Meine Gedanken zum Lufthansa-Rettungspaket
Bedeuten 9 Milliarden Euro für die Lufthansa einen sozial-ökologischen Tiefflug?
Vor einigen Tagen ging diese Nachricht durch sämtliche Medien. Die Lufthansa ist gerettet! ... Auch ich habe dazu einen Kommentar geschrieben, der in den sozialen Medien und per email sehr kontrovers diskutiert worden ist. Dabei habe ich meinen Augenmerk darauf gerichtet gehabt, die Zusammenhänge zwischen mutmasslichen Cum-Ex-Geschäften von Politikern auf der einen Seite, mit den finanziellen Rettungsversuchen von Firmen in der Corona-Zeit durch Politiker auf der anderen Seite, zu diskutieren. Zu keinem Zeitpunkt habe ich die Frage in den Raum gestellt, ob es gut und richtig ist, die Lufthansa zu retten. Lediglich spannend habe ich in den Tagen die Frage empfunden, warum die Zustimmung des Großaktionärs Thiele so gefeiert worden ist. In der „Höhle der Löwen“ bei VOX, hätte niemand 20% Beteiligung für 9 Milliarden akzeptiert... und die 15% von Thiele sind weitaus weniger kostspielig gewesen, im Verhältnis dazu.
"Kreativ" wurden dann aber die von mir zitierten Zahlen aus dem Campact!-Bericht genannt. Mehrere Personen, die es vielleicht besser wissen könnten, haben mich - unabhängig voneinander - kontaktiert. Das spricht für die Reichweite des Lokalkompass, finde ich. ... Selbstredend werde ich diese Personen nicht namentlich nennen. Dennoch habe ich versucht, über diese Kurznachrichten und emails aus dem Inneren des betreffenden Unternehmens mehr Informationen zu bekommen. Ohne Erfolg. Allerdings haben mich die Kommentare, die nicht unten auf der Seite meines Kommentars öffentlich geschrieben standen, neugierig gemacht. So gerne hätte ich die Chance ergriffen, die Zahlen aus dem mir vorliegenden Bericht mit den Zahlen der Fluggesellschaft vergleichen zu können.
Dann habe ich Campact! nochmal kontaktiert, um weiter zu recherchieren. Das Thema ist wichtig, finde ich. Schließlich geht es möglicherweise nicht nur um Steuergestaltungsinstrumente, wie Olaf Scholz das so nett umschrieben hat. Es geht in der Sache Lufthansa auch ein gutes Stück um die Ökobilanz unseres Landes. Klimaschutz sollte gleichberechtigt neben dem Schutz von Arbeitsplätzen stehen. Das letzte Hemd hat nämlich keine Taschen... und Handgepäck geht auf dem Weg nach ganz oben überhaupt nicht, wie wir alle wissen. Wir müssen also stets um den Ausgleich zwischen dem Erhalt unserer Welt - und dem Erhalt der wirtschaftlichen Grundlage - bemüht sein.
Ich bin nicht sicher, ob das auch den aktuell herrschenden Politikern so klar ist. Dabei bleibt mir der Gedanke im Kopf, dass die Lufthansa vor nicht allzu langer Zeit auch staatlich gelenkt worden ist. Möglicherweise ist diese Phase des international renommierten Unternehmens nicht gut verlaufen, weil die Politiker eher an Selbstverwirklichung gedacht haben, statt dem Unternehmen Vision und Impuls zu geben. An diesem Thema werde ich auf jeden Fall dranbleiben.
Heute will ich nochmal das Thema verdeutlichen, bei dem es mir in dem ersten Beitrag offenbar nur im Ansatz gelungen ist, es zu verdeutlichen: Transparenz und Kommunikation über einen so wichtigen Deal. Zu keinem Zeitpunkt habe ich dabei den Gedanken formulieren wollen, die Lufthansa könnte nicht in der Lage sein, den bewilligten Darlehensrahmen nicht zurückzuzahlen. Da mache ich mir eher Sorgen um die Landesbürgschaften für meinen Lieblingsverein Schalke.
Olaf Scholz, Peter Altmaier und die EU-Kommission, hatten zu Beginn des Milliarden-Deals mit der Lufthansa, beinahe kämpferisch geklungen. Vollmundig hat es ja die Aussage gegeben, dass man in dieser Krise keine staatlichen Mittel bekommt, wenn man "Steuergestaltungsinstrumente nutzt, (...) seinen Sitz in einer Steueroase platziert hat (...)". Selbst mir haben zügig Studien und Zahlen vorgelegen, die eine eindeutige Sprache sprechen. Die Lufthansa verteilt die Gewinne in Steueroasen, ist der von mir gewonnene Eindruck. Die Verluste hingegen sollen von Steuerzahler getragen werden. Das kennen wir Bürger auch von anderen entsprechenden Deals, wenn es um Volkswagen, Schlecker oder andere "Rettungen" gegangen ist. Zum Beispiel auch in der Bankenkrise.
Mir ist nicht bekannt, ob die Bundesregierung etwaige Auflagen in Sachen Steuern oder Klimaschutz gemacht haben könnte. Da möchte ich mich einreihen, wenn auch andere Menschen in unserem Land, entsprechende Bedenken haben. Transparenz sieht anders aus. Vor allem, wenn man den sogenannten "systemrelevanten Berufsgruppen", wie z.B. Pflegekräften eher einen warmen Händedruck und Applaus gespendet hat, statt echtes Geld.
Am 26. Mai diesen Jahres wird jedenfalls der Bundeswirtschaftsminister Altmaier in der Tagesschau zitiert, dass er zufrieden sei, "mit den selbstgesetzten Verpflichtungen von Lufthansa". Diese seien dort noch "unterstrichen" worden. Mit dem Textmarker auf dem geduldigen Papier, oder was? Ich meine, wie einfach kommt man in diesen Tagen an 9.000€ in Deutschland, geschweige denn an 9.000.000.000€? Handy und Auto finanzieren ist komplizierter in diesen Tagen, scheint es. Geht es nur um die Neun, weil die anderen Ziffern Nullen sind? Der Eindruck könnte entstehen. Überschlagen mit Zehn statt tatsächlich bilanzieren, und dann nur eine Eins abziehen. Macht Neun.
Auch eine Neun am Ende hat das vergangene Jahr. Zweitausend NEUNzehn.
In dem Jahr hat die Lufthansa vor Corona noch viele Flüge absolvieren können. In der CO2-Bilanz macht das 33 Millionen Tonnen in unsere Luft. Wenn das stimmt, dass solche Klimagase in großer Höhe noch gefährlicher sind, als am Boden, stimmt mich das nachdenklich. Die beiden verantwortlichen Politiker Scholz und Altmaier hingegen nicht. Die denken darüber wenig nach, wie es scheint. Vielleicht, weil es nicht in ihr Ressort fällt. Scholz ist ja nicht die Schulze. Und der Altmaier erklärt der Svenja möglicherweise auf Nachfragen, dass die Lufthansa gerne die eigene Flotte modernisieren möchte. Mit dem neuen Geld wird dann angeblich das Klima nebenbei gerettet. Wie im Flug quasi. ...Obwohl das eigentlich mit der Modernisierung der Flotte selbstverständlich ist. Alle Fluggesellschaften müssen das ständig tun. Sonst fallen sie vom Himmel.
Frankreich hat in diesen Zeiten aber gezeigt, dass das geht: Arbeit und Umwelt.
Die Air-France hat ihren Rettungsschirm nur erhalten, unter der staatlichen Auflage, die Kurzstreckenflüge zu reduzieren. Und zwar deutlich. Das ist nachvollziehbar kommuniziert.
Die bundesdeutsche Regierung hingegen macht es den Anteilseignern der Lufthansa leichter. Vage Absichtserklärungen und nebulöse Informationen über die finanzielle Lage genügen offenbar. Dabei ist es natürlich wichtig, die Gesellschaft zu erhalten, will ich nochmal verdeutlichen. Doch bin ich persönlich nicht bereit, dies um JEDEN Preis zu tun. Und hier hat die Politik m.E. erneut versagt. Die Bundesregierung hat nur höflich angefragt, in welchen Ländern sich die Lufthansa engagiert, die auf einer EU-Liste "der unkooperativen Staaten" aufgeführt sind. Europäische Steueroasen, wie Malta, Irland und die Schweiz, werden nicht einmal diskutiert.
In nur einem Punkt scheint sich die Bundesregierung klar formuliert zu haben. Andererseits wäre es ja auch noch schöner gewesen. Dividenden und Boni für die Aktionäre und Führungskräfte des Unternehmens wird es in diesem Jahr nicht geben. Der Vorstandschef der Lufthansa, Carsten Spohr, wird es vermutlich verschmerzen können. Nach offiziellen Zahlen hat der "Chef" alleine in 2017 über 4,5 Millionen Euro Vergütung erhalten. Wenn er derartige Beträge gut angelegt hat, kann Herr Spohr mit dem Geld gut über den Winter kommen...
Spannend bleibt allemal, warum die wirklich umfangreiche Vereinbarung zwischen der Lufthansa und der Bundesregierung nicht öffentlich ist. Immerhin stammt das Geld nicht aus dem Portemonnaie der GroKo. Corona und der WSF (Wirtschaftsstabilitätsfond) haben es möglich gemacht: Entscheidungsmacht vom Parlament an die Regierung im Rahmen von 600.000.000.000€. In Worten: Sechshundert Milliarden Euro.
Spohr, von dem wir wissen, dass er etwa 4,5 Millionen Euro im Jahr bekommt, hat noch im April diesen Jahres öffentlich erklärt, dass das von ihm geführte Unternehmen etwa "10.000 Stellen zuviel hat" und deshalb dringend "umstrukturiert werden muss".
Wenn man bedenkt, dass das etwa der Anzahl der Beschäftigten in der Veranstaltungsbranche entspricht, die durch Corona von Erwerbslosigkeit bedroht sind, würde ich den Gedanken interessant finden, lieber diesen 10.000 Menschen die fünf Milliarden Euro zur Rettung angeboten zu haben, die man hätte sparen können, wenn Deutschland die Lufthansa nur zum Börsenwert gerettet hätte... die anderen zehntausend bei der Fluggesellschaft sind offenbar verloren, trotz teurer Rettung der Aktionäre...
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Autor:Stephan Leifeld aus Schermbeck | |
Webseite von Stephan Leifeld |
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