Inge Hannemann in Recklinghausen

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Am vergangenen Mittwoch fanden in Recklinghausen zwei Veranstaltungen mit Inge Hannemann statt. Als kritische und langjährige Jobcentermitarbeiterin war sie mit Wirkung vom 22. April 2013 von Ihrer Arbeit freigestellt worden.

Nachdem Frau Hannemann mit ihren Eingaben bei der Bundesagentur für Arbeit und dem Arbeitsministerium von Frau von der Leyen kein Gehör fand, wurde der nunmehr laute Protest inzwischen zur Chefsache erklärt.

Zunächst fand um 16:00 Uhr eine von der Partei dieLinke initiierte Veranstaltung in der Altstadt statt. In ungezwungener Atmosphäre berichtete Frau Hannemann von Ihren Erfahrungen beim Jobcenter Hamburg-Altona, aber auch von dem gewaltigen Feedback durch ihre Öffentlichkeitsarbeit in ihrem Blog und dem stetig zunehmenden Interesse der deutschen, aber auch ausländischen Medien.

Entgegen der lautstarken Kritik aus dem Behördenlager fiel nicht ein einziges Wort der Diffamierung ihrer Kollegen. Ihr Vortragen war sachlich, diskret und soweit nachvollziehbar sehr wohl begründet. Frau Hannemann geht es um die Menschen und deren Schicksal und nicht um Zahlenspiele, Statistikmanipulation und Rankingergebnisse. Dabei stellte sie klar heraus: „Ich kämpfe nicht gegen jemanden, sondern für etwas.“

Kritik an der Sanktionspraxis der Jobcenter

Ein Schwerpunkt ihrer Kritik ist die ausgeübte Sanktionspraxis der Jobcenter. Sie ist überzeugt, dass das Hartz IV-Gesetz abgelöst werden muss, weil es versagt hat.

Nach einer kurzen Ansprache stellte sie sich den Fragen der Zuhörer.

Ihre Arbeit und ihr stetig wachsendes Hintergrundwissen haben Ihr auch die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens näher gebracht.

Die Abendveranstaltung in der Altstadtschmiede wurde dann mit der „Initiative bedingungsloses Grundeinkommen Recklinghausen“ ausgerichtet.
http://www.altstadtschmiede.de/kultur-details/events/2828.html

Hier gab Frau Hannemann zunächst eine übersicht über die Organisationsstruktur der Bundesagentur für Arbeit und die internen Befehlsketten.
Sie bestätigte die Medienschelte der Statistikmanipulation und berief sich dabei auf Zahlen des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit. Dort würden die Arbeitslosenzahlen mit derzeit ca. 6 Millionen benannt. Nach eigener Einschätzung lägen diese jedoch mit Blick auf die tatsächliche Versorgungssituation der Bürger noch weit höher.

Hartz IV macht krank

Mit fairem Blick auf Betroffene und Jobcentermitarbeiter gleichermaßen, bestätigte sie die verhängnisvollen psychischen Begleiterscheinungen des Hartz-Systems. Sie sprach von Betroffenen die „Angst vor jedem Brief des Jobcenters“ haben, und bereits Tage vor Gesprächsterminen beim Jobcenter Panik schieben. Hier sieht sie auch eine Teilursache der so häufig sanktionierten „Meldeversäumnisse“.
Sie erwähnte – ohne nähere Namensnennung – dass in einem Jobcenter „der Mitarbeiter des Monats“ für die meisten Sanktionen ausgelobt wurde.

Aber auch die hohe Fluktuation vieler Hochmotivierter Jobcentermitarbeiter, ist Beleg für die Gesundheitsbelastenden Auswirkungen des Systems. Der hohe Krankenstand wäre zum großen Teil psychosomatischen Erkrankungen und Burnout geschuldet.

Viele Unterstützer in den Jobcentern

Erfreulich ist, dass Frau Hannemann viele Unterstützer in den Jobcentern hat. Aus Angst vor Repressalien und Arbeitsplatzverlust könnten diese sich derzeit nicht öffentlich outen. Dafür zeigte sie sehr viel Verständnis.
Möglich aber, dass Frau Hannemann nach Abschluss der geplanten 15.000 Stellenstreichungen bei der BA und in den Jobcentern, eine beträchtliche Zahl an Mitstreitern zuarbeiten wird.

Ein letzter Aspekt soll nicht unerwähnt bleiben: die massive Förderung der Zeitarbeitsbranche und die steuerliche Subventionierung des Niedriglohns.
Der überwiegende Teil der internen Jobbörse der BA wird von prekären Jobs bestimmt. Dass aber einige Zeitarbeitsfirmen sogar Direktzugriff auf Bewerberpools der Behörden haben sollen, würde eine massive Datenschutzverletzung darstellen. Hier ist der Datenschutzbeauftragte des Bundes bereits angerufen worden.

Eine andere weitgehend unbekannte Tatsache ist die enge Zusammenarbeit zwischen Jobcentermitarbeitern unter Erfolgsdruck und der Zeitarbeit. So sei bekannt geworden, dass etliche Zeitarbeitsfirmen sich sogar erdreisten bei Jobcentern vorstellig gewordene Erwerbslose zur Sanktionierung „vorzuschlagen“. Sollte dies nachweisbar sein, bedeutet das in der Konsequenz, dass zumindest einige Jobcentermitarbeiter leise zu „Sklaventreibern“ der Zeitarbeit mutieren.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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