"Grasbeißerbande" - Ein bewegendes Buch über schwerstkranke Kinder
"Warum muss ich mir die Zähne putzen, wenn ich sowieso ins Gras beiße?" Dieser Ausspruch eines schwer erkrankten Achtjährigen hat Susen und Karsten Stanberger bewegt, sich intensiv damit zu beschäftigen, welche Fragen sich Kinder stellen, wenn es um ihren eigenen Tod und ihr eigenes Sterben geht.
"Es gibt Sätze, Fragen oder Situationen, die lassen einen niemals mehr los", sagt Karsten Stanberger. "Der Satz 'Warum muss ich mir die Zähne putzen, wenn ich sowieso ins Gras beiße?' ist so einer."
Business-Trainer Karsten Starnberg ist sauer, er wartet auf einen Kollegen, mit dem er in der Schweiz verabredet ist, um gemeinsam ein Seminar zu halten. Als der Kollege dann viel zu spät endlich kommt, ist er völlig durcheinander. Er begründet seinen Zustand damit, dass er am Abend zuvor auf den Nachbarsjungen aufgepasst hat. "Und? Das ist alles?", fragt ihn Karsten Stanberger gestresst. "Ja", sagt sein Kollege. "Der Kleine ist acht Jahre alt und weiß, dass er an Leukämie sterben wird. Und er hat mir diese Frage an den Kopf geworfen." Tja, was antwortet man da? Darauf wusste auch Karsten Stanberger, glücklich verheiratet und Vater zweier gesunder Kinder (8 und 11 Jahre) keine Antwort. Nicht in der Schweiz, nicht auf dem Flug nach Hause und nicht im Gespräch mit seiner Frau Susen zuhause.
Doch die Frage taucht immer wieder auf, beschäftigt den Trainer und Autor so sehr, dass er beschließt, einen Ratgeber zu schreiben, in dem er Hilfestellungen geben will. Aber wie? Der 45-Jährige setzt sich mit Kinder-Hospizen in Verbindung, bittet schriftlich um weitere Aussagen von kranken Kindern - und erhält keine Antworten. Er vertagt sein Projekt, doch die Frage lässt ihn nicht los. Er ruft bei Kinder-Hospizen an, ohne Erfolg. Bis eine Betreuerin ihn auffordert: "Kommen Sie her, sprechen Sie selbst mit den Kindern!" Nein, das kann er nicht. Er verwirft seinen Plan, das Buch zu schreiben.
Viele Abende bespricht er sich mit seiner Frau (39), einer Software-Spezialistin. Nach und nach verändert sich ihre Welt, ihre Sicht auf ihr Leben, auf ihre Kinder. Nichts ist mehr selbstverständlich. "Alles, was ich in meinen Seminaren gepredigt habe, von Erfolg und Machtstreben, verliert an Bedeutung", sagt Karsten Stanberger.
Verschiedene Kinder-Hospize aufgesucht
Das Ehepaar entschließt sich, gemeinsam verschiedene Kinderhospize aufzusuchen. Sie sprechen persönlich mit Kindern, die an lebensverkürzenden Krankheiten leiden. Sie werden konfrontiert mit neuen Fragen: "Was geschieht mit Mama und Papa, wenn ich sterbe?" und "Hast Du genügend geliebt?" Für Susen und Karsten Stanberger steht fest, einen Ratgeber kann es zur Beantwortung dieser Fragen nicht geben. Sie entschließen sich, ein Buch zu schreiben, in dem sie einfach die Kinder zu Wort kommen lassen.
Auf der Rückseite des Buches steht: "Entstanden ist eine einmalige Sammlung von außergewöhnlichen und inspirierenden Fragen. Die Fragen der Kinder sind ein Geschenk. Sie berühren in uns ganz schüchtern und zaghaft die für uns so angstbesetzte Endlichkeit unseres Daseins. Sie haben die Kraft, unsere Perspektive auf das Leben, aber auch den Tod, dauerhaft zu verändern."
Ein tief berührendes Buch. Auf die Frage, ob sich durch die Arbeit an diesem Buch ihre Sichtweise auf ihr Leben verändert hat, hat das Recklinghäuser Autorenpaar nur ein Antwort. "Ja!"
Autor:Petra Pospiech aus Recklinghausen |
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