Für Hund und Katz ist auch noch Platz!
Unter diesem Titel eröffnet die Kunsthalle Recklinghausen ihre zweite Ausstellung nach dem Umbau. Junge internationale FotokünstlerInnen zeigen noch bis zum 9.9.2012 ihre Werke mit Tiermotiven.
Wie der Museumsdirektor Ferdinand Ullrich betont, handelt es sich nicht um bloße Abbildungen oder Verhaltensstudien, sondern um einen künstlerischen Umgang mit den Thema "Tier".
Mit rund 200 Werken von 39 Künstlern aus 15 Nationen werden die unterschiedlichsten Aspekte und Zugangsweisen zum Thema aufgezeigt.
Als Kuratoren der Ausstellung haben sich Prof. Ferdinand Ullrich und Dr. Hans-Jürgen Schwalm die für die Ausstellung interessantesten Stücke aus der Kunstsammlung der DZ-Bank Kunstsammlung ausgesucht.
Diese 1993 gegründete Kunstsammlung hat sich das Konzept zum Ziel gesetzt, das Medium Fotografie in der zeitgenössischen Kunst als gleichberechtigte Kunstform zu untersuchen und ihre Bedeutung zu dokumentieren.
Ullrich berichtet, dass beide Kuratoren, er und Dr. Schwalm, in den Verhandlungen mit der DZ Bank Kunstsammlung darauf Wert gelegt hätten, die Verantwortung der öffentlichen Hand in Form eines städtischen Museums zur Privatwirtschaft zu wahren. Die Fotos seien nach den für die Öffentlichkeit interessanten Aspekten, nach Bezug zum Ausstellungsraum und vor allem nach eigener Auswahl der Kuratoren unter Berücksichtigung der vorhandenen eigenen Ressourcen ausgewählt worden.
Ferdinand Ullrich sagt, dass es sein Ziel gewesen sei, das Tier in der langen Tradition der menschlichen Zivilisationsgeschichte zu zeigen.
Die ausgewählten Fotos folgen daher u.a. den Themen "Die Welt in den Griff bekommen", "Spuren hinterlassen", "Tier als alter ego des Menschen", "Tierportraits".
Die Anordnung der Hängung und der wechselnden Hintergründe zeigt insbesondere die Bereiche "Agrarlandschaft, Kompensationen menschlicher Bedürfnisse, bühnenhaft zur Schau gestellte Tiere, Mensch und Tier als Einheit und in ihren Abhängigkeiten zueinander".
Es wird nicht nur eine Gattung repräsentiert, sondern ebenso ein einzelnes Geschöpf. Zugleich zeigt die zeitgenössische Fotografie als Kunstmedium die Widersprüchlichkeit unseres Umgangs mit dem Tier.
So zeigt der finnische Fotograf Esko Männikkö Tierportraits, welche den Tieren ihre Würde zurückgeben. Seine Bilder sind "mittendrin": Mitten in der Natur, auf ihrer Zunge, in ihrem Fell.
Walter Schels, einer der bekanntesten Tierportraitisten Deutschlands, zeigt seine Hauptdarsteller unverstellt aber irgendwie auch so, dass sie an menschliche Charaktere erinnern - die neugierige Gans, den dobermannartigen Chef, das würdevoll dreinschauende Schaf,...
In den fotografischen Techniken zeigen die Arbeiten das vielseitige Spektrum von Dokumentation, manipulierten und inszenierten Fotos, retouchierten Motiven, Übermalungen, einkalkulierten Zufälligkeiten chemischer Prozesse.
Bei Candida Höfer aus der Düsseldorfer Schule sehen wir die spannende Verbindung von Architektur und Tiermotiven.
Sonja Baas vereint einen illusionistisch gemalten und abfotografierten Hintergrund mit dem messerscharf fotografierten realen Baum und seinen Paradiesvögeln im Vordergrund.
Der deutsche Biologe und Fotokünstler Jochen Lempert zeigt mit seinen festgehaltenen Vögelchen in der Serie "Vogel in der Hand" von 1998 sowohl die Größen- und Machtverhältnisse zwischen Meisen und menschlicher Hand als auch biologisch-wissenschaftlichen Verhaltensweisen.
Ulrich Gebert zeigt seine Interpretation des Kontaktes Mensch - Tier/Bestie. In seinen inszenierten (Ab-)Bildern menschlichen Verhaltens bei der Tierpflege oder Dressur wird das Tier schließlich sogar wegretouchiert, so dass der Mensch in lächerlichen balettähnlichen Haltungen karrikiert wird.
Wer kennt nicht den Stöckchenwerfer und Hundestreichler im Park - der ohne seinen Alibi-Hund nur noch lächerlich wirkt!
Neben nachdenklichen, humorvollen, poetischen Bildern gibt es aber auch erschreckende, geradezu makabere Werke.
Thomas Wrede (aus Letmathe in Deutschland) zeigt keine Lebewesen, sondern dokumentiert Tierspuren. Er fotografiert Unfallspuren - Staubabdrücke von Vögeln, die beim Aufprall auf Fensterscheiben entstanden. Einige der Spuren lassen noch die Dynamik der Flugbewegung erkennen, andere wirken wie abstrakte Zeichnungen, die den Vogel nur noch erahnen lassen.
Ferdinand Ullrich erklärt dazu, er habe selbst mit dem Künstler gesprochen und sich versichern lassen, dass es garaniert keine "arrangierten" Unfälle seien. Wrede seinerseits möchte die Fotodokumentation dieser unglücklichen Vögel fortführen und bitte die Bürger, ihn nach einem echten Vogelunfall anzurufen, damit er von den Unfallspuren Fotos machen könne.
Mein Tip: Liebe Leute - klebt schleunigst Abziehbildchen auf große Glasscheiben um keine Unfalle zu provozieren!
Insgesamt präsentieren die Ausstellungsmacher auf drei Etagen eine abgerundete Schau, die in der Sache in die Tiefe geht. Die Ausstellung ist sowohl für Tierfreunde geeignet, als auch für Hobbyfotografen, die neue Anregungen suchen, wie man das Medium Foto künstlerisch einsetzen kann.
Autor:Dorothea Weissbach aus Oberhausen |
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