Frauen, die für Gleichberechtigung kämpfen
1977 * haben Recklinghäuser Frauen ein kleines, altes Haus angemietet, es auf eigene Kosten renoviert, alte Möbel aufgearbeitet und darin ein autonomes Frauenzentrum eröffnet, um "im Gespräch ein kritisches Bewusstsein ihrer gesellschaftlichen Situation (zu) entwickeln und in Aktionen um(zu)setzen". ** Ziel war die Gleichberechtigung. Dann wurde eine Frauenberatungsstelle geschaffen, die sich – entsprechend dem Motto „Frauen helfen Frauen“ – auch heute um misshandelte Geschlechtsgenossinnen kümmert. Eine Studienrätin hatte einige Jahre vor ihrem Pensionsalter den Schuldienst aufgegeben, um in ihrer Wohnung Frauen, die vor ihren Männern fliehen mussten, Asyl zu bieten und ihnen finanziell und psychologisch zu helfen.
Wie bei allen radikalen Initiativen, Bewegungen, Parteien – radikal im Sinne von „das Übel bei der Wurzel packen“ – gab und gibt es auch beim Feminismus Irrtümer, Übertreibungen und manch Kurioses, z. B. die Anrede „Liebe Mitgliederinnen“ in Einladungen an dieselben. Aber ist unsere Sprache nicht maskulin-patriarchalisch? Feminine Wortformen werden subsumiert, maskulinen Wörtern untergeordnet. Unsere Sprache verrät das seit Jahrtausenden gewünschte patriarchale Rollenverständnis, das der Frau eine untergeordnete Stellung zuweist.
Wie weit sogar Frauen dies verinnerlicht haben, zeigt ein Leserbrief in den Zeitungen des Medienhauses Bauer, Marl, vom 09. 03. 2016. Darin bezeichnete sich eine Frau „als Atheisten“, „als Wähler“, als „Ex–DDR-Bürger“!
Die Gleichberechtigung ist den Frauen nicht in den Schoß gefallen. Sie musste auch in Deutschland von ihnen bitter erkämpft werden und ist noch heute längst nicht vollständig verwirklicht. Die meisten der wenigen Frauen, die in Wirtschaft und Politik Spitzenpositionen inne hatten, mussten sich Hosen anziehen, Männerallüren annehmen, um sich behaupten zu können. Das ist heute kaum anders. Sie sind Patriarchalinnen.
Selbst Alice Schwarzer ist dies nicht bewusst. Sie hat die Emma autoritär geführt und plädiert dafür, dass Frauen in der Bundeswehr ihren Mann stehen. Sie sagt es nur anders.
Die Frau als Dienerin des Mannes, stammt sie doch aus dessen Rippe. So steht es in der Bibel. Und so verlangte es Apostel Paulus: Die Frau sei dem Manne „untertan“. Das Patriarchat hat seinen Ursprung im Monotheismus.
* Datum korrigiert und Text ergänzt
** Aus der Broschüre Recklinghäuser FRAUEN-Bewegung, 2006
Autor:Dietrich Stahlbaum aus Recklinghausen |
1 Kommentar
Keine Angst vor Feminismus!
Auf Facebook schrieb ein User dazu:
„Was hier dem Feminismus zugeschrieben wird, ist tatsächlich die Idee der Menschenrechte. Die Verkürzung auf die Differenz Mann Frau unterläuft das menschenrechtlich universalistische Postulat.“
Dies erinnert mich an das leninistische Dogma der Unterordnung der Frauenfrage als „Nebenwiderspruch“ unter den „Hauptwiderspruch“, mit dem in den 68er Jahren orthodoxe Marxisten gegen die neue Frauenbewegung ins Feld gezogen sind. Ein Aufstand der Frauen gegen die Männerherrschaft war auch in antikapitalistischen Zirkeln unerwünscht.
Der Feminismus, entstanden Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts, war die Antwort darauf, dass die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte durch die französische Nationalversammlung (1789) sich nur auf Männer bezogen und die Grundrechte für Frauen eingeschränkt hat. Dagegen hat als erste Olympe de Gouges (1791) protestiert. Sie „stellte den 17 Artikeln“ dieser Erklärung „in 17 Artikeln ihre Frauenrechte gegenüber, die den berühmten Satz enthielten:
»La femme a le droit de monter sur l ’échafaud; elle doit avoir également celui de monter à la Tribune.« (Die Frau hat das Recht das Schafott zu besteigen. Gleichermaßen muss ihr das Recht zugestanden werden, eine Rednertribüne zu besteigen.) Quelle: Olympe de Gouges: »Déclaration des droits de la Femme et de la Citoyenne«
Politische Mitwirkungsrechte, die in der Revolution zunächst erkämpft oder eingeräumt wurden, wurden bald wieder eingeschränkt. Olympe de Gouges wurde 1793, nachdem sie Robespierre öffentlich angegriffen und eine Abstimmung über die Staatsform gefordert hatte, auf Veranlassung des Revolutionstribunals hingerichtet.
1792 veröffentlichte die englische Schriftstellerin Mary Wollstonecraft ihr Werk »Vindication of the Rights of Woman« (Die Verteidigung der Frauenrechte), in dem sie die Lage der Frauen als gefangen in einem Netz falscher Erwartungen analysierte. Sie plädierte dafür, dass Frauen sich ausbilden können, um sich selbst zu erhalten. Frauen könnten z. B. genauso Ärzte sein wie Männer. Basis der Ehe sollte Freundschaft, nicht die körperliche Anziehung sein. Ihr Ziel war die Erlangung der vollen Bürgerrechte für alle Frauen.“ [Wikipedia]
Feministinnen haben entscheidend dazu beigetragen, dass heute die vollen Bürgerrechte für alle Frauen in Deutschland und in anderen europäischen Länden gesetzlich verankert sind; verwirklicht sind sie noch nicht. Das Patriarchat ist längst nicht überwunden. Es ist immer noch vorhanden in den realen gesellschaftlichen Strukturen, am auffälligsten in der katholischen Kirche, und verdrängt im Unbewussten vieler meiner Geschlechtsgenossen.