Revanchismus versus Frieden
BRAUCHT WACHSTUM IMMER WIEDER KRIEG?
Meinung von Stephan Leifeld
Aktuell kursiert der Gedanke, man könnte den Krieg in der Ukraine „einfrieren“. Der jetzige Stand der Front könnte demnach als Status Quo festgelegt werden, für eine zu vereinbarende Zeit. Eine Waffenruhe könnte unmittelbar in Kraft treten; während in dieser vereinbarten Zeit, diplomatisch und lösungsorientiert, zahlreiche Gespräche bilateral und international geführt werden müssten. Der politische Wille sollte da sein, einen Frieden zu vermitteln, der diesen Namen auch verdient. Menschen auf der gesamten Welt könnten sich daran wieder zuverlässig orientieren, um sich wirklich wichtigen Fragen ihrer Existenz zuwenden zu können. Nationale Konflikte sind es nämlich nicht… unsere Welt stellt unsere Spezies aktuell vor größere Aufgaben. Ich bin für ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine. Allerdings bin ich auch für den Weltfrieden allgemein, was ich ausführlich nachstehend darlegen möchte, dass „wir“ eigentlich SOFORT jeden Krieg beenden (wollen) müssen.
Es ist kein anderes Lebewesen auf der Welt so stark von dem Willen nach „Mehr“ angetrieben, wie der Mensch. Der sogenannte ökologische Fußabdruck unserer Spezies ist viel zu groß für einen einzigen Planeten, stellen beispielsweise der Wirtschaftswissenschaftler Meadows und sein Team in ihrer langjährigen Studie „Grenzen des Wachstums“ fest. Eine daraus folgende Grenzüberschreitung mit Zusammenbruch unserer globalen Gesellschaft ist daher das Ergebnis der allermeisten ihrer - in einem Zeitraum von über 30 Jahren - immer wieder aktuell neu durchgeführten Simulationen. Nationalstaaten begehen Grenzüberschreitungen seit ihren Gründungen. Heutzutage machen Wirtschaftsunternehmen lange nicht mehr Halt an nationalen Grenzen. Das System geht zurück bis auf den Handel der Römer mit Galliern und Germanen, bevor man auch „anderweitig“ die Grenzen überschreiten versuchte. Dieses System wuchs bis zu einem gewissen Punkt, bevor es dann kollabieren musste.
Teilweise wird heute global gehandelt, ohne dabei an jedem Ort dafür angemessen Steuern zu zahlen. Wirtschaftsräume und Währungen stehen in immer härterer Konkurrenz. Der Dollar erstarkt aktuell, auf Kosten auch des Euro. Die letzten 30 Jahre sind geprägt von noch größeren Umwälzungen auf der Welt, die Systeme kollabieren ließen, z.B. Warschauer Pakt; gleichzeitig entstanden neue Währungen, z.B. Euro; sind aber auch die Klimaveränderungen nicht mehr zu negieren, siehe Ahrtal und Gletscher. Die Neo-Konservativen sind am Ruder der Gesellschaft, was diese immer stärker zerreißen wird. Ein sogenanntes „Einfrieren“ des Krieges, wäre daher ebenso unerlässlich, wie die sofortige Einführung von Steuern auf Finanztransaktionen und Übergewinn, bei gleichzeitiger Einführung einer bedingungslosen Grundsicherung. Andernfalls gehen Wissenschaftler, wie besagter Meadows und sein Team, auch von einem Kollaps unseres Systems aus…
Unsere Spezies hat den Zugang zu Informationen in sämtlichen Wissenschaften, wie es um unseren Planeten als Lebensraum bestellt ist. Wir erleben einen Klimawandel, der nicht mehr zu verleugnen ist. Zoonosen greifen unser Immunsystem nachvollziehbar an. Die Gefahr, die von Kernenergie ausgeht, kennen wir Menschen seit den 80er Jahren durch den Super-GAU im ukrainischen AKW in Tschernobyl. Eine radioaktive Wolke ist seinerzeit über unseren Kontinent gezogen. Es wurde vor dem Verzehr von Obst und Gemüse gewarnt. Wir haben die Lektionen von Harrisburg und Fukushima erlebt, nachdem sich dann die politische Elite von der Kernenergie abwenden wollte. Einzig, die Betreiber - die großen Energieversorgungsunternehmen - haben sich den Atomstrom zweimal „versilbern“ lassen. Zum Einstieg, mit dem Kohlepfennig, zum Ausstieg, mit entsprechenden Verträgen über Ausgleichszahlungen. Quasi Prämien kassiert, unseren Planeten nicht zu verstrahlen.
Im Augenblick kursieren Studien darüber, dass die aktuelle Bundespolitik nicht zur Entlastung der Umwelt geführt hat, sondern sogar zu mehr Verkehr. Menschen, die sonst irgendwohin nicht gefahren wären, nutzen dafür das 9€-Ticket. Menschen, die sonst vielleicht gelaufen wären, oder einen kurzen Weg gelassen hätten, nutzen plötzlich E-Bikes und E-Scooter, für diese neue Mobilität. Selbst Menschen, die medizinisch noch keinen Grund haben, fahren lieber mit dem E-Fahrzeug am Straßenrand entlang. Teilweise über 25km/h, die E-Bikes; ohne Helm, Führerschein und Kennzeichen. Der Strom kommt ja aus der Steckdose. Zumindest diese ist sauber. Die Quelle für den Strom ist fast e-gal, wenn es nicht aus Russland ist. Alter Revanchismus in der Gesellschaft hat einmal mehr einen Deckmantel der Verklärung über die Realität gelegt. Baerbock, Hofreiter und Co frönen ihrer anerzogenen Ängste vor dem „bösen Russen“. Lindner, Merz und Scholz sind froh, dass das Kriegsgeschehen und Corona, den medialen Fokus der Massen von BlackRock und CumEx abgelenkt haben. Während die Einen nämlich mit Privatflieger und Lufthansa-Aktien immer reicher werden, wissen andere in Deutschland nicht mehr, wie sie am Ende ihres Geldes noch den weiteren Monat bewältigen sollen. Dabei kommt mir persönlich Herr Lindner manchmal vor, als wäre er der Finanzminister der Ukraine - und damit auch der zukünftige Bundeskanzler von Deutschland. Bellizismus sei Dank!
Shell, EON, RWE und Lufthansa entwickeln sich an den Börsen aktuell prima. Entgegen der „Börsen“ der Verbraucher, in Bezug auf die Preise. Noch am letzten Donnerstag, meinem Geburtstag, hat der Stromkonzern RWE verkündet, wie die diesjährige Gewinnerwartung noch deutlich übertroffen wird. Mitten in der Energiekrise verkündet der Essener Energiekonzern einen Milliardengewinn - weit höher als erwartet. Sogar auf die Gas-Umlage will der Konzern verzichten. Gleichzeitig haben Habeck und Co, mit ihren Unkenrufen auf dem Markt, zu einer regelrechten Preisexplosion geführt, die spätere Generationen von Steuerzahlern noch subventionieren müssen - und der Verbraucher kurzfristig wie eine zweite Miete nicht einkalkulieren konnte. Dabei ist Kritik an der aktuellen Politik nicht gewünscht. Manche werden gleich in eine Schublade gepackt, die an Gedankenverbrechen in dem Orwellschen Buch „1984“ erinnert. Ich kenne das Buch in- und beinahe auswendig, habe außerdem das besagte Jahr selbst erlebt.
Im September 1984 habe ich eine Schülerzeitung „Memphis“ am Gymnasium Essen-Überruhr herausgegeben. Alle sechs Wochen über 52 Seiten. Zum Verdruss der Schulleitung gab es auch immer allgemeinpolitische Themen. Ich erinnere mich daher gut an die Entwicklung in Sachen Tschernobyl. Es gab aber auch andere Themen, die heute an Aktualität nicht verloren haben. Als Schülerinnen und Schüler mit gewerkschaftlich organisierten Eltern, war es „Ehrensache“ würden heutige Kids meinen, wenn man am Revers der Jeansjacke mit einem 35-Stunden-Woche-Emblem herumgelaufen ist. In den 80er Jahren haben wir damaligen Jugendlichen echt glauben wollen, die Wochenarbeit würde von 40 Stunden auf 35 Stunden reduziert werden. Tatsächlich hat die Industrie geschafft, dass die Entwicklung nachvollziehbar in die andere Richtung „korrigiert“ worden ist. Durchschnittlich werden aktuell 41 Stunden geleistet, bei einem Lohnausgleich - durch Wegfall der Deutschen Mark - der nur die Superreichen zum Lachen bringt. Die Umrechnung zum Euro und die anschließenden Jahre der Inflation haben die Kaufkraft der Normalverbraucher regelrecht halbiert. Die neuen 20-Euro-Scheine haben einen Wert von real 10-Euro.
Im September 1984 habe ich CDU-Politikerinnen und -Politikern zugehört, denen große Teile der eigenen Partei und auch der gesamten Gesellschaft einen Revanchismus vorgeworfen haben. „Nie darüber sprechen, immer daran denken“, war die Parole der Revanchisten in Deutschland nach dem I. Weltkrieg, bezogen auf den Verlust der Gebiete jenseits des Saarlandes: Elsass und Lothringen. Viele erinnern sich nicht mehr, dass diese Region französischer Feinschmecker, vor nicht allzu langer Zeit noch Deutschland war. Die oben benannten Politiker bezogen sich in dieser Tradition nach 1945 bis weit in die 80er Jahre darauf - auch in der BILD-Zeitung - dass jenseits von Berlin noch ganz viel Deutschland sei, weswegen man von Mitteldeutschland gesprochen hat. Auch ein Franz-Josef Strauss und ein Peter Gauweiler wollten immer einen Vertrag erreichen, mit dem Gebiete des heutigen Polen und der baltischen Staaten „wieder“ Deutschland sein sollten. Da habe ich viele Menschen gehört, die meinten, „man solle es endlich gut sein lassen“. Einige der o.a. Unionspolitiker*innen sind im Verlauf der Jahre dann beim Aufbau der AfD profiliert tätig gewesen. Den Revanchismus pflegt man auf der rechten Seite der Politik aber lustig weiter, über die benannten Parteigrenzen hinweg. Anderen unterstellt man, wenn diese weniger von Revanchismus geleitet sind, dass sie „kriegsmüde“ sind. Und wenn schon, wozu sind Kriege da, gebe ich an dieser Stelle einen Songtitel von Udo Lindenberg weiter…
Diese Tage höre und sehe ich einen sichtlich wütenden ukrainischen Präsidenten Selenskyj in den Medien. „Der Krieg ist erst zu Ende, wenn die Krim wieder dem Staatsgebiet der Ukraine zugeführt worden ist“, verkündet er mit grimmigen Gesicht. Gleichzeitig werden in den sozialen Medien ukrainische Videos gezeigt, die zwischen Geschmacklosigkeit und Zynismus, flüchtende Menschen zeigen, deren Fehler es sein soll, so die staatliche Propaganda, sich auf der Krim überhaupt aufzuhalten. Bis Oktober wird es keinen Frieden geben, da der große NATO-Bruder USA mit seinem Präsidenten Biden noch mitten im Wahlkampf für die Zwischenwahlen ist. Das Thema Krim ist auch erst wieder interessant, seit der Westen massiv eingegriffen hat. Hier droht ein jahrelanger Krieg, nach dem Vorbild Vietnam oder Korea.
Ein Einfrieren sämtlicher Kampfhandlungen von Menschen auf diesem Planeten ist aus meiner Sicht eine existenzielle Handlung zum Überleben späterer Generationen. Dieser Krieg ist nicht nur Sinnbild von politischem Versagen sondern zeugt gleichzeitig, worum es immer geht. Krieg bietet den „Oberen 10.000“ die Möglichkeit, die Umverteilung von Mitteln und Ressourcen von unten nach oben beschleunigter durchführen zu können, als nur mit dem von ihnen manipulierten Markt. Ich bleibe bei meiner Ansicht, dass sogenannte Verteidigungsbündnisse eigentlich funktionieren wie die Mafia. Schutzgeld für eingeschüchterte - aktuell vor allem weibliche - Staatsführungen in der westlichen Welt, auf Kosten der Normalverbraucher. Ich sehe keinen Krieg gegen die Ukraine mehr. Momentan ist es ein offen zutage getretener Krieg wirtschaftlicher Systeme und Räume. Was Marx und Engels mit dem Begriff des Klassenkampfes bezeichnet haben, nenne ich Krieg gegen die Massen.
Der sogenannte Krieg gegen die Ukraine, ist aus meiner Sicht ein Krieg gegen die Ukrainer. Deswegen ist dieser sofort zu beenden. Die sogenannten Sanktionen und Rüstungshilfen, die Stigmatisierung von allem was russischen Ursprungs ist, scheint mir gleichzeitig ein Krieg gegen die Russen. Der lachende Dritte sind imperialistisch tätige Staats- und Wirtschaftsverbände.
Die Geschichte ist voll solcher Abläufe: In Pakistan und Indien hat es infolge europäischem Imperialismus, Krieg gegen die Menschen dort gegeben, als die Engländer am Reißbrett diese Länder neu konstruierten. In Latein- und Mittelamerika, Afrika und Asien sind sämtliche Kriege gegen die Menschen geführt worden, nur zur Sicherung von Wirtschaftsräumen und Ressourcentransfer. Aus meiner Sicht werden wichtige Aufgaben wie der Umweltschutz nur global lösbar sein, also nur mit einer pazifistischen Grundeinstellung. Aufrüstung, Bundeswehr-Werbekampagnen, Ringtausch von Rüstungsgütern, führen uns in einen Weltkrieg - den anschließend niemand haben wollte. Die angeblich so wirksamen Maßnahmen gegen Russland, als eine Art Erbfeind, haben sich als untauglich gezeigt, spätestens wenn man sieht, welche Marktbereiche aus welchen Gründen ausgelassen wurden: Goldhandel floriert immer noch zwischen den Systemen, Weltraumprojekte laufen immer noch weiter dank neuer Verträge, Pharmaindustrie steigert Exporte nach Russland, Erdöl und Erdgas aus Russland gelangen über Indien und Arabische Staaten verteuert nach Deutschland, NATO-Partner Türkei baut Handelsbeziehungen mit Russland aus, etc..
Die USA hat soeben Inflation bremsen und Negativ-Wachstum beenden können, wie immer in der Geschichte, wenn auf der Welt Krieg geführt werden konnte. Fast jedes Mal seit 1945 ist Deutschland Dreh- und Angelpunkt für diese Kriege der USA - und stürzt wirtschaftlich ab, um diese Feldzüge zu finanzieren. Unsere Gesellschaft sollte daher auch mal darüber nachdenken, dass die Diskussion politisch entgleiste, als man über die Inbetriebnahme von Nordstream II laut nachgedacht hat. Schröder ist m.E. zu Recht noch in dieser SPD. Scholz sollte stattdessen ausgeschlossen werden, wenn die Tradition der Arbeitervereine noch etwas bedeutet. Ein wirkliches „Einfrieren“ der Kriege muss also einhergehen, mit einem wirklichen Umdenken in der Gesellschaft: regional Lebensmittel und Strom erzeugen, global denken und lokal handeln. Weg mit NATO, RWE und SPD. Damit meine ich übrigens auch andere Parteien, Konzerne und Bündnisse gegen die Menschen. Ich brauche auch keine Ukraine, habe ich bereits im Februar diesen Jahres geschrieben. Denn ich brauche keine Nation, bin kein Patriot. Was ich gerne bin, ist Vater und Mensch. Ich wünsche mir sofort Frieden in der Welt, damit dieser Planet sozial gerecht und als Lebensraum unseren Kindern eine Zukunft bietet. Panzerlieferungen tun das nämlich nicht.
Unsere Gesellschaft muss aufbrechen in ein Zeitalter nachhaltigem Handeln. Qualität sollte endlich vor Quantität jedweder Art stehen. Geiz darf nicht mehr geil sein. Frieden muss vor wirtschaftlichem Wachstum stehen. Der Genozid von Indianern, Juden und anderer Völker muss sofort aufhören. Ein Krieg in Taiwan wird das Problem bringen, dass die Entwicklung von Technologien auch noch behindert werden, wie die Logistik leidet, unter den fehlenden LKW-Fahrern aus der Ukraine. Es ist Wahnsinn, wenn wir weiter unserer politischen Führung folgen, die längst in Hysterie und Aktionismus verfallen ist. Damit rufe ich nicht zu einem Bürgerkrieg auf, wohl aber zu einem Boykott von Krieg und Kernkraft. Wir können alle Wege und Energie sparen. Supermärkte müssen nicht wie Kühlschränke im Sommer einen Schnupfen verursachen, wenn wir dafür im Winter die nächste Erkältung riskieren, weil viele Menschen nicht mehr heizen können. Augen auf!
Krieg einfrieren sofort.
Tempolimit auf deutschen Autobahnen sofort.
Menschen im Ahrtal sofort helfen, statt Kriegsgüter zu verscherbeln.
Digitale Bildung ausbauen.
Nationalstaaten abschaffen.
Finanztransaktionen besteuern.
Übergewinne behindern und besteuern.
0-Euro-Ticket einführen und ÖPNV ausbauen.
Schönen Sonntag noch…
Autor:Stephan Leifeld aus Schermbeck | |
Webseite von Stephan Leifeld |
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