Wilhelm Neurohr: Das Elend des Berufspolitikertums
Mandat auf Zeit vs. Berufspolitiker – Wege zur Überwindung der Demokratiekrise
Sind Berufspolitiker die Garanten oder die Totengräber der Demokratie?
von Wilhelm Neurohr
Was lehrt uns die gegenwärtige Regierungskrise in Berlin? Das aktuelle politische Theater zwischen Horst Seehofer...
Wilhelm Neurohr: Das Elend des Berufspolitikertums
Sind Berufspolitiker die Garanten oder die Totengräber der Demokratie?
Was lehrt uns die gegenwärtige Regierungskrise in Berlin? Das aktuelle politische Theater zwischen Horst Seehofer (CSU), Andrea Nahles (SPD) und Angela Merkel (CDU) offenbarte nicht zuletzt das Elend des Berufspolitikertums als eine Ursache der Partei- und Politikverdrossenheit: Es wurde aufgeführt von drei „erfahrenen“ Politikern, die vom weit verbreiteten Selbstverständnis des professionellen lebenslangen Berufspolitikers beseelt und davon irregeleitet sind in ihrer abgehobenen politischen Subkultur. Berufspolitiker verlieren die Verbindung zur Zivilgesellschaft, anders ist ihr eingestandener Irrtum bei der Fehleinschätzung des Volks- und Wählerwillens kaum zu erklären. Der Koalitionsstreit mit den dahinter sichtbaren persönlichen Machtkämpfen beförderte die ohnehin bestehende Demokratie-Krise mit dem Vertrauensverlust in die „politische Kaste“. Sind Berufspolitiker die Totengräber unserer Demokratie? Muss sich eine wehrhafte Demokratie mit gelebter Beteiligungskultur der Vereinnahmung durch die ewigen „Berufspolitiker“ in einer kaum noch „repräsentativen Demokratie“ entgegenstellen und zum verkürzten „Mandat auf Zeit“ zurückkehren?
Ein bloßes „Mandat auf Zeit“ als idealer und wünschenswerter demokratischer Regelfall gehört nicht zum politischen Selbstverständnis gewählter Volksvertreter in unserem Staat, weder bei den Abgeordneten in den Parlamenten, noch bei den Parteipolitikern in der Exekutive als Regierungsmitglieder mit dem Status eines politischen Beamten. Immer mehr Bewerber oder Nachwuchspolitiker für den Bundestag rekrutieren sich zudem aus den Mitarbeitern der politischen Apparate, also wissenschaftliche Mitarbeiter oder Büroleiter der Abgeordnetenbüros und Parteibüros und der Ministerien. Bei der Hälfte der Neuzugänge für den aktuellen Bundestag handelt es also um hauptberufliche Mitarbeiter von Politikern, somit selber um Berufspolitiker und damit um eine geschlossene Gesellschaft.
Berufspolitiker entfremden sich vom Volk und Souverän
Die überwältigende Mehrheit der heute agierenden Politiker – mit Ausnahme der kommunalen Ebene - sind Berufspolitiker. Über die Hälfte der Bundestagsabgeordneten geben als Beruf „Mandatsträger“ an - eine kleine, aber mächtige Gruppe, die von der Politik für die Politik lebt. Etwa 10.000 bis 20.000 Personen umfasst insgesamt auf allen Ebenen diese einflussreiche „politische Klasse“. Die Berufspolitiker der politischen Parteien haben sich als Staat im Staate eingerichtet und den Staat zum Parteienstaat umgebaut. So entstand ein Machtkartell mit einem Machtmonopol, entfremdet vom Volk und Souverän.
Die meisten Berufspolitiker sind nicht bereit, ihr Mandat an die Wähler zurückzugeben, sondern sie klammern sich daran fest. In allen Parlamenten, am stärksten im Bundestag, setzt sich der Typus des Berufspolitikers durch, der obendrein in Ministerien und Parteizentralen sowie Parteistiftungen sitzt. Und wer einmal im Parlament sitzt, will und kommt zumeist immer wieder hinein - und bleibt dort am liebsten bis zum Ruhestand oder sogar darüber hinaus. Der Berufsalltag der normalen Arbeitnehmer und auch deren Wohn- und Lebenswelt bleibt ihnen dadurch fremd...
Volltext in iWiPo Institut → http://www.iwipo.eu/arbeitsfelder/demokratie/mandat-auf-zeit-vs-berufspolitiker/
[Quelle: Gemeinnütziges Institut für Wissenschaft, politische Bildung und gesellschaftliche Praxis Lochtruperstr. 7 • D-45721 Haltern am See]
Autor:Dietrich Stahlbaum aus Recklinghausen |
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