Wenn der Zweck die Mittel heiligt …
DIE MORAL VON DER GESCHICHTE

Meinung von Stephan Leifeld

Streumunition bezeichnet eine konventionelle Munition, die so konzipiert ist, explosive Submunitionen (kleine Bomblets) zu verstreuen oder freizugeben, und schließt diese explosiven Submunitionen ein. Waffensysteme mit diesem Konzept, werden in Form von Fliegerbomben (Streubombe), Artillerie-Geschossen (auch als Cargomunition bezeichnet) oder als Sprengköpfe für Marschflugkörper eingesetzt. Es existieren diverse Arten von Bomblets, sowohl mit Explosions-, Brand-, Splitter- und/oder panzerbrechender Wirkung als auch spezielle Varianten, zum Beispiel Landminen. Inklusive Nigeria, haben sich zuletzt 112 Staaten im Übereinkommen über Streumunition dazu verpflichtet, Streubomben nicht einzusetzen, herzustellen oder zu lagern. Dabei ist die Streumunition einerseits offiziell „geächtet“ und andererseits nicht einmal modern…

Bereits im 17. Jahrhundert gab es Streumunition. Diese waren seinerzeit aus Holz gedrechselte Geschosse, die als innere Munition mehrere Handgranaten enthielten. Geworfen wurden sie aus einem Mörser. Beim Abschuss konnte ein zentral angebrachter Verzögerungssatz gezündet werden. Dieser brannte während der Flugphase des Geschosses ab und zündete so über mehrere Anzündkanäle im Holzkörper des Geschosses die Ausstoßladungen in den Kammern für die Handgranaten. Das machte einerseits diese Waffenart sehr unpräzise und andererseits mit verheerender Wirkung sehr gefährlich. Streumunition konnte auch teilweise fehlzünden und Jahre später noch zivile Passanten verletzen oder töten, wie auch bei den Landminen bekannt ist. 

Die Wehrmacht hat im II. Weltkrieg ebenso Streumunition eingesetzt, wie auch die Alliierten und die Russen. Die meist gegen Kriegsende eingesetzte - schnell produzierte Munition - zündete so unzuverlässig zeitversetzt, dass heute noch Blindgänger gefunden werden, die bei geringer Störung zünden könnten. Nachdem die USA in Korea und Vietnam sogar Streumunition mit Napalm kombiniert eingesetzt hatten - schien endlich in der globalen Gesellschaft ein Umdenken stattgefunden zu haben. Die Streumunition sollte nicht mehr gelagert oder eingesetzt werden.

Mitgliedsstaaten des Abkommens, z.B. Deutschland, sind vertraglich genau genommen gezwungen, den USA den Einsatz dieser Waffengattung in Russland auszureden. Das Verhalten von Steinmeier, der als Außenminister dieses Abkommen unterzeichnet hat - um es nun als Bundespräsident quasi „durchzuwinken“ - ist in meinen Augen geradezu grotesk. Es ist nämlich davon auszugehen, dass von den USA gelieferte Streumunition von der Ukraine nicht auf dem eigenen Staatsgebiet gegen die eigenen Leute eingesetzt wird - sondern als Gegenangriff auf russischen Territorium gezündet werden wird. Das jedoch, hat aus meiner Sicht nichts mehr mit Selbstverteidigung zu tun. 

Man muss einfach wissen, dass der Einsatz von Streumunition vor allem gegen sogenannte weiche Ziele (vor allem Menschen oder Tiere) oder Infrastruktur stattfindet. Darüber muss man sich im Klaren sein, wenn man diese Waffe einsetzt. Da die Waffe durch die vielen Minibomben keinen eigentlichen Explosionsmittelpunkt besitzt, können die „Bomblets“ zwar auch hinter Deckungen oder in Schützengräben gelangen - werden aber hauptsächlich in anderen Bereichen zum Einsatz kommen. Da wird man auch nicht jedes Mal, „Sorry!“ in der Boulevard-Presse finden… Durch den sehr großen räumlichen Wirkungsradius erhöht sich die Effizienz der Waffe gegen großflächige Ziele oder die Wahrscheinlichkeit, kleine, bewegliche Ziele im angegriffenen Bereich zu treffen. Streumunition ist damit, rein militärisch betrachtet, eine der wirksamsten konventionellen Waffen, die aus der Distanz gegen Bodenziele eingesetzt werden können. Im Falle der aktuell vorliegenden Gegenoffensive der Ukraine gegen Russland, bedeutet das eine Einsatzfläche auf russischem Territorium - womit aus meiner Sicht keine Landesverteidigung sondern ein durch die NATO unterstützter Angriff vorliegt. Mit dem nun offiziell ausgerufenen Ziel, die Krim und andere Teile Russlands zu erobern oder zu beschädigen.

Im Kosovokrieg (1999), im Krieg in Afghanistan 2001–2021 und im Irakkrieg (2003) wurden zusammengenommen fast 16.000 Stück Streumunition mit geschätzten 2,3 bis 2,5 Millionen Submunitionen eingesetzt. Abgeworfen hauptsächlich durch die Bomber der USA.

Im Libanonkrieg 2006 wurden nach Angaben der Vereinten Nationen Streubomben mit insgesamt mehr als vier Millionen Submunitionen durch Israel abgeworfen. Damals verlief die Diskussion um dieses Waffensystem sehr verhalten durchgeführt, wegen der besonderen Lage von Israel.

Aber auch an den Schauplätzen der weit länger zurückliegenden Indochinakriege, besonders in Laos und Süd-Vietnam, bleiben Blindgänger von Streubomben noch heute gefährlich.

Ich persönlich halte Russen nicht für Menschen zweiter Klasse, weshalb ich auch den Einsatz von Streumunition gegen die russische Zivilbevölkerung für nicht akzeptabel halte. Aus meiner Sicht offenbart die USA einmal mehr, ihre Moral in Sachen Kriegsführung, von den Massakern an der indigenen Bevölkerung, über die Folterungen afro-amerikanischer Sklaven, zu den beiden einzigen Atombomben-Abwürfen auf ein bereits besiegtes Japan, den Napalm-Einsätzen in Vietnam … bis heute, bis zum letzten Ukrainer gegen Russland kämpfen zu wollen.

Meine Leserinnen und Leser werden wissen, was meine Meinung ist. Ich will den Frieden - sofort - da es niemals einen einzigen gerechten Krieg gegeben hat. Statt unsere Gesellschaft auf Rüstungsbetrieb umzustellen, sollten dringend diplomatische Bemühungen verstärkt werden. Gerne auch einseitig…

Nachtrag: Putin hat aus westlicher Betrachtung und hier informierter Sicht einen Fehler gemacht, als Russland die Ukraine angegriffen hat. Der Angriff ist zu verurteilen. Keine Frage!
ABER: Ich sehe mich persönlich nicht in der Lage, zu beurteilen, ob dieser Schritt vielleicht nur einem Angriff der Ukraine zuvor gekommen ist, die jahrelang mit der NATO vor der russischen Haustür ein Manöver nach dem anderen durchgeführt hat, immer mit dem revanchistischen Ziel der Rückeroberung der Krim. 
UND EBEN genau an diesem Punkt scheinen wir nun angekommen… 
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Autor:

Stephan Leifeld aus Schermbeck

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