Ruhrfestspiele: Strehlau verrät seine Tricks

Er kennt sie alle: Reinhard Strehlau, langjähriger Verwaltungsdirektor, hier zu sehen mit Andrea Sawatzki. | Foto: Reiner Kruse
19Bilder
  • Er kennt sie alle: Reinhard Strehlau, langjähriger Verwaltungsdirektor, hier zu sehen mit Andrea Sawatzki.
  • Foto: Reiner Kruse
  • hochgeladen von Kerstin Halstenbach

Man stelle sich vor: In 20 Minuten soll sich der Vorhang heben, die Vorstellung ist ausverkauft. Das Publikum steht schon vor der Tür Schlange - aber die Genehmigung für den (Zelt-) Bau liegt noch nicht vor. Jemand wie Reinhard Strehlau, über 20 Jahre lang der „Herr der Zahlen“ bei den Ruhrfestspielen, hat in solchen aufreibenden Situationen Nerven bewiesen. Mehr als einmal. Im Stadtspiegel-Interview verrät der frischgebackene Ruheständler einige seiner Tricks.

Stadtspiegel: Wie haben Sie das Gastspiel von der Pferdeoper Zingaro im Zelt durchführen können?
Reinhard Strehlau: „Es gibt eine Zentralstelle für fliegende Bauten, und die lehnte Zingaros Zelt ab. Unser Trick: Wir haben Zingaro, die ja in Paris ihren Sitz hatten, gebeten, in Frankreich die Genehmigung bei der EU zu beantragen, und mit der EU-Genehmigung, auf die wir bis zur letzten Sekunde warten mussten, war die deutsche Behörde ausgehebelt. Danach waren wir mit Zingaro in der Hertener Rundhalle. Hier hätte sogar auf das Zelt verzichtet werden können. Eine gute Lösung.“

Könnten Sie ein Buch über die Ruhrfestspiele schreiben?
„Material hätte ich reichlich. Noch mal ein Beispiel zu Zingaro: Der Direktor Barnabas hatte sich gewünscht, dass die Pferde in der Show sich auch sexuell betätigen, wenn sie wollten. Daraufhin bekam ich ein Schreiben von zwei grünen Lokalpolitikern, Holger Freitag und Joachim Polnauer, die das als „Pferde-Peep-Show“ kritisierten. Ein sehr lustiger Brief.“

Was war aus Ihrer Sicht die härteste Zeit?
„Durch die Umbauphase vor dem 50-jährigen Bestehen hatten wir unser Ruhrfestspielhaus nicht zur Verfügung. Uns wurde seitens der Politik allen Ernstes vorgeschlagen, die Ruhrfestspiele doch mal so eben ein oder zwei Jahre ausfallen zu lassen. Das haben wir natürlich nicht gemacht, und das war ganz richtig so.“

Was war die schlimmste persönliche Erfahrung?
„Der Tod eines noch jungen Schauspielers, der sich am Premierentag mittags in Recklinghausen vor einen Zug geworfen hatte. Das war überaus bedrückend, und das Stück wurde selbstverständlich abgesagt.“

Wie würden Sie die drei Festspielleiter, die in Ihrer Zeit als Verwaltungs-Chef gewirkt haben, beschreiben?
„Hansgünther Heyme ist ein sehr offener Mensch und ungeheuer zuverlässsig, Frank Hoffmann sehr sympathisch und umgänglich. Frank Castorf (er überlegt lange) war vor allem abwesend.“

Wie würden Sie sich selbst charakterisieren?
„Ich bemühe mich, gerecht zu sein, auch wenn ich manchmal harte Entscheidungen treffen muss. Ich habe ein Zahlentalent und bin auch zuverlässig.“

Nach dem Desaster unter der Leitung von Frank Castorf sah es für die Ruhrfestspiele sehr schlecht aus, vor allem finanziell.
„Stimmt. Aber uns erreichte aus ganz Deutschland von den Theaterleuten sehr viel Solidarität, und viele sind in der ersten Spielzeit unter Frank Hoffmann uns bei den Gagen sehr entgegengekommen. Die Ruhrfestspiele sind in künstlerischer und wirtschaftlicher Hinsicht seitdem sehr erfolgreich. Darauf kann man stolz sein.“

Was hat Ihnen Ihre Arbeit bedeutet?
„Sehr viel. Ich bin erklärter Kabarett-Fan und habe es beispielsweise geschafft, alle 13 Programme der letzten Spielzeit zu sehen und alle Künstler persönlich kennenzulernen. Ich wurde also auch noch für das bezahlt, was ich privat liebe. Außerdem ist das - sehr kleine - Team sehr gut. Ob es langjährige Mitarbeiter sind wie unser Theaterpädagoge Aloys Banneyer oder ganz junge Leute wie Maike Deichsel im Künsterischen Betriebsbüro, sie sind alle fähig und engagiert, und sie verstehen sich gut. Es macht Freude, hier zu arbeiten.“

Wie werden Sie die ersten Tage Ihres Ruhestandes genießen?
„Ich werde im Oktober im Dortmunder U Kabarettvorstellungen besuchen, Wilfried Schminkler und die Bullemänner.“

Zur Person

Sternzeichen: Skorpion
Schwäche: ist morgens vor 9 Uhr nicht ansprechbar
Familienstand: verheiratet
Hobby: Meeresangeln
Wohnort: Erle-Raesfeld
Wunsch: Ferienhaus am Meer kaufen
Wichtigster beruflicher Weggefährte: Ady Karbe

Die Fotos stammen von Reiner Kruse und den Ruhrfestspielen.

Autor:

Kerstin Halstenbach aus Recklinghausen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.