Rede im Bundestag
Rede im Bundestag: Klimanotstand anerkennen

Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Die Bundestagsfraktion Die Linke bringt heute den Antrag ein, den Klimanotstand in Deutschland anzuerkennen und gleichzeitig endlich ein Klimaschutzgesetz vorzulegen, das geeignet ist, den Beitrag Deutschlands an der Erfüllung des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Genau das ist es, was wir jetzt brauchen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist nicht irgendwie illusorisch oder sonst irgendwas. Vielmehr haben wir mittlerweile die Situation, dass fast 700 Städte weltweit den Klimanotstand ausgerufen haben.

(Karsten Möring (CDU/CSU): Das hilft auch viel!)

Wir haben die Situation, dass Kanada, Großbritannien und Irland den Klimanotstand ausgerufen haben. Gestern ist Frankreich dazugekommen. Das sind doch keine Pillepallestaaten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Was ist denn das?)

Gerade in diesem Augenblick umzingelt Fridays for Future den Deutschen Bundestag. Die jungen Leute sagen uns: Wir mahnen euch. Wir mahnen euch seit dem November des letzten Jahres. Ihr müsst was tun. - Aber wir haben hier im Deutschen Bundestag nicht beschlossen, was tatsächlich notwendig ist. Sie warten immer noch auf die notwendigen Gesetze. Das müssen wir ändern.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, Union und FDP, geben Sie sich einen Ruck. Stimmen Sie unserem Antrag zu, den Klimanotstand anzuerkennen. Das ist gar nicht so schwer.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Lukas Köhler (FDP): Notstandsgesetze gab es schon mal!)

Ich will Ihnen das einmal vor Augen führen. Wir hatten in dieser Woche Karen Raymond von Fridays for Future Indien hier zu Gast. Sie hat uns mit eigenen Worten berichtet, wie es in Indien aussieht: dass es über 1 000 Hitzetote gibt, dass es eine beispiellose Hitzewelle gibt, dass die Menschen in Indien mittlerweile um Wasser kämpfen. Dort gibt es in den Städten Kämpfe um Wasser. Stellen Sie sich das einmal vor. Wenn Sie das nicht berührt, denken Sie doch einmal darüber nach, dass das gar nicht so weit weg ist. Wir hatten im letzten Jahr in Berlin 500 Hitzetote, im Sommer 2018. Mittlerweile - ich weiß nicht, wer den Brandgeruch schon einmal gerochen hat - brennen die Wälder in Brandenburg wieder. Gestern gab es die Nachricht, dass die Wasservorräte in der Lausitz noch für zwei Monate reichen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: für zwei Monate, also bis September 2019, wenn es nicht mal ordentlich regnet. Das ist deshalb eine problematische Situation, weil auch wir, die Bürgerinnen und Bürger hier in Berlin, von der Wasserversorgung in der Lausitz abhängig sind. Es geht um die Spree. Das heißt: Die Klimakrise und der Klimanotstand sind nicht irgendetwas, was weit weg ist, sondern das ist etwas, was uns direkt vor Ort betrifft. Deswegen müssen wir jetzt handeln.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es zeichnet sich ja ab, dass es da gar keine Entspannung geben wird. Dieser Sommer ist nur ein Vorgeschmack auf das, was uns auch hier in Deutschland in der Landwirtschaft, in der Handelspolitik, im Gesundheitswesen erreichen wird. Alle Voraussagen der Klimawissenschaftler werden nicht nur erfüllt, sondern sie werden übererfüllt. Es kommt tatsächlich schlimmer beim Meeresspiegelanstieg, bei der Erderwärmung oder beim Abschmelzen des Eises, als wir uns das vorstellen können. Das heißt, wir haben wenig Zeit zum Handeln. Was tut in dieser Situation die deutsche Bundesregierung? Sie bekommt den Kohleausstieg nicht richtig auf die Kette. Sie bekommt die Verkehrswende überhaupt nicht auf die Kette. Und die Energiewende: Wie sieht es da aus? Wir haben tatsächlich Probleme beim Zubau der Windenergieanlagen, beim Zubau im Bereich der erneuerbaren Energien. Das müsste doch eigentlich kommen, wenn wir tatsächlich die Energiewende machen wollen, wenn wir Klimaschutz machen wollen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann wird uns immer wieder erzählt: Ja, ihr habt ja gute Vorschläge, aber die Union hat doch Wirtschaftskompetenz. - Entspricht es denn Wirtschaftskompetenz, eine Situation zu haben, in der wir in der Solarbranche 80 000 Arbeitsplätze verloren haben,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

in der wir in der Windenergiebranche weiterhin Arbeitsplätze verlieren? Warum gehen denn die Kolleginnen und Kollegen der IG Metall morgen auf die Straße? Sie gehen morgen deshalb auf die Straße, weil ihre Arbeitsplätze beispielsweise in der Automobilindustrie und in den Zulieferbetrieben bedroht sind.

(Karsten Hilse (AfD): Wegen euch Deppen!)

In den nächsten zehn Jahren sind Hunderttausende Arbeitsplätze bedroht, weil diese Bundesregierung keine gute Klimapolitik macht,

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil sie keine gute Industriepolitik macht und weil sie keine gute Wirtschaftspolitik macht. Deshalb müssen wir jetzt handeln.
Hier schließen wir uns Herrn Söder an. Herr Söder sagt es nicht, weil er klug ist, sondern weil er ein Opportunist ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Söder spürt die Klimabewegung im Rücken. Er spürt doch den Atem von Extinction Rebellion, von Fridays for Future oder von Ende Gelände, den wir in der letzten Woche erlebt haben. Das merkt er doch alles, deshalb sagt er es. Deswegen sagen wir: Der Kohleausstieg 2038 ist viel zu spät.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle werden wir uns enthalten. Wir zweifeln nicht daran, dass ihr wirklich Klimaschutz machen wollt, nur zu diesem einen Punkt werden wir uns enthalten, weil wir sagen: Wir verstehen das taktische Moment, die Bundesregierung an dieser Stelle vorzuführen. Wir sagen aber, weil wir bei der Kohlekommission nicht eingebunden waren, weil wir die Ergebnisse nicht weit genug finden: Wir werden als Opposition sagen, was notwendig ist, und fordern, was notwendig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist aus unserer Sicht in diesem Punkt die Anerkennung des Klimanotstands. Wir sagen: Wir müssen endlich den Mut aufbringen, uns mit den Profiteuren dieser Klimakrise anzulegen. Wir Linke sagen: Wir wollen die Menschen und das Klima retten, nicht die Aktienkurse und nicht den Kapitalismus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)
Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Die Bundestagsfraktion Die Linke bringt heute den Antrag ein, den Klimanotstand in Deutschland anzuerkennen und gleichzeitig endlich ein Klimaschutzgesetz vorzulegen, das geeignet ist, den Beitrag Deutschlands an der Erfüllung des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Genau das ist es, was wir jetzt brauchen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist nicht irgendwie illusorisch oder sonst irgendwas. Vielmehr haben wir mittlerweile die Situation, dass fast 700 Städte weltweit den Klimanotstand ausgerufen haben.

(Karsten Möring (CDU/CSU): Das hilft auch viel!)

Wir haben die Situation, dass Kanada, Großbritannien und Irland den Klimanotstand ausgerufen haben. Gestern ist Frankreich dazugekommen. Das sind doch keine Pillepallestaaten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Was ist denn das?)

Gerade in diesem Augenblick umzingelt Fridays for Future den Deutschen Bundestag. Die jungen Leute sagen uns: Wir mahnen euch. Wir mahnen euch seit dem November des letzten Jahres. Ihr müsst was tun. - Aber wir haben hier im Deutschen Bundestag nicht beschlossen, was tatsächlich notwendig ist. Sie warten immer noch auf die notwendigen Gesetze. Das müssen wir ändern.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, Union und FDP, geben Sie sich einen Ruck. Stimmen Sie unserem Antrag zu, den Klimanotstand anzuerkennen. Das ist gar nicht so schwer.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Lukas Köhler (FDP): Notstandsgesetze gab es schon mal!)

Ich will Ihnen das einmal vor Augen führen. Wir hatten in dieser Woche Karen Raymond von Fridays for Future Indien hier zu Gast. Sie hat uns mit eigenen Worten berichtet, wie es in Indien aussieht: dass es über 1 000 Hitzetote gibt, dass es eine beispiellose Hitzewelle gibt, dass die Menschen in Indien mittlerweile um Wasser kämpfen. Dort gibt es in den Städten Kämpfe um Wasser. Stellen Sie sich das einmal vor. Wenn Sie das nicht berührt, denken Sie doch einmal darüber nach, dass das gar nicht so weit weg ist. Wir hatten im letzten Jahr in Berlin 500 Hitzetote, im Sommer 2018. Mittlerweile - ich weiß nicht, wer den Brandgeruch schon einmal gerochen hat - brennen die Wälder in Brandenburg wieder. Gestern gab es die Nachricht, dass die Wasservorräte in der Lausitz noch für zwei Monate reichen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: für zwei Monate, also bis September 2019, wenn es nicht mal ordentlich regnet. Das ist deshalb eine problematische Situation, weil auch wir, die Bürgerinnen und Bürger hier in Berlin, von der Wasserversorgung in der Lausitz abhängig sind. Es geht um die Spree. Das heißt: Die Klimakrise und der Klimanotstand sind nicht irgendetwas, was weit weg ist, sondern das ist etwas, was uns direkt vor Ort betrifft. Deswegen müssen wir jetzt handeln.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es zeichnet sich ja ab, dass es da gar keine Entspannung geben wird. Dieser Sommer ist nur ein Vorgeschmack auf das, was uns auch hier in Deutschland in der Landwirtschaft, in der Handelspolitik, im Gesundheitswesen erreichen wird. Alle Voraussagen der Klimawissenschaftler werden nicht nur erfüllt, sondern sie werden übererfüllt. Es kommt tatsächlich schlimmer beim Meeresspiegelanstieg, bei der Erderwärmung oder beim Abschmelzen des Eises, als wir uns das vorstellen können. Das heißt, wir haben wenig Zeit zum Handeln. Was tut in dieser Situation die deutsche Bundesregierung? Sie bekommt den Kohleausstieg nicht richtig auf die Kette. Sie bekommt die Verkehrswende überhaupt nicht auf die Kette. Und die Energiewende: Wie sieht es da aus? Wir haben tatsächlich Probleme beim Zubau der Windenergieanlagen, beim Zubau im Bereich der erneuerbaren Energien. Das müsste doch eigentlich kommen, wenn wir tatsächlich die Energiewende machen wollen, wenn wir Klimaschutz machen wollen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann wird uns immer wieder erzählt: Ja, ihr habt ja gute Vorschläge, aber die Union hat doch Wirtschaftskompetenz. - Entspricht es denn Wirtschaftskompetenz, eine Situation zu haben, in der wir in der Solarbranche 80 000 Arbeitsplätze verloren haben,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

in der wir in der Windenergiebranche weiterhin Arbeitsplätze verlieren? Warum gehen denn die Kolleginnen und Kollegen der IG Metall morgen auf die Straße? Sie gehen morgen deshalb auf die Straße, weil ihre Arbeitsplätze beispielsweise in der Automobilindustrie und in den Zulieferbetrieben bedroht sind.

(Karsten Hilse (AfD): Wegen euch Deppen!)

In den nächsten zehn Jahren sind Hunderttausende Arbeitsplätze bedroht, weil diese Bundesregierung keine gute Klimapolitik macht,

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil sie keine gute Industriepolitik macht und weil sie keine gute Wirtschaftspolitik macht. Deshalb müssen wir jetzt handeln.
Hier schließen wir uns Herrn Söder an. Herr Söder sagt es nicht, weil er klug ist, sondern weil er ein Opportunist ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Söder spürt die Klimabewegung im Rücken. Er spürt doch den Atem von Extinction Rebellion, von Fridays for Future oder von Ende Gelände, den wir in der letzten Woche erlebt haben. Das merkt er doch alles, deshalb sagt er es. Deswegen sagen wir: Der Kohleausstieg 2038 ist viel zu spät.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle werden wir uns enthalten. Wir zweifeln nicht daran, dass ihr wirklich Klimaschutz machen wollt, nur zu diesem einen Punkt werden wir uns enthalten, weil wir sagen: Wir verstehen das taktische Moment, die Bundesregierung an dieser Stelle vorzuführen. Wir sagen aber, weil wir bei der Kohlekommission nicht eingebunden waren, weil wir die Ergebnisse nicht weit genug finden: Wir werden als Opposition sagen, was notwendig ist, und fordern, was notwendig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist aus unserer Sicht in diesem Punkt die Anerkennung des Klimanotstands. Wir sagen: Wir müssen endlich den Mut aufbringen, uns mit den Profiteuren dieser Klimakrise anzulegen. Wir Linke sagen: Wir wollen die Menschen und das Klima retten, nicht die Aktienkurse und nicht den Kapitalismus.

Vielen Dank.

Autor:

Dietrich Stahlbaum aus Recklinghausen

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