75 Jahre CDU: Irgendwann muss vielleicht auch mal gut sein...
DIE SCHWARZE NULL MUSS STEHEN
Bereits im Jahre 1945 gründet sich in Deutschland die Christlich Demokratische Union. Das erste Programm wird das sogenannte Neheim-Hüstener-Programm sein. Hier zeigt die Partei, die auch aus ehemaligen Mitgliedern von Zentrum und NSDAP besteht, eine theoretische Auseinandersetzung mit dem christlichen Sozialismus. So heißt es zunächst in der neuen Partei: „Die CDU will ein neues, ein anderes Deutschland aufbauen. Die Epoche in der die materialistische Weltanschauung in Deutschland die geistige Grundlage wurde, Staat, Wirtschaft und Kultur beherrschte, soll zu Ende sein. Auch der Nationalsozialismus wurzelte in dieser Weltanschauung, er führte die ihr entstammenden Grundsätze bis zur äußersten Konsequenz durch. (...) An die Stelle der materialistischen muss wieder die christliche Weltanschauung treten." Inzwischen ist die CDU 75 Jahre. Inhaltlich ist viel passiert...
Der interessante Begriff des christlichen Sozialismus ist bereits in dem ersten Programm nicht wirklich vorhanden, nachdem es monatelang zuvor offenbar erschöpfend diskutiert wird. Wirtschaftspolitisch wird zwar noch von einer Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft und einer gerechten Verteilung des wirtschaftlichen Ertrages zur Überwindung des Klassenkampfes gesprochen. Auf der anderen Seite betont jedoch die CDU stets die wirtschaftliche Freiheit der Person und die Anerkennung von Privateigentum. Adenauer hat sich durchgesetzt - nicht nur als Spitzenkandidat seiner Partei - sondern auch inhaltlich, in der Ausrichtung... Die Union fordert zu dieser Zeit, deutlich die Aufrechterhaltung der Reichseinheit und die Schaffung eines demokratischen und föderalen Staates.
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Später macht die CDU Schlagzeilen, als bekannt wird, dass Kurt-Georg Kiesinger von 1933 bis 1945 Mitglied der NSDAP gewesen ist. Quasi von der ersten Stunde der Machtergreifung ist der spätere Kanzler der ersten Großen Koalition "dabei".
Es ist auch die CDU, die zuvor unter Adenauer und Erhard den Kapitalismus nach amerikanischem Vorbild in Deutschland etabliert. Die Wiederbewaffnung Deutschlands und die Mitgliedschaft in der NATO gehören ebenfalls zu diesen politischen Schritten. Im Osten etabliert sich zeitgleich hinter der Mauer eine Ost-CDU, mit der die West-CDU später wieder fusioniert. Dabei bringt die Ost-CDU zur Wiedervereinigung als erfolgreiche Blockpartei viel Parteivermögen mit. Weil in diesem Punkt mit zweierlei Maß gemessen wird, darf die SED ihr ebenso erworbenes Parteivermögen nicht behalten.
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Ziel der Wirtschaftspolitik der Christdemokraten ist offiziell die Vollbeschäftigung der Bevölkerung, dazu ein stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum, sowie ein solider Haushalt - mit der sogenannten schwarzen Null. Dabei hat die Farbe dieser Null nichts mit der politisch zugeordneten Farbe der Partei zu tun... So strebt die CDU zudem eine 100%ige Privatisierung aller Wirtschaftsbetriebe an, die unter staatlicher Beteiligung stehen. Später wird auf diese Weise unter anderem die staatliche Post zerschlagen, als die Filetstücke an der Börse privatisiert werden. Kritiker sehen hier einen Hauptgrund für die langsamere Entwicklung in Sachen Internet, im Vergleich zu anderen europäischen Staaten.
In der Arbeitspolitik setzt die CDU auf eine „Flexibilisierung des Arbeitsmarktes“ und auf Tarifautonomie. Arbeitslosigkeit soll entgegengewirkt werden. Leiharbeit ist viele Jahre ein Bestandteil des Konzepts der CDU. Outsourcing statt Erwerbslosigkeit. Der zweite Arbeitsmarkt entsteht auf diese Weise, vor allem in der Zeit christdemokratischer Arbeitsminister...
„Schulden von heute sind Steuern von morgen“ ist ein Motto der Union. Öffentliche Investitionen dürften nur noch „über Kredite finanziert werden, die Werte bzw. Vermögen schaffen“ lautet eine Aussage der CDU, unter der Führung von Helmut Kohl. Zu dieser Zeit ist auch die Besteuerung von Spitzen-Vermögen schärfer als in diesen Tagen. Das ist eigentlich erstaunlich.
Die Bundeswehr erfährt insbesondere unter der Führung christdemokratischer Verteidigungsminister gesteigerten Erwerb von Waffen und anderen Rüstungsgütern.
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Mit dem Aufkommen rechtsnationaler Populisten und dem Erstarken rechtsextremer Parteien, zeigt sich die CDU bisweilen sogar so rechtsaußen, dass 1993 das Asylrecht in Deutschland quasi abgeschafft werden kann. Die Auflagen und Einschränkungen sind enorm.
Die Deutsche Mark wird regelrecht verscherbelt, an schwache Mitwährungen, um Helmut Kohl ein europäisches Denkmal zu setzen, könnte man meinen. Außerdem ist es besonders die CDU, die seit Freiherr von Heeremann, die Landwirte in Deutschland regelrecht vergessen scheint. Heiner Geissler spricht in den 80er Jahren vom "unanständigen Deutschen" und Norbert Blüm verspricht, "die Rente ist sicher". Beide Aussagen überstehen die Dauer ihrer Halbwertzeit gemeinsam nicht. Spricht aber heute kaum noch ein Mensch davon. Wir haben ja mit Riester und Hartz zwei andere Baustellen bekommen.
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In der Ära Kohl hat die Partei schließlich noch eine große Parteispenden-Affäre und die Frage nach dem Parteivermögen ist ebenfalls in der öffentlichen Diskussion. Am Erfolg der Partei tut dies jedoch keinen Abbruch, so dass die Sozialdemokraten die Kanzlerschaft einmal mehr nur sehr kurz festhalten können. Die Union bleibt über Jahrzehnte die zweitstärkste Mitgliederpartei, deren Mitglieder sich anscheinend mehr sorgen um das Vermögen ihrer Arbeitgeber machen, als um das eigene Wohlergehen. Anders kann ich mir den aktuellen Geburtstag dieser Partei nicht erklären... denn besonders christlich verhält sich die Partei schließlich auch nicht. Schaue ich mir die Entwicklung der finanziellen Umverteilung an, von unten nach oben, sieht das nämlich aus, als wäre nehmen seliger denn geben. Da kann man schon mal in 75 Jahren das "C" verlieren... und den Kopf, da auch die Ära Merkel sich ihrem Ende neigt.
Nicht auszudenken, wenn nächstes Mal ein ehemaliger "BlackRocker" in den Ring steigt, um Kanzler zu werden: Merz, dessen Vorliebe für das freie Spiel der Kräfte am Markt wenig Sinn für Nächstenliebe übrig lassen könnte... Dann aber Happy BÖRSday..!
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Autor:Stephan Leifeld aus Schermbeck | |
Webseite von Stephan Leifeld |
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