Vernissage zur Ausstellung "Oben Unten" in der Justizakdemie Recklinghausen

Michael Metzner, Karl Schwers, Heinz Spütz, Serap riedel, Wolfgang Mamok (v.l.)
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Malerei und Fotos mit kritischen Inhalten in der Justizakademie

Eine Justizakademie ist vielleicht nicht der Ort, an dem man eine Begegnung mit Kunst und Kultur erwartet. Und doch sind Kunst und Kultur seit vielen Jahren ein ständiger Gast in der Justizakademie des Landes Nordrhein-Westfalen (JAK) in Recklinghausen, präsentiert in regelmäßig stattfindenden Wechselausstellungen unterschiedlichster Künstler und einigen Dauerausstellungen.

Die Justizakademie ist ein Ort der Erwachsenenbildung. Erwachsene lernen nur dann, wenn sie dazu bereit sind, so Wolfgang Mamok, Geschäftsleiter der JAK, in seinen einleitenden Worten zur Begrüßung der Gäste der Vernissage der neuen Ausstellung "Oben Unten" am 15. Februar 2016. Diese Bereitschaft nehme zu, wenn das Umfeld, in dem man sich aufhalte, einladend und anregend sei. Sei man von Kunst und Kultur umgeben, fühle man sich angesprochen und Interesse werde geweckt; man werde neugierig und möchte etwas erfahren. Dies traf sicher auf die Besucher der Vernissage zu, die zunächst die allgemeine Vorstellungsrunde, moderiert von Wolfgang Mamok, interessiert verfolgten. Beim anschließenden fast zweistündigen gemeinsamen Rundgang durch die Ausstellung stellten sich die Künstler den Fragen der Besucher. Dass alle bis zum Schluss zusammen blieben zeigt, dass es Wolfgang Mamok erneut gelungen ist, bemerkenswerte Künstler in einer bemerkenswerten Ausstellung zusammen zu bringen.

Auf den ersten Blick keine Verbindung zwischen den Arbeiten der Malerin und der Fotografen

Wenn eine Malerin und eine Gruppe von Fotografen, die sich bis dahin nicht kannten, gemeinsam eine Ausstellung bestreiten, scheint die Frage nach einem verbindenden Element müßig zu sein. Die Malerin Serap Riedel und die Fotografen Heinz Spütz, Karl Schwers und Michael Metzner zeigen gemeinsam die Ausstellung "Oben Unten" in der JAK Recklinghausen - und auf den ersten Blick scheint es zwischen ihren Arbeiten keine Verbindung zu geben.

Heinz Spütz, Karl Schwers und Michael Metzner, ihres Zeichens Kriminalbeamter, aktueller Leiter der Justizvollzuganstalt Geldern und deren ehemaliger Leiter haben es sich zur Aufgabe gemacht, Einsichten, Sichtweisen und Ansichten rund um die Justizvollzugsanstalt Geldern in Szene zu setzten, teils mit Menschen, meistens ohne. Ihre unter dem Titel "Einsichten" in erweiterter Form bereits 2015 im Wasserturm in Geldern gezeigte Ausstellung vereint in unterschiedlichen Sichtweisen der jeweiligen Fotografen eine Wirklichkeit, in der für den Betroffenen die Zeit still zu stehen scheint.

Serap Riedel, seit mehr als 25 Jahren als Künstlerin aktiv, hat sich ein gänzlich anderes Sujet gesucht. Sie setzt sich in einem Bilderzyklus von intensiver Farbigkeit mit dem Schicksal der Flüchtlinge, die uns in nie gekanntem Ausmaß erreichen, auseinander. Begann der arabische Frühling noch hoffnungsvoll, kam es schon bald zu Gewalt: Bilder von Panzern, Soldaten, die mit Gewehren auf Menschen zielen, panisch Flüchtende - hier zeigt Serap Riedel den Beginn des Leidensweges der Flüchtlinge. Menschenmassen, die eine zerstörte Stadt verlassen, die Flucht über das Meer, die Opfer fordert, Flüchtingscamps, Weiterziehen, Grenzzäune - "Der weite Weg" hat Serap Riedel eine Auswahl dieser Bilder genannt, als sie diese im Oktober letzten Jahres in ihrem Atelier in Duisburg erstmals gezeigt hatte. Dazu Bilder mit Einzelschicksalen: ein kleines Kind am Wegesrand, Mütter mit Kindern, teils verloren wirkend, ängstlich, beschützend, tröstend. Eine Massenszene am Bahnhof, dann (am Ziel?) eine Massenunterkunft - und die personifizierte Unwillkommenskultur am Ende der Reihe.

Blick von Oben auf diejenigen, die Unten angekommen sind

So scheint der Titel der Ausstellung "Oben Unten" zwei Ausstellungen in einer anzudeuten: "Oben" hängen die Fotos, "Unten" die Bilder. Doch halt, zwei Bilder von Serap Riedel durchbrechen diese Aufteilung, hängen ebenfalls "Oben" in der ersten Etage, umrahmt von Fotos, auf denen ebenfalls Menschen zu sehen sind. Und tatsächlich geht der Ausstellungstitel über eine bloße äußere Aufteilung der Ausstellungsflächen hinaus.
Serap Riedel, Heinz Spütz, Karl Schwers und Michael Metzner zeigen in ihren so unterschiedlichen Arbeiten und ihrem so unterschiedlichen Subjekt ein "Unten", Menschen, die in der Gesellschaft "Unten" angekommen sind. Die Wirklichkeit des Flüchtlings ist sein Flüchtlingsschicksal. Wer alles verliert, entwurzelt wird, wer dort, wo er hingeht, Bittsteller ist, dem oft Skepsis, manchmal Ablehnung begegnet, der ist "Unten". Aus anderen Gründen, aber ebenso "Unten" sind diejenigen, die in der Justizvollzugsanstalt leben müssen. Die Wirklichkeit des Gefangenen ist sein Gefangenschicksal.
"Oben" sind die Besucher dieser Ausstellung, die Gäste der JAK, wir alle mit unserem normalen Leben.

Die Bilder von Serap Riedel und die Fotografien von Heinz Spütz, Karl Schwers und Michael Metzner erzählen Geschichten. Geschichten, die ausführlicher werden, je länger man sich mit ihnen beschäftigt. Geschichten von Verlust und Leid. Aber auch von Hoffnung. Hoffnung auf ein Durchbrechen der aktuellen Wirklichkeit - die Hoffnung auf ein Danach.

Unabhängig von der aktuellen Ausstellung "Oben Unten" sind in der Dauerausstellung zwei weitere Bilder von Serap Riedel im Verwaltungstrakt und drei weitere Bilder im Casino zu sehen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 31.März 2016 zu den allgemeinen Öffnungszeiten der Justizakademie, August-Schmidt-Ring 20, 45665 Recklinghausen, zu sehen.

Autor:

Friedel Dreigeis aus Duisburg

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