Kommentar:
„Das Weltwirtschaftsforum von Davos als Retter des Weltklimas?“
Kann die politische Weltlage mitsamt Klimaproblem und sozialer Ungleichheit besser durch einflussreiche Wirtschaftsführer und Finanzoligarchen gestaltet werden als durch demokratisch legitimierte Politiker und ihre internationalen staatlichen Organisationen? Diesen Eindruck versuchen die Finanz-und Wirtschaftseliten auf dem alljährlichen Weltwirtschaftsforums (WEF) zu erzeugen, die sich zum 50. Mal im Schweizer Davos zu ihrem 4-tägigen Spektakel trafen, mit der Politprominenz im Schlepptau.
Das Ganze wird finanziert von 120 Unternehmen, die sich in den Hinterzimmern von Davos zu ihren Geschäftsabsprachen und mit Bankern treffen. Dafür zahlen sie als „strategische Partner“ bis zu 600.000 € Schweizer Franken an Mitgliedsbeiträgen für das WEF, so unter anderem auch Großbanken und Finanzkonzerne wie AIG, Deutsche Bank, Goldman Sachs, Bank of Amerika etc.
Während die offiziellen multilateralen Organisationen wie UNO (Vereinte Nationen), WTO (Welthandelsorganisation), OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) oder auch die geschwächte EU (Europäische Union) in Zeiten zunehmender nationaler Alleingänge politisch immer bedeutungsloser werden, zitieren stattdessen die mächtigen und einflussreichen Wirtschaftseliten die Politiker nach Davos. Und die geschmeichelte Politprominenz hofiert dort die versammelten Superreichen und Hedgefonds-Manager, die Chefs der globalen Weltbanken und der Auto- und Ölkonzerne und der Chemiebranche.
Neben den 119 Milliardären unter den diesmal 3000 Teilnehmern (Dreiviertel Männer, ein Viertel Frauen) aus 117 Ländern sowie den Vertretern der globalen Finanz- und Großkonzerne folgten über 50 Staats- und Regierungschefs (darunter auch der Klimaleugner Bolsonaro aus Brasilien) und Hunderte Minister der Einladung in die 5-Sterne-Hotels. Auch der Adel war mit Prinz Charles vertreten. Damit verliehen sie dem Treffen der Wirtschafts- und Finanzeliten einen offiziellen politischen Anstrich. Bewacht wurden sie von einem Großaufgebot von Polizei und Armee; allein 600 Secret-Mitarbeiter beschützten den US-Präsidenten Trump als Stargast, der als Klimaleugner in seiner Rede allein den „erfolgreichen“ nationalen Egoismus Amerikas zugunsten der Wirtschaft lobte und den Multilateralismus damit verabschiedete.
Der Klimawandel und die soziale Ungleichheit wurden zwar als Hauptthemen auf die Tagesordnung gesetzt, doch ausgerechnet die die für das Weltwirtschaftsforum maßgeblichen Unternehmen und finanziellen Unterstützer sind Untersuchungen und Befragungen zufolge diejenigen, die in ihrer Geschäftspolitik am wenigsten zur Problemlösung für den Klimawandel, geschweige zur Beseitigung der sozialen Ungleichheit beitragen, sondern eher zu den Verursachern der globalen Probleme zählen. Von Siemens über Nestlé bis zum Finanzkonzern Blackrock als Hauptaktionär der Öl- und Kohlekonzerne hielten sie alle Sonntagsreden zum Klimaschutz – von Greta Thunberg mit wenigen Sätzen als unglaubwürdig entlarvt.
Zwar sorgten rund 500 teilnehmende Journalisten für die Information der Weltöffentlichkeit über das diesjährige Weltwirtschaftsforum, dass 1971 vom heute 81-jährigen Unternehmer Klaus Schwab zusammen mit Otto von Habsburg, dem Sohn des letzten österreichischen Kaisers, ins Leben gerufen wurde. Doch der Ruf der Menschen nach demokratischer Mitgestaltung der Globalisierung und der Klimapolitik sowie nach Kooperation zwischen den Staaten, weicht am Ende dem Ohnmachtsgefühl gegenüber den in Davos versammelten „allmächtigen“ Wirtschaftseliten mit ihren dort aus Unternehmensinteressen mit eingebundenen Politikern. So kann Demokratie im 21. Jahrhundert nicht funktionieren. Die „Weltverbesserer“ findet man nicht in Davos, sondern in der aktiven Zivilgesellschaft.
Wilhelm Neurohr
Autor:Wilhelm Neurohr aus Haltern | |
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