Ist die Kirche zu wenig christlich?
MIT PETRUS AUF SAND GEBAUT
Gedanken von Stephan Leifeld
Jedes Jahr feiern wir in Deutschland das Osterfest in Verbindung mit dem Gedenken an die Kreuzigung und Wiederauferstehung von Jesus Christus. Vielen ist dabei völlig unklar, was die bemalten Eier und die versteckten Süßigkeiten tatsächlich mit der Leidensgeschichte Christi zu tun haben sollen. Oftmals werden heutzutage auch deutlich mehr als „30 Silberlinge“ ausgegeben, um neben die Schokolade am Ende der Fastenzeit, auch noch kleine „beinahe Weihnachtsgeschenke“ zu legen. Heimwerker erhalten womöglich Akku-Bohrer und Schrauben, denn … „mit Fischer-Dübeln wäre das alles nicht passiert“: Kreuzzüge, Inquisition, Missbrauch von Chorknaben und Messdienern. Aber stimmt das wirklich?
Im Ernst schreibt u.a. das Johannes-Evangelium davon, dass bei der Verhaftung von Jesus, dessen jahrelanger Begleiter Petrus sein Schwert gezogen habe, um damit einem der Schergen ein Ohr abzuschlagen. Matthäus, nicht Lothar der Ältere, benennt den bewaffneten Jünger nicht, der „sein Schwert gezogen hat, um dem Diener des Hohepriesters ein Ohr“ mit einem Hieb abzutrennen. Durch Erfahrungen im Training mit japanischen Schwertern ist mir klar, dass so ein einziger präziser Hieb nach Übung klingt. Das finde ich daher spannend genug, mir diesen Simon Petrus einmal in der Bibel genauer anzuschauen.
Teilweise informieren die Evangelien darüber, dass in der Folge der Verhaftung Christi, die Jünger allesamt geflohen sind. Wenn ich nun bei Johannes bleibe, schildert diese Fassung in der Einheitsübersetzung, dass Petrus und ein anderer Jünger dem verhafteten Jesus gefolgt sind. Der andere Jünger, der dem Hohepriester bekannt sein soll, konnte in den Hof des Palastes, wo Jesus festgehalten wurde. Petrus habe draußen gewartet, bis dieser Jünger ihn dann auch in den Hof geholt habe. Während Petrus sich in der kalten Nacht offenbar mit Schaulustigen am Feuer wärmte, wurde Jesus verhört. Simon Petrus steht ihm nicht bei und sein Schwert wird nun auch nicht mehr erwähnt. Allerdings verleugnet der Fischer bis zum ersten Hahnenschrei dreimal seinen „Meister“, berichtet die Geschichte weiter.
Nun muss man die Entscheidung im Kopf klar haben. Handelt es sich hier um eine Legende - ein Märchen - oder um die Dichtung über eine historische Begebenheit. Hat es Jesus und seine Jünger wirklich gegeben? … Ich entscheide mich seit Jahrzehnten für ein deutliches JA! - Für mich ist Jesus Christus eine ebenso historische und echte Persönlichkeit wie Pontius Pilatus oder die in der Bibel erwähnten Herrscher.
Selbst, wer Jesus für ein Märchen hält, ist hier eingeladen, meinen Gedanken weiter zu folgen…
Das Johannes-Evangelium berichtet weiter, dass am ersten Tag der jüdischen Woche die in der Bibel bekannte Maria von Magdala zu Simon Petrus und zu dem Jünger, den Jesus liebte, gelaufen kam, um das verlassene Grab zu melden. Zwei „heimliche oder weniger prominente“ Jünger hatten zuvor die Bestattung von Jesus übernommen, an der sich - laut der Bibel - Simon Petrus offenbar nicht beteiligt hat.
In den Evangelien wird berichtet, dass es zwei Frauen sind, Maria aus Magdala und Maria (Mutter des Jakobus) die als erste eine Erscheinung von Jesus Christus haben, um von diesem den Auftrag zu erhalten, den „Brüdern zu berichten“. Auch hier ist kein Petrus dabei. Es scheint sich für mich sogar hier ein Kreis zu schließen, begonnen mit der gewonnenen Erkenntnis durch Eva - der Mann damit im ersten Buch Moses den Sündenfall anhängen konnte - und geschlossen durch Maria - der Mann im Neuen Testament den Auftrag erteilte, als quasi erste Influencerinnen, von Jesus als denjenigen zu berichten, der alle Sünden auf sich genommen hätte.
Es dauert dann noch einige Wochen, bis Simon Petrus mit „seinen Brüdern“ daraus eine männliche Erfolgsgeschichte macht: Pfingsten. Die Verbreitung der christlichen Lehre hauptsächlich durch männliche Priester und die Gründung der katholischen Kirche in Rom.
Zunächst berichtet die Bibel sogar noch von der „Gütergemeinschaft der Urgemeinde“. Es wird beschrieben, dass niemand etwas, von dem was „er“ hatte, sein Eigentum nannte. In der Apostelgeschichte finde ich dann eine Textstelle über „Hananias und Saphira“. Dieses Paar hat demnach ein Grundstück verkauft, aber nicht den gesamten Erlös dieser von Simon Petrus angeführten Urgemeinde ausgehändigt. Erst verstirbt dann plötzlich der besagte Hananias unmittelbar vor Petrus, ohne weitere Zeugen und Mittäter. Schließlich ereilt dasselbe Schicksal später seine Frau Saphira. Erst anschließend kommen andere Männer jeweils in den Raum, um die beiden Leichen separat hinauszutragen.
Aus meiner Sicht scheint die Autorität des Simon Petrus seinerzeit groß genug, keine Zweifel an seinen Motiven aufkommen zu lassen. Von einer Untersuchung, wie diese Beiden verstorben sind, und ob sie tatsächlich einen Teil des Erlöses quasi nicht als Kirchensteuer entrichten wollten, finde ich nichts. Allerdings berichtet die Apostelgeschichte von „großer Furcht über die ganze Gemeinde“. Wenn damals dann mit demselben Eifer untersucht worden wäre, wie in den letzten Jahren in Sachen „sexueller Missbrauch“ … hätte Petrus in Sachen Totschlag nichts zu befürchten gehabt. Der Petersdom würde Petersdom bleiben. Entsprechend benannte Straßen und Plätze würden auch ihre Namen behalten. Das vorübergehend Leningrad benannte Städtchen im Osten Europas wäre immer noch Petersburg.
Wobei ebenfalls aus meiner Sicht bei Petrus auch klar wird, dass es so viele echt historisch belegte Quellen über diesen Mann und sein Wirken nicht gibt. Es gibt es ihn zunächst nur in der Bibel – in den Evangelien und in der Apostelgeschichte. Kein römischer Historiker hat über ihn geschrieben. Die Petrus-Legenden, dass er mit Kopf nach unten letztlich in Rom gestorben wäre, beginnen nachvollziehbar erst Jahrzehnte nach seinem nirgendwo sonst dokumentierten Tod ein. Möglicherweise ist Petrus eher in Antiochia verstorben, in der damals drittgrößten Stadt im Römischen Reich.
Aus meiner Sicht vollzieht sich damit eine Trennung der späteren RÖMISCH-katholischen Kirche von der Urgemeinde in der Gegend um Jerusalem. Lange nach den mutmaßlichen Erlebnissen von Jesus und seinen Jüngern, manifestiert sich erst das Werk der Bibel… um die sozialen Errungenschaften der Ur-Christen zurückzunehmen… und Strukturen „Heiliger römischer“ Art… für Jahrhunderte festzulegen.
Wenn ich damit abschließend zur Eingangsfrage zurückkomme, würde ich persönlich die Kirche in Rom als Petristisch sehen, nicht als christlich. Wenn vielleicht Petrus derjenige war, vor dem Jesus lange vor dem Palmsonntag gewarnt hatte, wäre nach meinem Glauben, eine wahrhaft christliche Kirche NICHT in einen Kreuzzug gefolgt. Ich habe deshalb auch in meinen jungen Jahren den Kriegsdienst verweigert.
Das Kreuz von Petrus sieht vor meinem geistigen Auge aus, wie das umgedrehte Kreuz von Satanisten.
Und Jesus stelle ich mir weder blond noch blauäugig vor.
Nochmal werfe ich in diesem Zusammenhang dann eine frühere Frage auf, warum es wohl für soviel Menschen wichtig ist, ob die Mutter von Jesus tatsächlich Jungfrau gewesen ist.
Mir ist das nicht wichtig. Schließlich ist das wiederkehrende Osterfest für mich als bekennender Christ ein deutlich größeres Wunder, wenn Jesus nicht durch Zeugung Gottes Sohn geworden ist. Es gehört doch viel größerer Mut dazu, ohne überirdische Hilfe Wunder zu vollbringen - und sich die Schuld aller Menschen aufzuladen. ...Wenn Jesus aus freiem Willen, durch eine gereifte Entscheidung, Gott auf seinem Weg gefolgt ist - und deshalb Sohn Gottes werden konnte - wäre das für mich persönlich dann ein viel größeres Wunder. Judas könnte eine tragische Person gewesen sein, die durch den „Verrat“ gehofft haben könnte, Jesus zum Einsatz himmlischer Heerscharen zu „zwingen“. Einen anschließenden Suizid könnte ich dann besser verstehen, als mit dem Erhalt des vermeintlichen Vermögens.
Allerdings wäre Christ sein dann bedeutend unbequemer, wenn man nicht auf ein Wunder warten kann, sondern täglich dafür selbst aktiv werden müsste. Gott wäre dann kein Strippenzieher irgendwo über den Wolken, sondern hätte uns die Gabe der Entscheidung geschenkt, als wir uns "die Erde untertan machen" sollten. Frei nach dem Motto, Eigentum verpflichtet: "Menschen, das ist Euer Planet, kümmert Euch ..."
Also dann mal angenommen, die Mutter Maria hätte Jesus durch ehelichen Beischlaf von ihrem Josef, dem Zimmermann aus Nazareth, empfangen. Sie hätte dann - während der Schwangerschaft bereits - bemerkt, dass sie (dennoch) ein ganz besonderes Kind unter ihrem Herzen trägt. Das Gefühl kennen andere Schwangere auch, ohne den Besuch einer älteren Cousine oder Schwester. Jesus könnte sogar Geschwister gehabt haben. …Schließlich ist der Knabe später noch auffällig, als er bereits im Kindesalter mit reifen und gebildeten Menschen in seinem Umfeld diskutiert. Da sehe ich zum Beispiel eine entsprechende Stelle in der Bibel mit den Schriftgelehrten. ... Und dann kommt lange nichts, bis er - scheinbar einige Jahre älter - zornig die Tische hinten im "Tempel seines Vaters" umwirft, weil er in der Kirche Geld und Opferhandel verabscheut. Das wiederum kann ich gut nachvollziehen. Würde eine christliche Kirche nicht besser ohne Geld aussehen? …Stellt man sich einmal vor, man könnte kostenlos Kerzen anzünden, im Andenken an liebe Menschen, wenn das Geld nicht reicht. Man müsste sie quasi nicht vorher "kaufen" und die Münzen in den Opferstock werfen. Sonntags würde auch der Sitznachbar nicht dumm schauen, wenn man den Klingelbeutel weiterreichen würde, ohne einen Cent hineingegeben zu haben. Ablasshandel und der 30jährige Krieg wären in ihrer Folge auch niemals notwendig gewesen.
Zurück bei dem inzwischen erwachsenen Jesus, denke ich Ostern an das unfassbare Leid, welches man dem Sohn Gottes möglicherweise wirklich angetan hat.
Also nicht nur in der Bibel, sondern wahrhaftig der historischen Person. Meiner dann schweifenden Phantasie entsprechend, empfand ich die künstlerische Darstellung des Leiden Christi vor einigen Jahren, in der Verfilmung von Mel Gibson. Diesen Film habe ich bisher nur einmal ertragen, anzusehen. Die Gewalt dieser Bilder trifft einen ins Herz, finde ich. Jesus hat gelitten, bis er ans Kreuz geschlagen wurde.
Am Kreuz natürlich auch.
Da würde es mich schon trösten, wenn ich mir vorstellen darf, dass der Messias zwischen den ganzen Jahren, die ich in der Bibel über sein Leben und Wirken nichts finden konnte, in einer Art Ashram in Indien gelebt hätte. So eine Idee hatte ich in jungen Jahren mal in einem interessanten Taschenbuch gelesen. Jesus hätte dort nicht nur die Liebe gelernt und gelehrt, sondern auch Heilkunst und andere Fertigkeiten. Womöglich wie ein Fakir, spinne ich diesen Gedanken dann weiter. Dann hätte er quasi nur am Kreuz sterben können, wenn man ihn dort hätte hängen lassen.
Der Gedanke würde mir gefallen, er wäre heimlich am Kreuz befreit worden, von seiner Frau Maria aus Magdala, und seine Wunden hätten verheilen können. Jesus hätte anschließend noch ein paar Treffen mit seinem früheren Gefolge gehabt, um sie an die Lehre zu erinnern, bevor er dann mit seiner Frau und einer eigenen Familie, ein glückliches Leben hätte führen können. Und katholische Priester könnten Familien haben…
Autor:Stephan Leifeld aus Schermbeck | |
Webseite von Stephan Leifeld |
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