Alltags-Sexismus
Sexistischer Shitstorm mal näher betrachtet (Teil 4)

Teil 1
Teil 2
Teil 3

Die Rolle der Frauen

Wie ich bereits schrieb, waren an diesem Shitstorm auch Zwölf Frauen beteiligt. Dies ist ungefähr die Hälfte aller Teilnehmer. Wie ist ihr Verhalten einzuordnen und welch eine Qualität gaben ihre Kommentare? Schauen wir mal genauer hin.

Beim Profiling der Frauen, findet das Alter wie bei den Männern seinen Schwerpunkt zwischen etwa 60 – 70 Jahren. In Anbetracht dessen, dass die Qualität ihrer Antworten denen der Männer entspricht, mögen sich diese Altersgruppen einander bedingen. Diese Generation ist mit dem Bewusstsein aufgewachsen, dass der Mann das Geld verdient und die Frau zu Hause bei den Kindern bleibt.

Im „Human Resources Manager ist zu lesen:

„Noch bis 1977 durfte eine Frau in Westdeutschland nur dann berufstätig sein, wenn das „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ war. Aufgaben im Haushalt und in der Kindererziehung waren also klar der Frau zugeordnet.“

Daher ist es nachvollziehbar, dass Verhaltens- und Denkstrukturen bei Frauen in dieser Altersgruppe vorzufinden sind, die patriarchisch geprägt sind. Wahrscheinlich schlägt sich das auch auf den Humor nieder, denn zwei Kommentatorinnen schreiben zu dem Limerick:

  • „Ich finde es witzig.“
  • „Also, ich lache gerne über Klaus` Witze, welcher Kategorie auch immer.“

Eine Hebamme brachte sich ein:

„Sagt mal, nehmt Ihr die Sexismus-Anmache nicht ein bisschen zu ernst? Der Klaus hat doch Humor, und mit Vorliebe fürs eigene Geschlecht sich vom anderen abzugrenzen ist doch höchstens mit Augenzwinkern "sexistisch". Bin ich vielleicht geborene Sexistin, weil ich DEN Beruf habe, der "weiblich hoch 3" ist, nämlich vorrangig für Frauengesundheit zu arbeiten? Obwohl ich mich natürlich auch herzlich gerne um die Gesundheit der kleinen Männer kümmere, die unter meinen Händen geboren werden???“

Zwischen einem Limerick, der beleidigend ist und einem Beruf, der die natürlichste Sache der Welt ist, einen Sexismus Vergleich herzustellen, da fehlen auch mir die Worte. Bei näherem Hinschauen auf das Facebook-Profil wurde aber deutlich, dass diese Hebamme Verschwörungen nicht abgeneigt ist. Entsprechende Rhetoriken, Vergleiche herzustellen, die nicht miteinander zu vergleichen sind, sind in diesem Umfeld üblich.

Aber wie verhalten sich jüngeren Frauen? Auch hier zwei Kommentare:

  • „Interessant. Ich beobachte diesen Post weiter.“
  • "Aua, Warum genau ist das jetzt lustig?“

Immerhin eine kritische Frage, die auch die einzige Kritik an dem Limerick von den teilnehmenden Frauen bleiben soll. Aber leider bekam sie überhaupt keine Antwort. Im Vergleich muss ich fünfzehnmal ein Hin- und Her der Fragen lesen, was denn an diesem Limerick sexistisch ist.

Besonders bei den Frauen ist festzustellen, dass sie sich in diesem Mob zusammenfügen mit dem Bedauern, dass ihnen nicht erklärt wird, was denn nun sexistisch sei. Auch nicht erkennend, dass sich dieser ganze Kommentierungs-Strang zu einem puren Sexismus entwickelt hat.

  • „Ich stimme dir in deinen Aussagen generell zu ... nur nicht hier zu Klaus
  • „Was an Klaus` Limerick ist sexistisch? Fragt eine Feministin. Danke für die sachliche Stellungnahme.“
  • „Was für ein Mob?“
  • Ich hätte gern konkret deine Antwort auf meine Frage, wo du bei Klaus‘ Limerick Sexismus siehst und warum, danke.
  • „Mach dir nichts draus, die Sexismus Keule wird immer rausgeholt, wenn der Horizont den Witz nicht erfasst. Richtige Frauen lachen über fast alles, denn meist wissen sie es besser.“
  • Mit Verlaub, das ist jetzt wirklich albern, wie Du hier die Männer angreifst.

Wieso eine Antwort nicht mehr möglich war, habe ich bereits unter den Methoden des Sexismus´ näher erläutert. Wieso sich diese Frauen in dem Ganzen nicht erkennen, jedoch für sich eine Einheit bilden, und den Sexismus mit befeuern, kann man vielleicht an manchen Punkten wie folgt erklärt bekommen.

Der „FrauenMediaTurm“ schreibt:

„Frauen machen in Parteien dasselbe wie in autonomen Frauengruppen – sie formieren sich nach Geschlecht, unterstellen sich jedoch männlicher Aufsicht und Kontrolle. Nirgendwo hat Integration wirklich stattgefunden, sondern innerhalb von Parteien und Verbänden werden die Gruppen nach denselben anthropologischen Merkmalen gebildet, die auch in primitiven Gesellschaften das Gemeinschaftsleben strukturieren, nämlich der Männerbund (Gesamtpartei), Jugend und Frauen.“

Später in diesem Text kommt das Wort „Frauenghetto“ auf. Im Grunde schaffen Frauen sich ihre eigenen Zellen, aus denen sie Männer ausschließen und arbeiten in keinem sinnvollen Umfang daran, eine Integration miteinander zu bewegen. Wenn Frauen sich selbst ausschließen und nicht mit den Männern zusammenarbeiten, dann kann Frau sich auch nicht als gleichwertiges Wesen zeigen. Wer kennt sie nicht, diese „Mädels Abende“ oder die Sendung „Ladies Night“. Wenn Frau ihre eigene Zelle schafft, um vor dummen Männersprüchen geschützt zu sein, kann man auch den Männern nicht sagen, dass sie sich gerade dumm verhalten. Wie wollen wir dann in Sachen Sexismus und Feminismus vorankommen? Dazu braucht es den Dialog.

Was in diesem Shitstorm mit den Frauen passiert ist, ist eben genau diese Zelle des Frauenghettos. Sie ordnen sich der Männerdominanz unter, bilden einen Scheinschutzraum, um dort zu zeigen, dass die, die das Thema kritisch sieht, nicht zu ihnen gehört. Denn die, die das Thema kritisch sieht, bekommt ja schon eine ganze Menge Beleidigungen ab. Das will man nicht auch noch selbst erleben.

Mutig wäre es gewesen, sich ernsthaft mit dem Ansatz des Sexismus` in Bezug zu diesem Limerick selbst zu beschäftigen. Gibt es da nicht mal ein Bauchgefühl, eine Intuition, dass es hier um Beleidigung geht? Im Weiteren scheint ja erkannt worden zu sein, dass in diesem Shitstorm etwas nicht in Ordnung ist. Haben sich die Frauen, die sich daran beteiligt haben, nicht mal für einen Moment hingesetzt und gelesen, was dort passierte? Vielleicht ja. Und das machte wohlmöglich Angst. Ob bewusst oder nicht. Aber sie bildeten ein Frauenghetto, welches sich selbst schützend dem vorangegangenen Sexismus unterordnete.

Was zeigte die Rolle der Frau in diesem Shitstorm noch für eine Seite? Schauen wir auf folgenden Kommentar:

„Alles was lustig ist, egal ob es Blondinen oder alte Männer trifft.... Könnten auch alle anderen Haarfarben und alter sein. Bisschen mehr Lockerheit wäre gut in diesen Zeiten. Ach ja und unter sexistisch verstehe ich was ganz anderes.... Aber das können Männer und auf Teufel komm raus emanzipierte Frauen nicht verstehen.“

Das Facebook Profil dieser Kommentatorin gab her, dass sie bei der Bundeswehr arbeitet. Ein stark hierarchisch aufgestellte Organisationseinheit der Befehlsgeber und Befehlsempfänger, die Männerdominiert ist. Dass Frau an einem derartigen Arbeitsplatz nicht die feministische Seite zeigt, scheint ein Schutzmechanismus gegen patriarchische Strukturen zu sein.

Im Spiegel-Online ist zu lesen:

„Der französische Frühsozialist Charles Fourier schrieb vor 200 Jahren, "dass die Frauen, wie alle in Knechtschaft lebenden Klassen, sich untereinander hassen". Und selbst wenn sie einander nicht hassen, so machen sie sich doch oft genug das Leben schwer und beteiligen sich an frauenfeindlichen Ritualen. Oder sie stellen sich in der Debatte um Übergriffe instinktiv auf die Seite von Männern, weil denen Unrecht geschehen könnte.“

Was vor 200 Jahren schon erkannt wurde, ist heute nicht anders. In einer patriarchischen Gesellschaft, die wir immer noch sind, können wir Frauen nicht in jedem Umfeld unsere eigene Persönlichkeit finden und entfalten. Denn wie bereits erwähnt, wacht der Androzentrismus über uns Frauen. Denn der besagt:

„Der männliche Geschlechtscharakter wurde so und der weibliche anders definiert und beide in ein hierarchisches Verhältnis zueinander gesetzt: die männliche Sphäre höher und die weibliche niedriger. Dieses bestimmte Verhältnis wird mit dem Begriff Androzentrismus bezeichnet. Auch wenn sich an den Rändern der Gesellschaft die Vorstellungen von einer natürlichen Eindeutigkeit von dem, was Männlichkeit und Weiblichkeit ist, auflösen, gilt in der Regel noch immer eine tradierte Aufteilung von männlichen und weiblichen Eigenschafts- und Handlungsmustern.“

Aber auch die Moderatorin Jeanine Michaelsen bringt einen Aspekt, der das Verhalten der Frauen in diesem Shitstorm noch mal verdeutlicht:

„So viele Jahrzehnte haben wir Frauen immer versucht, cool genug zu sein, um mit den Typen rumzuhängen. Wir wollten „cooler“ sein als die anderen Frauen, nicht so mädchenhaft. Ich dachte selbst so. Ich war stolz drauf, vor allem mit Männern und Jungs befreundet zu sein. Das war eine Auszeichnung. Das spüren wir heute immer noch in der Gesellschaft. Da lacht man dann auch mal über einen sexistischen Witz, um nicht die Einzige zu sein, die sich dann aufregt. Oder redet schlecht über andere Frauen. Und das entlarvt, dass wir selbst Frauen an eben jenen Parametern messen, von denen wir doch eigentlich wollen, dass wir alle nicht mehr an ihnen gemessen werden.“

Im 21. Jahrhundert haben wir noch immer Strukturen, in denen Frau sich eher dem Mann unterordnet, anstatt selbstbewusst aus seinen Schatten zu treten. Die Abhängigkeiten sind leider noch zu stark, wenn wir auf die wirtschaftliche Situation der Frau schauen. Wenn Frau jedoch für mehr Einkommen kämpft, muss sie erst an vielen alten weißen Männern vorbeikommen, auf die ich in Teil 1 näher eingehe. Meist Akademiker, haben Angst Gesicht und Stellung zu verlieren, sind stark mit Ihresgleichen vernetzt.

Erst kürzlich äußerte sich Prof. Dr. Walter Krämer von der TU Dortmund und Vorsitzender des Vereins Deutscher Sprache:

"Bachelor- und Masterarbeiten mit Gendersternchen lehne ich ab. Ich erwarte, dass man die Regeln der Deutschen Sprache in akademischen Abhandlungen einhält."

Um ein wenig polemisch zu werden, wundere ich mich auch, wieso diese Abhandlungen noch immer genauso wie zu Zeiten von Darwin und Humboldt klingen.

Wie mit Sexismus umgehen?

Diese Aufbereitung des Shitstorms und das Hineinblicken in so manch eine Persönlichkeitsstruktur mag vielleicht erst mal entmutigen, sich gegen Sexismus einzusetzen. Das ist jedoch falsch. Nachdem ich mich durch dieses Ereignis mehr in das Thema eingelesen und informiert habe stelle ich fest, dass diese Strukturen definierbarer geworden sind. Fühlte ich mich an mancher Stelle doch ein wenig unwohl, so merke ich, etwas souveräner nun mit sexistischen Situationen umgehen zu können.

Aktuell erleben wir eine Entwicklung unserer Sprache durch das Gendern. Auch hier erkennt man schnell Strukturen, die wir in diesem Text näher beleuchtet haben. Und ich frage mich nur noch: „Was triggert da bei den Menschen, die sich verletzt oder bedroht fühlen, nur weil man einen Begriff feminisiert?“

Durch mache Erkenntnisse haben sich auch wieder neue Fragen entwickelt. Und sie werden mir sicher nach und nach beantwortet, weil auf Texten wie diesem oder Kommunikationen über das Gendern oder Sexismus entsprechende Reaktionen kommen werden.

Aber diese Reaktionen brauchen wir, um die Grenzen unseres Miteinanders zu definieren und sie vielleicht im besten Fall aufzuweichen, um eine tolerante gesellschaftliche Einheit zu werden. Ich scheue die Auseinandersetzung nicht mehr, weil mir vieles klarer geworden ist. Und die Angriffe beziehen sich ja nicht auf einen persönlich. Diese Angriffe sind zumeist gegen sich selbst gerichtet.

Es ist oftmals eine Hilflosigkeit zu erkennen, die dann in eine aggressive Verbalität ausufert. Mann will sich Luft verschaffen, den Frust loswerden. Wieso Menschen so reagieren, kann nur das Individuum für sich erklären. Jeder triggert aus seiner eigenen Erfahrung, seinem Leben, seinen Ängsten.

Wollen wir in einer Welt leben, in der Sexismus, Homophobie, Rassismus, Antisemitismus, etc. kein Thema mehr ist, müssen wir uns auseinandersetzen, Strukturen erkennen, (Denk)Muster auflösen und unser Miteinander als gleichwertige Wesen sehen.

Übrigens: Männer sind nicht gleich Sexisten und Frauen alle Feministen. Es gibt auch Männer, die feministisch reden und handeln, es gibt Frauen, die sexistisch sind. Man muss ja auch kein Migrant sein, um gegen Rassismus zu sein. Feminismus ist eine Haltung für ein tolerantes Miteinander. Wenn also jemand eine Bestätigung gegen Feminismus von einer Frau mitbekommt, muss sie keine Feministin sein.

Zuletzt noch ein Zitat:

"Wenn eine Frau zur Realität durchdringt,
lernt sie ihren Zorn kennen, und das heißt,
sie ist bereit zu handeln."

(Mary Daly, radikalfeministische amerikanische Philosophin und Schriftstellerin, 1928-2010)

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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