieser Tag regelrecht vergessen worden. 

Alice Schwarzer, die bekannte Frauenrechtlerin, sprach sich drei Jahre später für die Abschaffung solcher Tage aus, um 365 mal im Jahr einen besondern Tag für Menschen, Männer und Frauen, haben zu können. 

Berlin hat den Frauentag
seit 2019 zum Feiertag erhoben

Wenngleich die Logik von Alice Schwarzer in diesem Punkt aus meiner Sicht nachvollziehbar bleibt, möchte ich die beiden Tage gegenüber stellen und zur Diskussion...

Der Feiertag "Muttertag" sollte offensichtlich die Frauen ehren, die sich familiär verdient gemacht haben, als Gebärende, Erzieherin und Hausfrau. Auf der anderen Seite sollte der Gedenktag "Frauentag" eher darauf hinweisen, dass die Frauen beispielsweise Rechte einforderten. Damals war es nicht selbstverständlich - wie heute - das Frauen wählen gehen durften. Auch andere, heute "normale" Rechte, wie Freizügigkeit (womit nicht die Bekleidung gemeint ist), Altersvorsorge, Grundrechte etcetera, spielten eine wichtige Rolle. Zudem ging es auch um die erwerbstätige Frau, die eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit anstrebte. 

Der 8. März setzte sich schließlich in den realsozialistischen Staaten als Gedenktag durch, in Erinnerung an die Februar-Revolution in Russland. Nun wird der ein oder andere Leser denken, was der Februar mit dem März zu tun hat - was bedingt durch die Unterschiede in den Kalendarien aber geklärt werden kann. Der 23. Februar bei den Russen seinerzeit, war nach julianischer Zeitrechnung der 8. März. 

Und ebenso, wie der Muttertag in der Reichspropaganda dann zu einer Art Selbstläufer geworden ist, wurde auch in der sozialistischen Propaganda der späteren Blockstaaten der Frauentag zum wichtigen Bestandteil ebensolcher Propaganda. 

Und hier genau sehe ich in beiden Fällen:

das Phänomen wird zum Problem...

Die Mutter auf der einen Seite wurde nur gefeiert, wenn sie entsprechende Stückzahlen "liefern" konnte. "Für arische, deutsche Gebärmaschinen kam es sogar zu Ordensverleihungen", bemerkte noch vor ein paar Jahren Jan Feddersen in der TAZ, Berlin. Die im Staatsmonopolkapitalismus der DDR erwerbstätige Frau wurde hingegen gefeiert, wenn sie industriell entsprechende Stückzahlen "lieferte". Dann wurde sie sozusagen "Arbeiterin des Monats", eine Klassenheldin. 

Beides finde ich insgesamt sehr fragwürdig. Und im Zusammenhang mit den sogenannten Feiertagen auch als bedenklich: Aus meiner Sicht - und ich spreche hier auch als Ehemann und Vater von Kindern - werden beide Tage der Rolle der Frau in der globalen Gesellschaft nicht gerecht. 

Beginnen wir bei der Betrachtung der Frauen zunächst in Deutschland, schauen wir auch auf das Bruttoinlandsprodukt. Schnell wird klar, dass es die oben angeführten Frauen, die am Muttertag verehrt werden, so nicht gibt. Hausfrauenarbeit wird nicht als Arbeit angesehen, weil es keinen Lohn dafür gibt - wenn man von den jährlichen Blümchen absehen möchte. Der sporadische Dank bei Tisch, mit so Kommentaren wie "kann man essen", zählt wie der berühmte feuchte Händedruck.

Frauen, die so klug wären, dass sie sich gewerblich wechselseitig die Kinder betreuen - gegen Bezahlung - würden im Bruttoinlandsprodukt auftauchen. Frauen, die das mit Herzblut machen, für den eigenen Nachwuchs, fallen aus der "Wertung". Also müssen die Frauen heutzutage beides können. Zuhause für Umsonst den Job machen - um dann noch in weiteren Stunden desselben Tages erwerbstätig etwas für Rente, Krankenversicherung und Lebensunterhalt zu verdienen. Frauen, die auf diese Art womöglich eher in die Männerrolle geschlüpft sind, statt tatsächlich Wertschätzung, Respekt und Freiheit zu erlangen, werden dann gezählt. Und dürfen zahlen - nicht selten bei geringerer Entlohnung noch in schlechteren Steuerklassen. 

Der Frauentag hatte - wenn wir uns das alle in Erinnerung rufen - eigentlich derartige Ziele so deutlich nicht formuliert. Es ging ursprünglich um das Wahlrecht für die Frau. Nach dem Erreichen dieses Etappenziels hätte man also diesen Tag durchaus abschaffen können, oder?

Der Muttertag hatte - wenn wir uns das alle in Erinnerung rufen - eigentlich das Andenken an die Mutter zum Zweck. Kein Umsatzplus für Fleurop und Co. Nach dem Erreichen des Ziels, mindestens einmal im Jahr doch an die Mutter zu denken, könnte man sich über den Sinn dieses Tages auch unterhalten, meine ich. 

Deshalb schaue ich einmal über den Tellerrand

von Deutschland hinweg...

Beispielsweise in die Gesellschaft von Menschen in Pakistan. Hier gibt es Projekte zum Schutz von Frauen, die ich einerseits sehr wichtig empfinde - und andererseits schäme ich mich für mein Geschlecht, dass solche Einrichtungen notwendig sind. Da können beispielsweise Männer in Karachi ihre Frauen, bei Kinderlosigkeit, oder Eltern, wenn die Tochter nicht heiratswillig ist, solche Frauen aussetzen. Wie einen Hund, der später ins Tierheim kommt. Völlig rechtlos, machtlos und grundlos. Solche Frauen finden mittlerweile den Weg in ein Frauenhaus. Manchmal leben sie dort über Jahrzehnte, bis an ihr Lebensende. Bei räumlichen Gegebenheiten, die auch eher an ein Tierasyl erinnern. Aber immerhin lässt man/n diese Frauen dort in Ruhe. 

Dann schaue ich nach Afrika, oder andere Staaten mit Kulturen muslimischer Prägung. Hier werden noch immer Frauen - oft sogar von anderen Frauen - genital verstümmelt. Dafür werden sogar Regeln beschworen, die vermutlich von irgendwelchen Männern geschrieben wurden. Schrecklich.

Über Zwangsprostituierte, die auf dem ganzen Erdball zum Teil auch mit Gewalt und Drogen gefügig gemacht wurden, lande ich gedanklich wieder in Europa. Über die Landstraßen Tschechiens bin ich wieder zurück in der Bundesrepublik. Auch hier haben wir fürchterliche Zustände, was die Rechte und Bedingungen von Prostituierten angeht. Wir haben aber immerhin zahlreiche Frauenhäuser - sogenannte Gewaltschutzräume. Frauen sind politisch und wirtschaftlich immer besser beteiligt. Aktuell hat unser Staat sogar eine Kanzlerin. 

Dennoch sehe ich für die Frauen in unserer Zeit ein Dilemma. Unsere Gesellschaft schafft es insgesamt noch nicht, sie so zu sehen und zu nehmen, wie sie sind. Der Spagat zwischen Erwerbstätigkeit und Mütterlichkeit ist eine weitere Kluft, als zwischen den Ufern, die unsere maroden Autobahnbrücken queren. Frauen, die "nur" Hausfrau und Mutter sind, werden belächelt oder neidisch betrachtet - aber nicht ohne Vorbehalt. Es werden lieber Kindereinrichtungen geschaffen, als die Vereinbarkeit von beiden Rollen noch energischer zu fördern. Frauen, die "nur" beruflich Erfolg haben, bleibt manchmal nichts anderes übrig, als zu vermännlichen. Das zeigt auch nicht selten die Bekleidung, wie ich meine, wenngleich das durchaus Geschmacksache ist. Aber hier in diesem Text geht es auch um MEINE Gedanken, also auch um meinen Geschmack...

So wundert es nicht, dass die Mädchenförderprogramme der letzten Jahrzehnte, Mädchen an die Männerrolle herangeführt hat, in Bezug auf entsprechende Eigenschaften. Grundsätzlich finde ich derartige Ideen gut. Hier spreche ich als Vater von Mädchen.

Auf der anderen Seite durften Jungs nicht mehr so sein, wie sie früher durften. Das sehe ich als Vater von Jungen in unserm Land.

Sind Frauen der Kitt unserer Gesellschaft?

Unsere Gesellschaft tendiert immer stärker zu lebenden Einzelwesen, zeigen uns sämtliche Studien und Statistiken. Kinder brechen die Schule ab, werden anfällig für Medikamente bei Verhaltensstörungen. Mütter müssen arbeiten, weil das Geld der Väter nicht mehr genügt. Man hat kaum noch Zeit für Familie. Wirtschaftlicher Druck und Sexuelle Frustration breiten sich aus. Unfähigkeit zwischen den Geschlechtern selbst Gespräche zu vermitteln, sehe ich am Deutlichsten in den doppelten Besetzungen von Vorständen großer Parteien. Was mich zum nächsten Gedanken bringt, wie wir Menschen eigentlich geschaffen sind. Wobei ich nachstehende Frage natürlich nicht ernsthaft an Atheisten richten kann, die bis hierher gelesen haben:

Was ist, wenn Gott den Menschen als Mann und Frau geschaffen hat?

Also - 100% Mensch nur in der Vereinigung beider Geschlechter möglich ist. Wäre es dann nicht eine gute Idee, Internationale Frauen-Mutter- und Vatertage zusammen zu legen ... auf 365 1/4 Tage im Jahr. Feiern, dass es uns gibt - und durchsetzen, dass niemand in der ganzen Welt wegen seines Geschlechts benachteiligt, misshandelt, unterdrückt werden darf. Und das nicht nur freitags vor der Schule, an jedem zweiten Sonntag im Mai ... sondern täglich.

Autor:

Stephan Leifeld aus Schermbeck

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