Muffelwild in der Haard kann bejagt werden

Foto: Britta Müller/lokalkompass

Nachdem in der Haard vermehrt Muffelwild gesichtet wurde und eine Bejagung der Tiere in der Diskussion steht, hat jetzt der Regionalverband Ruhr eine Stellungnahme abgegeben.

Das europäische Muffelwild stammt ursprünglich aus Korsika und Sardinien. Der natürliche Lebensraum waren offene Gebirgslandschaften auf steinigen und trockenen Böden. In den letzten 100 Jahren wurde diese Wildart auch an diversen Stellen in Deutschland ausgesetzt.

Am 28. November ist erstmals von einem RVR-Mitarbeiter in der Haard Muffelwild gesehen worden. Zunächst war es unklar, ob es sich wirklich um Muffelwild oder um Hausschafe (Kamerunschafe) handeln könnte. Kurz darauf gab es weitere Beobach-tungen wonach sich eine Herde von etwa acht Tieren im Bereich unterhalb des Rennberges in der Nähe des Laurentiustümpels und am Brandberg (südlich von Flaesheim) aufhielt und letztlich auch die Bestätigung, dass es sich bei den Tieren tatsächlich um Muffelwild handelt.

Nach umfassender Recherche gab es keine Hinweise darauf, dass das Wild aus einem Gehege entlaufen sein könnte. Zumindest lagen im Kreis Recklinghausen keine derartigen Meldungen vor. Dass das Wild natürlich aus einem benachbarten Vorkommen eingewandert sein könnte, ist bei der dichten Besiedlung und Infrastruktur mehr als unwahrscheinlich. Insofern liegt der Schluss nahe, dass jemand das Muffelwild gezielt hier ausgesetzt haben könnte. Die Scheu der Tiere und Beobachtungen, dass einige Tiere Ohrmarken tragen, würde diese These noch bestätigen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es in Nordrhein-Westfalen wohl mindestens 12 weitere Vorkommen gibt, wo in letzter Zeit Muffelwild ausgewildert wurde.

Nach § 31 LJG NRW ist allerdings das Aussetzen fremder Tierarten und von Schalenwild in der freien Wildbahn nur mit schriftlicher Genehmigung der unteren Jagdbehörde zulässig. Diese Genehmigung liegt für die Haard nicht vor – die Ansiedlung ist also illegal. Am 1. Dezember erhielt der RVR von der unteren Jagdbehörde des Kreises Recklinghausen eine Mitteilung, dass das Muffelwild in der Haard erlegt werden könnte. Dieser Beschluss wurde in der Sitzung des Vorstandes der Hegegemeinschaft für das Schalenwild Haard/Haardvorland am 17. Dezember noch einmal bekräftigt.

Warum sind der RVR sowie der Vorstand der Hegegemeinschaft Haard gegen eine Auswilderung des Muffelwildes ?

Zielsetzung des Regionalverbandes ist es die immer noch sehr nadelholzreichen Wälder in der Haard weiter in einen naturnahen und klimaangepassten Laubmischwald umzubauen. Diese waldbauliche Zielsetzung kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn eine dem Biotop entsprechende tragbare Wilddichte vorhanden ist. Neben dem Schwarzwild kommen in der Haard schon Reh- und Damwild vor. Die Verbissbelastung ist derzeit schon nicht unerheblich.

Muffelwild ist nicht nur für seine Verbiss- sondern auch Schälschäden bekannt. Die auflaufende Naturverjüngung wird abgefressen, die Triebe und Knospen der gepflanzten Bäume werden abgeäst und in den Dickungen wird die Rinde von den jungen Bäumchen geschält. Rindenver-letzungen sind Eintrittspforten für Pilzinfektionen und entwerten den Stamm. Die Erziehung stabiler und gesunder Bestände wird so konterkariert.

Wenn sich das scheue und vermehrungsfreudige Muffelwild erst einmal in der Haard etabliert hat, wird es ein unkalkulierbares Risiko für die Waldeigentümer und die Jagdpächter, die letztlich die mit Sicherheit auftretenden Wildschäden finanziell begleichen müssen. Hier müssen nicht vor Ort Erfahrungen gesammelt werden, die in anderen Regionen schon gemacht wurden.

Ein Füttern mit Raufutter vor dem Hintergrund der vorliegenden Novelle zum Landesjagdgesetz um Wildschäden zu vermeiden ist kontraproduktiv und hält nur weiter die Wilddichte künstlich hoch.

Das Muffelwild stammt aus Gebirgsregionen. Auf ungeeigneten Standorten (weich, nass) tritt die sogenannte „ Moderhinke“ auf, eine durch Bakterien verursachte und ansteckende Klauen- (Schalen-) Fäule. Gerade im Kreis Recklinghausen gibt es eini-
ge landwirtschaftliche Betriebe, die Schafe halten. Hier ist auch eine künftige Übertragung der Krankheit auf die Haustiere nicht auszuschließen.

Bei einer Herde mit vermutlich acht Tieren wird es zwangsläufig zur Inzucht und Dege-nerationen kommen, da ein natürlicher Genaustausch unterbleibt.

Zum weiteren Hintergrund:
Die Haard ist ca. 5.500 ha groß. Gut 2/3 der Fläche gehören dem Regionalverband Ruhr. Es gibt seit 1995 die Hegegemeinschaft für Schalenwild im Bereich Haard/Haardvorland. Deren Aufgabe ist die Hege und Bejagung des Schalenwildes. Der Hegegemeinschaft gehören 27 Reviere an. Nur in dem Revier Flaesheim-Süd (460 ha) ist der RVR jagdausübungsberechtigt.

Autor:

Lokalkompass Kreis RE aus Recklinghausen

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