Gesang statt Abgesang
Recklinghausens Männerchöre wollen ihre Existenz sichern

Sie diskutierten über die Zukunft der Männerchöre in Recklinghausen (v.l.): Günther Rösing (MGV Liederkranz Hochlarmark), Wolfgang Sawalych (MC Eintracht Gutenberg), Klaus Prahl (MGV Concordia), Christoph Krekeler (Chorverband NRW), Herbert van den Heuvel (Werkschor Blumenthal-Haard), Jürgen Bretschneider (MC Eintracht Gutenberg) und  Karl-Josef Ptaschek (Vestischer Sängerkreis). | Foto: Demuth
  • Sie diskutierten über die Zukunft der Männerchöre in Recklinghausen (v.l.): Günther Rösing (MGV Liederkranz Hochlarmark), Wolfgang Sawalych (MC Eintracht Gutenberg), Klaus Prahl (MGV Concordia), Christoph Krekeler (Chorverband NRW), Herbert van den Heuvel (Werkschor Blumenthal-Haard), Jürgen Bretschneider (MC Eintracht Gutenberg) und Karl-Josef Ptaschek (Vestischer Sängerkreis).
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Recklinghausens vier Männerchören droht das Aus. Doch einfach aufgeben wollen die Chöre nicht. Deshalb haben sie sich jetzt an einen „runden Tisch“ gesetzt, um Lösungen für die Zukunft zu diskutieren. Mit dabei waren Bürgermeister Christoph Tesche sowie Vertreter des Vestischen Sängerkreises und des Chorverbands NRW.

1970 ist Wolfgang Sawalych dem MC Eintracht Gutenberg beigetreten. „Damals waren wir 125 Mitglieder“, erinnert der Pressesprecher sich. Jetzt sind es noch um die 15 Sänger – genauso viele wie beim MGV Concordia. Gemeinsam mit dem MGV Liederkranz Hochlarmark und dem Werkschor Blumenthal-Haard ist ihnen außerdem, dass ihre Sänger fast alle über 70 Jahre alt, wenn nicht sogar schon 80 Jahre alt sind.
Deswegen möchten sie Männer für das Hobby des Chorgesangs begeistern. Dabei ist ihnen durchaus bewusst, dass sie kaum 20-, 30-Jährige anlocken können. „50 aufwärts wäre super. Auch 60 aufwärts würde die meisten Chöre verjüngen“, schätzt Jürgen Bretschneider, zweiter Vorsitzender des MC Eintracht Gutenberg, die Situation ein. „Wenn man nicht mehr erwerbstätig ist und es für einen Sportverein vielleicht zu spät ist, bietet sich ein Männergesangsverein an“, so Sawalych.
Denn die Vertreter der vier Vereine haben keinen Zweifel daran, dass Chor und Gesang viel zu bieten haben. „Man gönnt sich nicht nur stimmlich etwas, sondern auch gesundheitlich“, sagt Sawalych. Zudem werde die Geselligkeit gepflegt. „Ein Verein ohne Geselligkeit ist ein toter Verein.“

Singen hat positive Effekte

Die positiven Effekte des Singens bestätigt Christoph Krekeler, Vizepräsident des Chorverbands NRW. Er nennt Studien verschiedener Universitäten, nach denen die Abwehrkräfte gesteigert, Zwerchfell und Muskeln trainiert sowie Stresshormone durchs gemeinsame Singen gesenkt werden können. „Aber in erster Linie ist ein Chor eine soziale Gruppe“, betont er und gibt den vier Chören einige Anregungen mit auf den Weg, um für neue Mitglieder attraktiv zu sein. So empfiehlt er beispielsweise, sich schulen zu lassen, an Stimmbildungen zum Thema „Singen im Alter“ teilzunehmen und die Repertoireauswahl auf den Chor abzustimmen. Zudem rät Krekeler überalterten Chören, nicht vor dem Gedanken einer Fusion zurückzuschrecken und eventuell aus zwei Traditionschören eine moderne Gruppe zu schaffen. „Sonst gehen beide kaputt.“
Bürgermeister Christoph Tesche macht während des Gesprächs deutlich, wie wichtig die Recklinghäuser Chöre – stadtweit sind es 34 vom Männer- über den klassischen bis zum Schulchor – für die Kulturlandschaft der Stadt sind. Daher werbe er in allen seinen Grußworten bei Konzerten für die Chöre. Auch städtische Hilfe sagt er zu. „Als Stadt kann ich sagen, das haben wir immer propagiert und das bleibt auch so, dass Sie die Unterstützung, die wir geben können, auch bekommen.“
Dass Gesang grundsätzlich Zukunft in Recklinghausen hat, macht Beate Ehlert-Willert, Leiterin des Fachbereichs Kultur, Wissenschaft und Stadtgeschichte, unter anderem am Adventssingen fest, an dem sich in diesem Jahr 13 Chöre mit mehr als 200 Sängern beteiligen werden. Sie schlägt vor, in die Programmhefte Flyer, die auf die Chöre hinweisen, einzulegen.
Tesche regt zudem an, dass die Männerchöre Kurzauftritte auf Gemeindefesten, bei Stadtteilveranstaltungen und im kommenden Jahr bei „Recklinghausen leuchtet“ geben und danach noch verweilen. „Hinterher isst man dann mit den Besuchern eine Bratwurst zusammen und fragt, ob jemand Lust hat mitzumachen“, so der Bürgermeister.
Dass dies eine erfolgversprechende Herangehensweise sein könnte, bestätigt Karl-Josef Ptaschek, erster Vorsitzender des Vestischen Sängerkreises. In den 35 Jahren, die er im Chor gesungen habe, sei nur ein Mann von sich aus dazugestoßen. „Den Rest musste man an die Hand nehmen.“

Kontakt zu den Männerchören:

MC Eintracht Gutenberg, Proben jeweils dienstags um 20 Uhr im Pfarrheim St. Markus, Tel. 02361/27450 (erster Vorsitzender Klaus Engel).

MGV Concordia, Proben jeweils donnerstags um 18.30 Uhr im Seniorenzentrum Grullbad, Tel. 02361/67097 (erster Vorsitzender Walter Ellinghaus).

MGV Liederkranz Hochlarmark, Proben jeweils freitags um 19 Uhr im Caritashaus St. Michael, Tel. 02361/71517 (erster Vorsitzender Günther Rösing).

Werkschor Blumenthal-Haard, Proben jeweils mittwochs um 17.30 Uhr an der Wildermannstraße 51, Tel. 02361/9977301 (erster Vorsitzender Herbert van den Heuvel).

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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