Jahrhundertfilm "Metropolis" live begleitet von der Neuen Philharmonie Westfalen

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Cineasten und Musikfans werden am 01.Oktober 2010 im Recklinghäuser Ruhrfestspielhaus gleichermaßen auf ihre Kosten kommen,wenn dort das wichtigste Werk der deutschen Filmgeschichte,Fritz Langs monumentales Meisterwerk "Metropolis" live begleitet von der NPW zur Aufführung gelangt.

Nach über 80 Jahren kann der Film nun wieder in der nahezu kompletten Uraufführungsfassung gezeigt werden.

"Metropolis" gilt als bedeutendster Vorläufer aller späteren Science-Fiction-Filme,und die kühnen Spezialeffekte und gigantischen Kulissen machten bereits damals Furore.
Rekordverdächtig war aber nicht nur die Ausstattung,sondern auch die Produktionsdauer:310 Tage und 60 Nächte wurde in Berlin und Potsdam-Babelsberg gedreht.Insgesamt wurden mehr als 600 km Film belichtet,was einer Spielzeit von etwa 350 Stunden entspricht.
Während ein Spitzenfilm der UFA mit großen Stars höchstens 500.000 Reichs Mark kostete,verschlangen die Produktionskosten für "Metropolis" ca. 5 Millionen RM und brachten die UFA an den Rand des Konkurses.

40 "Metropolis"-Kopien wurden hergestellt,die für den weltweiten Verleih bestimmt waren.

Die Uraufführung fand am 10.Januar 1927 im Berliner UFA-Palast am Zoo statt.
Die gesamte Regierung und alles was sonst Rang und Namen hatte,wohnte der Premiere bei.Als nach der Vorstellung Fritz Lang mit seiner Hauptdarstellerin Brigitte Helm vor den Vorhang trat,jubelte und applaudierte das Publikum fast eine halbe Stunde lang.
Trotzdem fand der Film nach diesem verheißungsvollen Auftakt beim breiten Kinopublikum keinen Anklang.Die UFA zeigte das Werk nach der Premiere nur noch in einem einzigen Berliner Kino,dem Film-Pavillon am Nollendorfplatz,aber auch hier wurde er schon nach wenigen Wochen zurückgezogen.Auch ein Großteil der hergestellten Kopien wurde vernichtet.
Eine Kopie wurde jedoch im April 1927 an die Paramount in Amerika verkauft,aber dem US-Verleih gefiel der Film nicht und der Dramatiker Channing Pollock wurde beauftragt,den Film für den amerikanischen Geschmack zu bearbeiten.
Und so begann die große Leidensgeschichte des Films,der immer wieder gekürzt und neu zugeschnitten wurde.Das herausgeschnittene Material wurde in den USA sofort vernichtet und war somit für immer verloren.

Als der Film dann von anfangs 153 Minuten auf 80 Minuten verstümmelt war,wollte man ihn im August 1927 auch in Berlin wieder neu herausbringen,aber auch diese Version wurde kein Erfolg.
Insgesamt spielte der Film in Deutschland nur 75.000 RM ein,was etwa 15.000 Zuschauern entsprach.

Weltweit gehen alle erhaltenen Kopien von "Metropolis" auf das gekürzte Material zurück.Da es aber Fotos von verlorenen Szenen gab,fragte man sich etwa ab den 1970ger Jahren,wie der Film wohl ungekürzt ausgesehen haben könnte.
Filmwissenschaftler gingen in verschiedenen Archiven rund um den Globus auf die Suche.Manchmal wurden Szenen von nur wenigen Sekunden Dauer entdeckt,die zur Ergänzung wieder eingefügt werden konnten.Aber es fehlten weiterhin große Teile,etwa 40 Minuten des Originals.

Durch das Auffinden der handschriftlichen Originalpartitur und des Drehbuches
konnten in jahrelanger Arbeit auch die Szenenumstellungen rückgängig gemacht werden.

Bei Aufräumarbeiten in den Archiven der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung wurden 1988 wegen der großen Brandgefahr 30 Rollen mit altem Nitrofilm vernichtet.Nur 5 davon wurden vorher umkopiert.Es gibt Spekulationen,dass es sich um das Originalnegativ von "Metropolis" gehandelt haben könnte.

Für eine Sensation sorgte dann 2008 ein Fund in Südamerika.Im Archiv des Filmmuseums von Buenos Aires entdeckte man eine ungekürzte Fassung,die ein argentinischer Verleiher direkt nach der Premiere von der UFA gekauft hatte.
Mit spanischen Zwischentiteln versehen wurde der Film dort bis in die 1960ger Jahre hinein gezeigt und wies deshalb bei Auffinden starke Gebrauchsspuren und Verschmutzungen auf.Es schien den Restauratoren auch mit modernster Technik fast unmöglich,eine Restaurierung des angegriffenen Materials durchzuführen.
Dicke schwarze vertikale Streifen verunstalteten das Bild,aber unter Aufbietung aller technischen Mittel gelang eine Digitalisierung des Materials.Die störenden schwarzen Streifen sind nun weitgehend verschwunden und mit speziellen Computerprogrammen wurden weitere störende Effekte beseitigt.

So ist die Wiedergeburt der Urfassung weitgehend geglückt und das Publikum kann ab jetzt eine Version sehen,die der Uraufführungsfassung von 1927 sehr nahe kommt,obwohl weiterhin immer noch ca. 8 Minuten Film fehlen.

"Metropolis" stellte damals einen neuen Massstab in der Filmgeschichte dar.
150 Schauspieler,tausende Komparsen und monumentale Kulissen mit Lufttaxis,Flugzeugen und Anspielungen auf das bevorstehende Zeitalter des Fernsehens schufen zur damaligen Zeit ein utopisches Zukunftsbild.
Wochenlang arbeiteten Kameramänner und Architekten an Szenen,die im fertigen Film nur wenige Sekunden ausmachen.Weil die Ateliers in Babelsberg nicht ausreichten,mussten Behelfsateliers gebaut werden.Die riesige Zeppelinhalle in Staaken wurde angemietet und trotzdem war für die gigantische Produktion immer wieder zu wenig Platz,sodass besonders spektakuläre Szenen im Trick hergestellt werden mussten.

Bereits im November 2001 wurde "Metropolis" von der UNESCO als allererster und einziger Film in das "Weltdokumentenerbe" aufgenommen.

Nach erfolgreichen Präsentationen der rekonstruierten Fassung in Berlin und Frankfurt am Main,kommt diese Filmsensation nun auch ins Ruhrgebiet.
Zwei Aufführungen (22.& 27.September 2010) finden in der Essener Lichtburg statt,sind aber bereits ausverkauft.
So sollte man sich also schnell Tickets für die Vorstellung im Ruhrfestspielhaus in Recklinghausen sichern.

70 Musiker der Neuen Philharmonie Westfalen unter der Leitung des Stummfilmexperten Helmut Imig begleiten den Film nach der Originalpartitur und versprechen ein Live-Erlebnis der besonderen Art.
Unterbrochen von einer Pause läuft der Streifen nun 2 Stunden und 40 Minuten.
Man sollte sich die einmalige Gelegenheit,diesen legendären Film und das Landesorchester zu erleben,nicht entgehen lassen!

INFO :
Freitag,01.Oktober 2010 um 19 Uhr
im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen.
Karten in den Ticket-Centern des
Medienhauses Bauer.
Preise: 25,90 / 22,90 / 15,00 Euro

Autor:

Klaus Gerlach aus Recklinghausen

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