Beratung entlastet Angehörige

Die Tochter kommt wegen ihrer Depression nicht mehr aus dem Bett und in die Schule. Die Lebenspartnerin fügt sich selbst Verletzungen zu. Oder: In die Messie-Wohnung des Bruders ist vor lauter Stapel kein Schritt mehr zu machen. Angehörige von psychisch erkrankten Menschen müssen viel aushalten, um helfen zu können. Sie drohen selbst krank zu werden. Ihnen will der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) Recklinghausen e.V. mit einem neuen Angebot Entlastung schaffen.

Der SKF startet noch in diesem Monat ein Beratungsangebot für Angehörige von psychisch erkrankten Menschen. Angesprochen sind Eltern, Kinder, Partner und auch die besten Freunde von Betroffenen. Sie sind in Krisenfällen Ersthelfer - und sie leiden unter Schuldgefühlen, wenn sie auch nur arbeiten gehen und nicht rund um die Uhr den psychisch Erkrankten umsorgen. „Die Mitarbeiter unseres Betreuungsvereins beobachten, dass psychische Erkrankungen unter den Betreuten zunehmen“, berichtet die Koordinatorin des Fachbereichs „Gesetzliche Betreuung“, Wiebke Janssen. Oft würden dann die Angehörigen ihre Fragen und Probleme an die vom Amtsgericht bestellten Vereinsbetreuer des SkF richten.

Auch Spiel- und Kochabende geplant

Für eben diese Angehörigen gibt es daher nun einmal im Monat einen Stammtisch und ein Frühstückscafé. Dort können sie Erfahrungen austauschen und erkennen, mit ihren Problemen und Sorgen nicht allein zu sein. Ebenfalls ein- bis zweimal monatlich wird es einen Vortrag eines Referenten geben oder auf Wunsch auch Koch- und Spielabende sowie Lesungen. Alle Angebote finden im „Begegnung im Bäumchen“ statt, den neuen Räumen des SkF an der Kemnastraße 17.

Einzelberatung auf Wunsch

Das Angebot ist für die Teilnehmenden komplett kostenlos. Sie müssen sich auch nicht anmelden. „Wir wollen es absolut niederschwellig halten“, erklärt Veronika Liesener, die die Treffen vorbereitet und moderiert. Keiner müsse seinen Namen sagen. „Jeder kann auch Kommen und Gehen, wann er will und sich frei entscheiden, wie aktiv er sich in die Gruppe einbringen möchte“, erklärt die 42-jährige Diplom-Sozialarbeiterin des SkF. Bei weiterem Redebedarf sind auch Einzelgespräche möglich. „Dann können wir auf die individuelle Erkrankung und Hilfsangebote eingehen“, plant Veronika Liesener.

Vorträge informieren

Die eingeladenen Referenten beschäftigten sich in ihren Vorträgen mit Themen wie „Umgang mit Depression“ und „Umgang mit Borderline-Patienten“. Aufgezeigt wird auch, wie Kranke motiviert werden können und verabreichte Medikamente wirken. Auch ganz praktische Dinge stehen auf der Liste: Wie wird ein Antrag zum ambulant betreuten Wohnen gestellt? Wie werde ich gesetzlicher Betreuer meines Angehörigen?
„Wer sich um einem psychisch erkrankten Menschen kümmert, lebt ständig in Sorge“, weiß Veronika Liesener. Geht es ihm gut? Macht er sich etwas zu essen? Durch die drohende Überlastung laufen sie Gefahr, selbst zu erkranken. Das umfangreiche Angebot soll Entlastung schaffen. „Die Angehörigen können entspannen, etwas für sich selbst tun“, erklärt die SkF-Sozialarbeiterin. Bei weitergehenden Fragen werde ein Kontakt zu entsprechenden Fachstellen vermittelt.

Info: Beratungsangebot für Angehörige von psychisch erkrankten Menschen, erstes offenes Frühstückscafé am Dienstag, 8. Mai, 10 bis 12 Uhr; erster Stammtisch am Mittwoch, 9. Mai, 19 bis 20 Uhr, jeweils im „Begegnung im Bäumchen“ (ehemals Szenekneipe „Baum“), Kemnastraße 17, 45657 Recklinghausen. Näheres unter Tel. 02361/ 9 38 34 01