Benzin in Blut

Im In- und Ausland gehen die Drei aus dem Vest „Continental Superduke Battle“ an den Start. | Foto: Stephen Bower
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  • Im In- und Ausland gehen die Drei aus dem Vest „Continental Superduke Battle“ an den Start.
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Mit mindestens 250 „Sachen“ brausen sie los, in einem Pulk von über 40 anderen. Melanie Henschel, Hubertus Mannshausen und Roger Borocz aus dem Vest scheuchen ihre „Naked Bikes“ natürlich nicht über Autobahnen, sondern preschen über echte Pisten.

Mindestens sieben Renn-Wochenenden pro Jahr inklusive weite An-und Heimreisen bestimmen die Freizeit des unzertrennlichen Trios. „Wir sind wie eine große Familie“, erklärt Melli das Lebensgefühl der Biker.

2008 war ein wichtiges Jahr für Melanie Henschel und Hubertus Mannshausen: Seitdem fahren sie Motorradrennen, die KTM-Serie. Und weil es Melli (übrigens als einzige Frau unter den Fahrern) soviel Spaß macht, ist auch noch ihr Lebensgefährte Roger Borocz nicht nur von Köln nach Recklinghausen gezogen, sondern prescht nun mit bei den nervenaufreibenden Rennen der „Naked Bikes“.

Dabei hätte für Melli (40) die Entscheidung für Autorennen näher gelegen, ist sie im normalen Leben doch Inhaberin einer Autovermietung in Herten. „Aber ich wollte schon früh Motorrad fahren, und mein Vater, von dem ich das Geschäft übernommen habe, hat mich in der Sache auch immer unterstützt.“ Mit ihrer FCR 600 (990 Kubikmeter, zirka 125 PS, über 250 Kilometer schnell) startet sie.

Keine Reichtümer

So war‘s denn auch schnell um Roger Borocz (37) geschehen. Der Konstruktionsmechaniker aus Köln zog nicht nur wegen seiner Rennen fahrenden Liebsten nach Recklinghausen, sondern hat nun auch die sieben Wettkampf-Wochenenden beim „Continenal Superduke Battle 2012“ bestritten.
Hubertus Mannshausen (43), Dritter in diesem exklusiven Biker-Bund, arbeitet als Schornsteinfegermeister. Motorräder mag er lieber, weil „Autos einfach laaaangweilig sind.“ Huby erklärt weiter: „KTM hat in dieser Saison als Veranstalter mal ausgesetzt, aber die Serie wird privat fortgeführt. Es ist ein reiner Marken-Cup. Von uns verdient keiner Geld. Darum war die private Unterstützung für uns so wichtig.“

Große Erleichterung bei den über 40 aktiven Fahrern also, die auf dem Nürburg- oder Hockenheim-Ring, in Oschersleben, Frohburg oder Schleiz fahren, um nur einige Beispiele zu nennen. Bis ins niederländische Zandvoort oder auf die Rennpisten in Tschechien geht es während einer laufenden Saison. Das bedeutet weite An- und Abreisen und spannungsgeladene Wochenenden.

Trotz aller Konkurrenz während eines Wettkampfs: Die Biker halten zusammen, das kann Huby mit persönlichen Erfahrungen belegen. Ein Beispiel: „Ich hatte schon bei der Gesamtwertung den 10. Platz so gut wie sicher, da ging beim entscheidenen Rennen mein Motor hoch. Pech. So etwas passiert. Für mich wäre es das Ende gewesen - da hat mein nächster Konkurrent mir seine Maschine geliehen, damit ich starten konnte.“

Gänsepelle

Huby trägt selbst zum guten Gelingen für die Rennteilnehmer bei: „Ich mache den Reifendienst.“ (Für alle Teilnehmer, muss man sich mal vorstellen.)
Biker sind wie eine große Familie, besonders die, die bei ihrer Rennserie starten, da sind sich Roger, Melli und Huby einig. Stehen Partys an, sind ihre Bikerkollegen - und freunde dabei.

Ein bisschen verrückt seien sie aber natürlich schon, geben die drei Speed-Junkies aus dem Vest offen zu. Melli beispielsweise hat sich bei einer Saison „einen Oberschenkel und beide Füße bei einem Rennunfall gebrochen. „Danach habe ich mir die Rennen im Rollstuhl angeschaut.“ Gerade genesen, setzte sie sich, aber klar doch, wieder auf ihre Maschine. Melli hatte damit keine Probleme: „Beim Fußball ist das mit den Verletzungen viel schlimmer.“

Die drei Freunde verbringen ihre Freizeit zusammen, sie trainieren gemeinsam, vor Saisonstart im Frühjahr (die genauen Termine 2013 richten sich tatsächlich nach der Formel-1-Planung, wegen der gemeinsam im Wechsel genutzten Strecken) fahren sie deshalb nach Südfrankreich. Aber auf der Piste sind sie frei von Hemmungen richtige Gegner, mit Helm und Handschuhen: Unter sich tragen sie die „Recklinghäuser Meisterschaft“ aus.

Trotz der vielen Rennen, die sie schon gefahren ist, bekennt sich Melli zu ihren Gefühlen, „denn ich bekomme jedesmal die Gänsepelle, wenn ich am Start bin und auf die Strecke blicke.“

Huby liebt die Unterschiedlichkeit der Strecken. „Es ist ein völlig anderes Gefühl, ob man über den Nürburgring fährt oder in Schleiz. Da kommt man mit den Trucks voller Motorräder an, und auf den Straßen herrscht noch ganz normaler Autoverkehr.“ Für das Rennen werden die Straßen dann gesperrt, und die Biker brausen durch die kleine Stadt in Thüringen. Monte Carlo lässt grüßen.

Trainingsurlaub

Das Biker-Trio aus dem Vest hat einem völlig abgeschworen. Melli: „Wir fahren überhaupt nicht mehr auf normalen Straßen. Bringt uns nämlich nichts. Warum mit einem Motorrad mit 120 Stundenkilometern auf der Autobahn fahren, was weit über 200 fahren kann. Ich möchte richtig schnell fahren, und das geht nur beim Rennen. Unsere Maschinen lassen wir deshalb gar nicht mehr für den normalen Straßenverkehr zu.“

Huby bekommt glänzende Augen bei solchen Erfahrungen: „Wenn bei manchen Rennen mal stärkere Maschinen als unsere Naked Bikes dabei sind und wir trotzdem lässig um sie herumfahren, ist das einfach nur geil!“

Naked Bikes sind „nackte“ Serien-Motorräder ohne Teil- oder Vollverkleidung.

Autor:

Kerstin Halstenbach aus Recklinghausen

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