Hinterher wieder Alle überrascht.
ANGRILLEN IN DER UKRAINE

Foto: Pixabay

Als wenn wir keine anderen Sorgen haben könnten, titelt die BILD-Zeitung heute am Sonntag mit „KRIEG IN EUROPA“. Große Buchstaben, weithin sichtbar am Zeitungsständer in der dörflichen Bäckerei. Dabei hat Deutschland doch heute - wie selbstverliebt in die eigene Demokratie - ein anderes Thema: Sozialdemokraten sind wieder ganz oben im politischen Theater angekommen. Bauchnabelschau im Willy-Brandt-Haus für Sozialdemokraten 2022. Stellen die „Sozis“ mit etwa 25% Rückhalt beim Wahlvolk, gleichzeitig den Bundeskanzler und ein weiteres Mal den Bundespräsidenten. Während der Deutsche Bundeskanzler dann für kommenden Dienstag seinen Besuch in Russland plant, um noch ein weiteres Mal vielleicht den Russen zu erklären versucht, „wie teuer der Feldzug gegen die Ukraine werden soll“, deutet einiges darauf hin, dass Putin und Scholz sich in wenigen Tagen dann zum Staatsbesuch in Kiew treffen könnten. Aus meiner Sicht wäre das weder überraschend, noch trägt dafür das russische Feindbild alleine die Verantwortung…

Bereits vor über zwei Jahren - also in der Zeitrechnung vor der Corona-Pandemie - habe ich im Lokalkompass auf große Truppenverlegungen der NATO-Streitkräfte an die russisch-ukrainische Grenzregion hingewiesen. In dem Kommentar (https://www.lokalkompass.de/schermbeck/c-politik/groesste-truppenverlegung-der-usa-seit-jahrzehnten_a1297518) zeigte sich sehr deutlich, wie die NATO entgegen jahrzehntelanger Versprechungen ihren Einflussbereich gefährlich nahe an das Territorium von Russland ausgedehnt hat. Egon Bahr und Willy Brandt würden sich im Grabe umdrehen, wenn das nicht nur sprichwörtlich funktioniert.

Über 100.000 Streitkräfte der NATO dürften es seit DEFENDER sein, die binnen 48 Monaten von der NATO in Richtung Polen, Baltikum und Deutschland verlegt worden sind. Schön finanziell an der Tankstelle vom Deutschen Steuerzahler gefördert, kann man durchaus von mehr als einem „Säbelrasseln“ sprechen, wie es der Bundeskanzler vor einigen Tagen rhetorisch getan hat. Dabei hat Scholz nämlich vergessen zu erwähnen, dass es eben auch die Sozialdemokraten - in einem politischen Höhenflug wie jetzt - genau die Parteipolitiker gewesen sind, die dem Deutschen Kaiser die demokratische Legitimation für die Mobilmachung zum Ersten Weltkrieg gegeben haben. Damals ging es nicht um eine Gasleitung durch die Ukraine, sondern um einen ermordeten Thronfolger Österreichs. Ehrlich gesagt, halte ich beide Situationen nicht für wirklich „wichtig“ genug, einen Krieg vom Zaun zu brechen. Der Deutsche Michel möchte aber wohl einmal mehr den Schwarzen Peter der Geschichte ziehen, um als eine der letzten Nationen eben der Nationalstaatlichkeit wieder Blut zu zollen. Ich möchte das nicht. Weder will ich persönlich einen Krieg mit Russland, noch meine Söhne in Zukunft für so einen Wahnsinn sterben lassen. Eine Eskalation des aktuellen Konfliktes würde aber wohl nicht auf die Ukraine beschränkt bleiben und Deutschland mit zerstören.

Dabei müssen wir uns nämlich alle einmal fragen, worum es eigentlich wirklich geht.

Nationalstaaten gibt es seit mehreren Generationen - aber noch nicht ewig. Nationalstaaten hindern Superreiche nicht daran, ohne Steuern zu zahlen, überall das Maximale an Geld zu verdienen. Es geht aktuell unserer politischen Elite nicht darum, endlich einmal dafür zu sorgen, dass die Superreichen Steuern zahlen oder für den Umweltschutz sorgen.

Nationale Grenzen würden auch weder große Angriffskriege verhindern, noch würden es Grüne Aktivisten, die sich freitags auf die Straße legen, damit der Öko-Russe mit dem E-Panzer drüber fahren kann. In diesen Tagen geht es auch nicht darum, dass Erdgas und Atomkraft keine sauberen Energiequellen sind. 

Die Infrastruktur in Deutschland ist ziemlich marode auch schon vor dem Ersten Weltkrieg gewesen - was erst vor dem Zweiten Weltkrieg einigermaßen sichtlich besser wurde, damit Hitler „seine Panzerdivisionen“ schneller verlegen konnte. Brücken restaurieren also erst nach dem nächsten Krieg? Und Glasfaser kann man auch schneller verlegen, wenn der Asphalt schon offen ist. Aber auch um diese Punkte geht es nicht. 

Im Ernst diskutieren die Bündnispartner bereits seit 2008 die Erweiterung der NATO und der Europäischen Gemeinschaft in Richtung Kiew. Dabei sind die Interessen durchaus widersprüchlich.

Die Amerikaner möchten gerne Russland inmitten möglichst vieler strategischer Knotenpunkte wissen. Als würden die aggressiven Russen ihr Staatsgebiet mitten in die NATO gebaut haben.

Die Ukraine hingegen in der EU, möchten gerne einige europäische Politiker und Industrielle - und hier zeigt sich die Kontinuität unserer „Freunde“ unter scheinbar kontroversen Präsidenten Trump und Biden, möchte man in Washington doch lieber nicht. Man will uns Wracking von Erdgas verkaufen - eine Methode, die in Amerika schon als bedenklich eingestuft worden ist - statt uns mit russischem Erdgas versorgt wissen. Hier geht es um Dollar - nicht um Demokratie auf der Krim. Das meine ich.

Putin ist ein geschickter und kluger Stratege. Als Russland ohne Blutvergießen die Krim zurück in sein Staatsgebiet genommen hat, hätte auch jeder Westeuropäer sehen können, warum. Es war die einzige Chance, aus russischer Sicht, einen Dritten Weltkrieg zu vermeiden. Immerhin sitzt die NATO auch in der Türkei mit einem stehenden Heer von einer Million Soldaten. 

Wenn Deutschland aktuell also Helme in die Ukraine sendet und 350 Soldaten nach Litauen versetzt, ist das ein dummes Signal. Dieses Signal entspricht aus meiner Sicht der gedanklichen Reichweite, als Deutschland dem Deutschen Kaiser erlaubt hat, seinen russischen Vetter anzugreifen. Wir wissen alle, dass die beiden Fürsten niemals auch nur ein Brotmesser gegeneinander erhoben hatten. Deutsche Soldaten sind massenhaft gefallen, das russische System ebenfalls - dank der Oktoberrevolution, die einige Deutsche damals im Kalkül gehabt haben. Doch was käme nach Putin, diesem klugen Strategen? Ein russischer Nazi, wie Nawalny, würde kaum derartige Winkelzüge beherrschen, einen eskalierenden Krieg zu vermeiden. Jemand, der sich rhetorisch so entgleisen ließ wie dieser Möchtegern-Präsident, wäre ebenso wenig auszurechnen, wie kürzlich noch Donald Trump oder früher ein Adolf Hitler. 

Aus meiner Sicht tut Deutschland gut daran, in Bezug auf Frieden in Europa, die NATO-Osterweiterung nicht weiter zu unterstützen.

Es waren im übrigen auch Sozialdemokraten, die in Bezug auf die NATO-Politik gegenüber Serbien, mit den Grünen seinerzeit eine fragwürdige Politik betrieben haben. Serbien hatte eine Mitgliedschaft in der NATO abgelehnt - und Kroatien war schnell für das Bündnis. Beinahe so schnell, wie die Kroaten der 1930er Jahre den Deutschen Besatzern gegen Juden und Serben zur Seite gesprungen sind. Keine Ahnung, ob es Zufall ist, in diesem Zusammenhang, dass auch hier besonders Truppen der Ukraine als SS-Einheiten extrem brutal auch russische Zivilbevölkerung massenhaft zu Opfern gemacht hat. Die 14. Waffen-Grenadier-Division der SS im Dritten Reich waren berüchtigte freiwillige Ukrainer. Selten wird das in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Zeitgleich gab es verbündete Einheiten der kroatischen Ustascha. Diese operierten auf dem Balkan in den 40er Jahren gegen Juden, Serben, Sinti und Roma, um dort einen Genozid voranzutreiben, der sogar dem Vatikan bekannt gewesen sein soll - da Ante Pavellic seine Organisation noch in Italien gegründet hatte (unter Beihilfe des Duce Mussolini).

Wer bisher gelesen hat, wird sich nun fragen, was ich mit meinem Kommentar nun im Schilde führe. Die Antwort dafür gebe ich gerne: ich möchte keinen Krieg.

Wenn Russland binnen 48 Stunden soviel Soldaten zusammenzieht, an einer Außengrenze, an der unser System seit mehr als 48 Monaten provoziert, können wir dieses Mal nicht die Guten sein. Egal, was in großen Buchstaben am Kiosk dann zu lesen ist. Es gibt keinen Weg zum Frieden, außer den Frieden.

Autor:

Stephan Leifeld aus Schermbeck

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