Wilhelm Neurohr: Verteilungsgerechtigkeit: „Irgendwann gehört alles einem Einzigen“

Noch nie zuvor hat sich weltweit und in Deutschland die Reichtumskonzentration auf einige Wenige einerseits und die gleichzeitige Verarmung eines Großteils der Bevölkerung andererseits so krass entwickelt wie seit dem neoliberalen Siegeszug der Finanzoligarchie, die nachweislich mit den politischen Eliten personell eng verflochten ist.

20 Jahre lang haben lobbyhörige Regierungen in Deutschland unter verschiedenen Parteikonstellationen mit ihrer Politik die Umverteilungen von unten nach oben nicht nur ungebremst geschehen lassen und geduldet, sondern politisch ermöglicht und forciert: 13 Jahre unter Kanzlerin Merkel, davon 9 Jahre GroKo mit der SPD und 4 Jahre schwarz-gelb mit der FDP sowie vorher 8 Jahre rot-grün unter Schröder mit der SPD und den Grünen. Daran wird auch die auf der Kippe stehende GrOKO nach 100 Tagen Amtszeit nichts ändern.

„Nützliche Idioten“

Nicht zuletzt die EU hat vor und nach der Finanzkrise die ungerechte Umverteilungspolitik wesentlich begünstigt und beschleunigt. In einem Kommentar im Feuilleton der konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung heißt es dazu unter der Überschrift „Der Krieg der Banken gegen das Volk“ bereits in 2011:

„Wenn die Troika aus EZB, Europäischer Union und IWF verkündet, dass die Bevölkerung aufkommen müsse für das, was die Reichen sich nehmen, stehlen, am Finanzamt vorbeischleusen, so ist das keine politisch neutrale Haltung. Hier wird unfair erlangter Reichtum privilegiert. Ein demokratisches Fiskalregime würde progressive Steuern auf Einkommen und Grundbesitz erheben und Steuerflucht ahnden“.

Deshalb spricht der Kommentator Michael Hudson mit Blick auf die dafür verantwortlichen Politiker zutreffend von „nützlichen Idioten“. Und das ist das Ergebnis des eklatanten Politikversagens in punkto „sozialer Gerechtigkeit“:

• 45 Superreiche in Deutschland besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung (Quelle: isw)

• Dem reichsten 1% in Deutschland gehört 40,5% des Vermögens (Quelle: Statistikportal Sozial Statista)

• Die reichsten 10% in Deutschland besitzen 52% des Nettovermögens (Neue Passauer Presse 2013/ Zahlen des Bundessozialministeriums)

• Den reichsten 5% in Deutschland gehört die Hälfte aller Wohnungen und Häuser (Quelle: WDR)

Weltweit ist die Reichtums-Verteilung oder Verteilungs-Ungerechtigkeit ebenso erschütternd:

• Die 62 reichsten Menschen der Welt besitzen so viel wie die 3,6 Mrd. ärmsten (Quelle: Deutschlandfunk Kultur)

• 8 Milliardäre besitzen mehr als die ärmere Bevölkerungshälfte (Quelle: Oxfam)

• 1% der Weltbevölkerung hat mehr als alle anderen 99% (Quelle: Zeit online)

• Einer hat soviel wie 58 Millionen andere zusammen (Quelle: Deutschlandfunk Kultur)

• Die reichsten 1% besitzen mehr als 50% des globalen Vermögens (Quelle: Telepolis)

• Die 85 reichsten Menschen in der Welt besitzen so viel Vermögen wie die andere Hälfte der Weltbevölkerung (Quelle: Oxfam)

Wenn nicht politisch gegengesteuert wird, dann könnte in wenigen Jahren die Schlagzeile absehbar wie folgt lauten:

"Jetzt gehört einem Einzigen ganz Deutschland und alles in der Welt"

Wie ist das mit dem Regierungsziel eines sozialeren Deutschland und Europa oder mit der versprochenen „Bekämpfung von Korruption und Fluchtursachen in den ärmeren Ländern“ vereinbar?

Solange führende Politiker nach ihrer Amtszeit in die Finanzwirtschaft wechseln oder umgekehrt Investment-Banker von Goldman-Sachs als Staatssekretäre beim deutschen SPD-Finanzminister Olaf Scholz anheuern, solange ausgeschiedene EU-Kommissionspräsidenten wie Emmanuel Barroso selber als Lobbyisten bei Goldman-Sachs einsteigen, und solange eine deutsche Bundeskanzlerin ihre auf Staatskosten ausgetragene Geburtstagsfeier für den damaligen Chef der kriminellen Deutschen Bank, Josef Ackermann, als angemessen in einer „marktkonformen Demokratie“ verteidigt – solange wird sich an diesen sozialen Ungerechtigkeiten nichts ändern…

Wilhelm Neurohr

Autor:

Dietrich Stahlbaum aus Recklinghausen

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