Dicke Kinder?
Die Leistungsgesellschaft rächt sich

Die Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) hat Daten mit der Erkenntnis ausgewertet, dass unsere Kinder immer dicker werden. Es heißt:

„Im Zusammenhang mit dem Übergewicht sind Jüngere immer häufiger von Bluthochdruck, Arteriosklerose, Gicht oder auch Fettstoffwechselstörungen betroffen. Hinzu kommen psychische Belastungen, etwa wenn die Kinder und Jugendlichen gemobbt werden: Angst- und Essstörungen sowie Depressionen können Folgen des Übergewichts sein.“

Jetzt schauen wir doch mal zurück in die 70er – 80er Jahre. Wenn man schon bis zur sechsten Stunde Unterricht hatte, ging man nach Hause. Ja, man ging nach Hause und wurde nicht noch in einer Ganztagsschule zwischengeparkt. Man ging nach Hause, aß zu Mittag. Ja, auch diese Zeiten gab es, dass man ZU HAUSE was zu Essen bekam und nicht in Kantinen. Und dann hat man Hausaufgaben gemacht und gelernt, oder auch nicht. Und dann, jetzt kommt der Funfact: Wir gingen raus. Das Raus, wo es regnen kann, Autos fahren, Spielplätze sind, Gefahren lauern, Intuition geübt werden kann.

Wenn Kinder nicht in Ganztagsschulen verwaltet werden, könnte ein weiteres Szenario folgen: Die Dauerverwaltung in Vereinen. Dass Kinder sich ausprobieren, ist völlig in Ordnung. Aber auch hier unterliegen sie oftmals dem Leistungsdruck. „Meine Tochter spielt als Klassenbeste Klavier“ oder „mein Sohn spielt mit seinem Fußballverein oben in der Liga der E-Jugend mit.“ Eltern neigen oft dazu, ihre Kinder zu dem zu verheizen, was sie selbst in ihrer Vergangenheit hätten leisten wollen. Und wie steht man da, wenn das Kind nicht erfolgreich ist?

All diese Szenarien haben eines gemeinsam: Totale Kontrolle über die Kinder. Sie werden den ganzen Tag über beobachtet, kontrolliert, bewertet. Aber wo bleibt deren Freiraum, ihre Persönlichkeit zu entwickeln? Sind sie draußen, ist die Gesellschaft kaum noch gewohnt, sie auszuhalten. Kinder die spielen machen Lärm. Das machen Hunde auch, aber das stört weniger. Hunde sind gesamtgesellschaftlich besser integriert und akzeptiert, als Kinder.

Wieso werden Kinder nicht mehr einfach freigelassen, befreit von Kontrolle und Beobachtung? Weil die Angst durch unser Land geht. Kindern kann was passieren. Ja, das ist schlimm. Auch früher wurden Kinder überfallen, hatten Verkehrsunfälle. Das will man nicht. Aber wenn Eltern das nicht wollen, sollten sie ihren Zöglingen auch die Chance geben, zu lernen, sich in dieser Welt zu bewegen. Wenn meine Mutter wüsste, was ich früher alles machte, aber nicht durfte. Manchmal wundere ich mich auch, dass mir nichts passiert ist. Aber ich habe gelernt, den Straßenverkehr zu hören. Ich habe gelernt, welchen komischen Menschen man besser aus dem Weg geht. Ich habe gelernt, Situationen auf dem Spielplatz oder unterwegs als Gefahr oder nicht Gefahr einzuordnen.

Freiraum für die Kinder bedeutet Persönlichkeitsentwicklung. Wie sollen sie diese erlangen, wenn ihre Persönlichkeit stets reguliert wird? Und dann wundert man sich, dass die junge Generation psychisch krank ist?

Der Leistungsdruck in der Gesellschaft beginnt ja schon bei den Eltern. Gehetzt müssen sie ihre Kinder irgendwo verwahren, um ihrer Erwerbsarbeit nachgehen zu müssen. Und sind Ferien, wird es noch komplizierter. Die Eltern sind doch schon gestresst und geben das an die Kinder weiter. Da können die Eltern in dieser verrückten Welt einer kapitalistischen Arbeitsethik gar nichts für. Sie befinden sich in einem Sog des Stresses.

Auch hier sei wieder angemerkt, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen tatsächlich auch der Psyche der Kinder entgegenkommen würde.

Und Eltern geben gerne ihren Kindern weiter, dass sie Leistung, Leistung, Leistung geben müssen. Sie müssen immer die Besten sein. Denn sonst bekommt man keinen Beruf, keine Arbeitsstelle. Die Kinder werden nicht mehr nach ihren Talenten gefragt, sondern in ihre Funktion geformt. Aber wer sagt ihnen, dass nicht mehr Erwerbsarbeit für ALLE da ist. Und schon gar nicht, von der man leben kann? Wenn Kinder das alles schon wüssten, wäre die Depression wohl noch größer.

Aber im Ernst: Kinder bekommen die Sorgen der Eltern doch auch mit. Und sie spüren die Ängste.
Klar ist es einfach zu sagen, dass Ernährung eine Rolle spielt. Auch hier bedarf es an Aufklärung. Aber dass der Stoffwechsel eine sehr große Rolle bei Depressionen spielt, wird eher nicht so gerne erwähnt. Es wird doch bereits erkannt, dass auch die Coronazeit die Depressionen verstärkt. Auch hier: Unfreiheit, fehlende persönliche Entwicklung, geringer Antrieb und niedriger Stoffwechsel.
Wir sehen doch auch bei uns Erwachsenen, dass viele von uns sich in der Coronazeit körperlich verändert haben. Wir brennen nicht mehr so, wie wir es gerne wollen.

Wieso lassen wir unsere Kinder nicht für etwas brennen und hören ihnen zu, lassen sie draußen spielen und Gemeinschaft finden. Miteinander spielen kann auch Mobbing entgegenwirken. Kinder würden wieder lernen, miteinander Konflikte zu lösen. Und blöde Kinder gab es schon immer.

Lasst die Kinder doch endlich frei!

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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