Wie gefährlich sind möglicherweise Leugner von Corona und Klimawandel?
Von der Kultur der Leugner und Hetzer...
KOMMENTAR VON STEPHAN LEIFELD
Gestern Abend habe ich mit meinen Söhnen auf ZDFneo den Science Fiction "Waterworld" gesehen. Etwa vor fünfundzwanzig Jahren, bin ich damals sogar im Kino gewesen, Dennis Hopper und Kevin Costner auf der großen Leinwand zu genießen. Die Idee des Films hat mich immer schon bewegt. Lange vor friday-for-future ist es hier die künstlerische Botschaft eines Dennis Hopper, die Menschen vor einer globalen Umweltkatastrophe zu warnen. In der ab der ersten Minute so von ihm erzählten apokalyptischen Welt, haben geschmolzene Polkappen zur weitreichenden Überflutung scheinbar sämtlichen Lebensraums geführt. In einzelnen Szenen formulieren es "seine" handelnden Personen wechselseitig, "dass die früheren Menschen dafür die Verantwortung tragen". Meine Jungs waren echt beeindruckt von dem Film, gleichwohl die Spezialeffekte von 1995 etwas eingeschränkt wirken, auf die heute verwöhnten Fernseh-Augen...
Im Verlauf der Handlung suchen die Menschen nicht nach einem heiligen Gral - sondern eher nach einer Art gelobtem Land. Festland inmitten von Waterworld. Fruchtbaren Boden, nicht schwankenden Grund, Ruhe, Süßwasser, Frieden. Der Held ist ein sogenannter Ichtyo-Sapiens, ein Mann mit Kiemen. Weitere Menschen stammen aus diversen Gruppen, die die Postapokalyptische Welt hervorgebracht hat. Da gibt es "Smoker", die über fossile Brennstoffe weiterhin verfügen, um damit andere Gruppen unterdrücken und berauben zu können. Der Film erwähnt kurz auch sogenannte "Slaver", die zwar kaum in der Handlung sichtbar sind - aber dem Namen entsprechend, wohl einfache Menschen zu Sklaven machen. Andere Menschen sind "fahrende" Händler, die auf Booten unterwegs, aller Art Tauschhandel machen. Die Währung ist "Hydro", wie man dort das saubere Trinkwasser nennt. Der Film zeigt sogar die Umwandlung von Urin zu trinkbarem Wasser - und Landgewinnung durch Recycling auch von Verstorbenen. Das Thema Inzucht in den sehr begrenzten Siedlungen dieser utopischen Welt wird nur am Rande erwähnt, in einer Szene, als man den "Fischmann" zur "Zucht" mit einer sehr jungen Frau bewegen will. ...Da ich nicht alles - neudeutsch - spoilern möchte, kürze ich ab, dass der Film nicht für alle der handelnden Personen, eine Art gutes Ende bereit halten kann.
Heute vormittag haben meine Jungs dann das Thema des Films noch einmal aufarbeiten wollen. Wir sind also auf den Webseiten von Greenpeace und WWF gewesen, haben bei YouTube geschaut, wie das mit den Polkappen wohl tatsächlich passieren könnte. Dabei kann man sogar einige der Theorien mit Versuchen im heimischen "Küchen-Labor" nachvollziehen. Beispielsweise kann man ein Glas Trinkwasser mit Eiswürfeln randvoll machen. Wenn das Eis schmilzt, läuft kein Wasser über den Rand des Gefässes. Dieser Versuch führt in der Welt der Klimawandel-Leugner gerne dazu, dass man Greta Thunberg und die friday-for-future-Bewegung gerne mal als Spinner abtut. Aber anders wird das Ergebnis, wenn man berücksichtigt, dass in unseren Meeren eben kein Süßwasser ist. Macht man den Versuch mit Salzwasser, ändert sich das Verhältnis von Wasserverdrängung und Dichte. Dann läuft tatsächlich eine Menge Wasser über. Meine Jungs waren tief beeindruckt. Der jüngere Sohn ist beinahe 11 Jahre und meinte dann, man könnte doch zum Wohle von Welt und Menschen, sonntags das Auto stehen lassen. "Wir sind doch auch während der Corona-Zeit kaum noch irgendwo hingefahren". Ich habe dann meinem Sohn erklärt, dass ich diese Idee "Autofreier Sonntag" schon so lange kenne, wie den Film, den wir gestern Abend zusammen gesehen haben. Ich hätte gerne etwas anderes gesagt.
Nun sitze ich hier, schreibe diese Zeilen und frage nicht nur mich, sondern vor allem auch Euch Leserinnen und Leser, was die Klimawandel- und Corona-Leugner so bewegen könnte, leichtfertig unser aller Zukunft zu verspielen. Dabei kommt mir wieder eine Volksweisheit hoch: "Aus den Augen, aus dem Sinn...". Wäre also der Covid-19-Erreger sichtbar fünf Meter hoch, lautstark schrill und würde nach alten Socken riechen, könnten möglicherweise deutlich mehr Menschen die aktuelle Bedrohung wahrnehmen. Gleiches mit dem Klimawandel. Der müsste dann auch eine 70-Meter-hohe Wassersäule sein, mitten auf dem Markt, damit alle sehen, wie uns das Wasser buchstäblich mehr als bis zum Halse steht, wenn wir nichts ändern.
Ich mache mir ernsthaft Sorgen, was die Zukunft meiner Kinder angeht. Gleichzeitig mit den Klimaleugnern der rechten AfD befinden sich offenbar aktuell auch viele Leute aus dem eher linken Spektrum auf den Straßen, um für "ihre Freiheit und Grundrechte" gegen die Existenz von Corona zu hetzen. Das ist eine unheilige Allianz. Rechter und linker Mob hat vor beinahe 100 Jahren eine Demokratie in Deutschland aus den Angeln gehoben, durch wütende Straßenschlachten. Vom Kapp-Putsch bis zum Hitler-Putsch, war Deutschland nachher nicht mehr wieder zu erkennen.
Was verbindet aktuell also Linke, die das Andenken von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg hochhalten wollen und "Nie wieder Faschismus" rufen, mit zahlreichen AfD-Anhängern, etlichen Impfgegnern, Trump-Fans, Holocaust-Leugnern und so selbsterklärten "Volkslehrern" wie Nikolai Nerling, sowie Christen mit Jute-Säcken?
Einige von ihnen waren letzte Woche Samstag bei der sogenannten "Hygienedemo" vor der Berliner Volksbühne. Noch viele mehr von ihnen, tummeln sich in den sozialen Netzwerken, um gegen unser System zu hetzen. Dabei kann man den formulierten Hass besonders gegen Angela Merkel, kaum noch angemessen zitieren, wenn man auch jüngere Leser erreichen möchte.
Offenbar hat sich eine gemischte Querfront von Außenseitern aus dem linken, rechten, esoterischen und spirituellen Spektrum zusammengefunden, um gemeinsam mindestens einen Bürgerkrieg - oder eine Art Revolution - anzetteln zu wollen. Politiker, die auf solchen Seiten nicht selber unterwegs sind, auch nicht den O-Ton auf den Straßen dieser Tage mitbekommen, leben unter ihrer Käseglocke derzeit noch im Dornröschenschlaf, scheint es mir. Anders kann ich mir nicht erklären, warum niemand von der politischen Prominenz einmal klare Worte findet.
Eine AfD ist ja weitgehend bekannt dafür, gegen Erkenntnisse aus der Wissenschaft erkenntnisresistent zu sein. Doch das Spektrum derjenigen, die abstreiten, dass die Pandemie tatsächlich erst am Anfang steht, reicht viel weiter. Teile der FDP halten die Maßnahmen der Bundesregierung für überzogen, über die "Werte-Union" reicht die Auffassung bis tief in die CDU hinein. Merz und Laschet lassen kaum eine Möglichkeit aus, sich mit scheinbarem Besser-Wissen von der amtierenden Kanzlerin abzuheben Einzelne Politiker der Union erkennen dann öffentlich noch den Sinn der Maßnahmen an, preschen andererseits aber bei der Lockerung von Schutzmaßnahmen vor. In der SPD sieht es nicht viel besser aus. Es scheint ein Abwägen von Menschenleben auf der einen Seite - und wirtschaftlichen Einbußen beim Kapital, auf der anderen Seite.
Virologen und Epidemiologen warnen derzeit in der Mehrheit eindringlich davor, die Lebensverhältnisse zu früh zu normalisieren:
Das Virus könnte sich dann gleichförmig in der Bevölkerung verteilen und bei einem erneuten Ausbruch zu deutlich höheren Opferzahlen führen
Ich fürchte, dass das vielen Menschen überhaupt nicht klar genug ist. Damit komme ich auch wieder zurück zu dem eingangs zitierten Film. Die dargestellte Idee ist auch nicht neu. Die Polkappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt. Eisbären ertrinken, aber was sind schon Eisbären in den Augen der meisten Menschen. Völlig egal. Menschen in Bangladesh und anderswo ertrinken. Aber was sind schon "Menschen anderswo" für die anderen Menschen? ... Völlig egal. ... Und solange es "nur" Menschen sterben, an Corona, die nicht zur eigenen Familie gehören, ist es einigen Menschen offenbar ebenso egal. Noch heute konnte ich eine so formulierte Frage bei Facebook lesen, "wer denn Menschen innerhalb der Familie hat, die an Corona verstorben sind...".
Vorgestern formulierte ein Bekannter im Gespräch mit mir, dass "das Ableben von Senioren und Vorerkrankten wohl eine Art natürlicher Auslese" wäre. Er ist selbst schon über 50 Jahre und starker Raucher. Mit dieser Einstellung schafft er es in meinem Leben sicher nicht mehr in meinen Freundeskreis. Aber seine Einstellung ist leider nicht so selten. Und das ist das Gefährliche daran. Nicht die Einschränkung von Grundrechten, für ein paar wenige Wochen. Sondern die Verrohung der Gesellschaft ist das wahre Problem, finde ich. Vorerkrankte und Senioren haben ebenso ein Recht auf Leben, wie Kinder auch. Es erscheint mir zynisch, zwischen den Generationen aufzurechnen. Sind doch ohnehin die meisten Senioren unter den Corona-Opfern in entsprechenden Einrichtungen verstorben, nicht zuhause im Kreise ihrer Lieben...
Zuletzt will ich den Gedanken noch mal zum Film zurück lenken, um so den gedanklichen Kreis für heute zu schließen. Ein brachial mit einer Hiebwaffe gehenkter Mensch stirbt nicht wirklich an dieser Axt, sondern infolge dramatisch hohem Blutverlust und dem Versagen von Organen. Das ist doch ganz die Logik aller Leugner, oder?
Autor:Stephan Leifeld aus Schermbeck | |
Webseite von Stephan Leifeld |
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