In der Puppenklinik von Heidi Plischke werden alte Schätzchen wieder schön
Die Arme und Beine hängen schlaff am Körper herunter, die Farbe ums kleine Näschen ist blass. Der Zahn der Zeit hat an ihr genagt. Doch es gibt Hoffnung für Modell Inge.
Wenn Puppen in die Jahre gekommen sind, dann hilft auch ihnen der Besuch beim Doktor. Ein Puppendoktor vereint handwerkliches Geschick mit künstlerischem Auge - so wie Heidi Plischke seit rund 20 Jahren.
„Alles fing an, als ich meine eigene Puppe reparieren lassen wollte“, so die gebürtige Thüringerin, die es nach Recklinghausen verschlug. In Herten wurde sie damals Ende der 80er Jahre fündig. Sie schaute dem Puppendoktor über die Schulter, wie mit einfachen Handgriffen neues Leben in die Puppe kam. Neue Gummis für Arme und Beine aufziehen, etwas Aceton, um Risse zu verschließen... „Das wollte ich auch machen“, so Plischke.
Sentimentaler Wert
Auf Flohmärkten wurden alte Puppen erstanden, die als Versuchsobjekte dienten. „Anfangs waren die Ergebnisse noch nicht so gut, aber ich bin dran geblieben und habe es weiter versucht.“ Die Mühe zahlte sich aus. Die Ergebnisse konnten sich mittlerweile sehen lassen. Dazu erlernte Heidi Plischke noch die Airbrush-Technik, um frische Farbe ohne sichtbare Übergänge auf die Puppenkörper zu bringen.
Um die Patienten auch möglichst stilecht zu kleiden, sucht die Perfektionistin Plischke auf Flohmärkten nach alten Stoffen aus denen sie Kleidchen näht. „Ich möchte keine neue Puppe schaffen, sondern den Originalzustand so gut wie möglich wiederherstellen“, so die Puppendoktorin.
Das wissen auch ihre Kunden zu schätzen, die mittlerweile aus der gesamten Region kommen und teilweise auch darüber hinaus. „Oftmals sind es Erbstücke, an denen viele Erinnerungen hängen und die einen hohen sentimentalen Wert haben. Da muss ich ganz behutsam vorgehen.“ Denn die alten Puppen bestehen aus Celluloid, das mit der Zeit porös wird.
Doch mit Feingefühl und Erfindungsreichtum bekommt Heidi Plischke fast jedes Wehwehchen in den Griff. Fehlende Augen oder Gliedmaßen können aus ihrem großen Fundus ersetzt werden oder auch detailgetreu nachmodelliert. „Ein großer Spaß, wenn man dann das fertige Ergebnis sieht.“
Dazu ist es immer ein Stück Geschichte, was Heidi Plischke in den Händen hält. „Anhand des Stempels im Nacken weiß ich, wann und wo diese Puppen hergestellt wurden.“ Etliche der Puppen sind bereits in den 30er Jahren „geboren“, die meisten immerhin in den 50ern. Im Kopf einer Puppe entdeckte Heidi Plischke sogar einen alten Zeitungsausschnitt von 1949. „Das sind spannenden Momente. Bei einer Puppe konnte ich sogar den Weg von Deutschland über Amerika und Prag nachvollziehen.“
Und irgendwie liegt die Leidenschaft zu den Puppen auch in ihrer eigenen Geschichte. „Thüringen ist die Hochburg der Puppenproduktion. Schildkröt als ältester Puppenhersteller ist hier ansässig, nicht weit von meinem Elternhaus.“ Dort lebte die Familie auf einem Bauernhof und im Tausch gegen Speck und andere Lebensmittel wanderte die eine oder andere Schildkröt-Puppe in ihren Besitz. „Vielleicht liegt es mir als Thüringerin einfach in den Genen“, schmunzelt Plischke verschmitzt.
Am Sonntag, 1. März, von 10.30 bis 17.30 Uhr, trifft man Heidi Plischke auf dem Markt der Künste im Gemeindezentrum Arche, Nordseestraße 204, an. Hier können kleinere Reparaturen wie ausgeleierte Gummis direkt vor Ort vorgenommen werden.
Autor:Melanie Giese aus Recklinghausen |
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