Alltagstest für die Kunst
Christof Belmann-Weinrich hat Pläne für die „Galerie im Drübbelken“

Kurator Christof Belmann-Weinrich (l.) führt bei einer Vernissage stets in die Werke der Künstler ein. | Foto: Demuth
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Nach Künstlern suchen muss Christof Belmann-Weinrich nicht. Er ist Kurator der Ausstellungsreihe „Galerie im Drübbelken“. Seit 1985 bietet die Gastronomie „Drübbelken“ in der Recklinghäuser Altstadt Künstlern ein Forum, sich zu präsentieren. Das Format ist begehrt, und Belmann-Weinrich erhält viel mehr Bewerbungen, als er berücksichtigen kann.

„Ich bekomme circa fünfmal so viele, wie ich annehme“, erzählt der 46-jährige Kunsthistoriker. Kneipe, Restaurant und Galerie in einem ist das „Drübbelken“ an der Münsterstraße 5. An den hell gestrichenen Wänden steht rund 70 Quadratmeter behängbare Fläche zur Verfügung. Darunter – vor dunkler Wandtäfelung und auf dunklen Holzstühlen – sitzen die Gäste, trinken Kaffee oder Bier, essen Pizza oder Leberkäse. „Manchmal weise ich darauf hin, dass es eine Gaststätte ist“, will Belmann-Weinrich sicherstellen, dass die Künstler wissen, dass sie keine reguläre Galerie erwartet.
Doch genau die Kombination mit der Gastronomie macht den Reiz für viele Künstler aus. „Wir sind sehr frequentiert“, sagt der Kurator. „Die Künstler haben keine Lust mehr, Orte zu bestücken, zu denen keiner kommt. Bei der Vernissage noch, aber danach nur zwei, drei Besucher am Tag.“ Außerdem sei das „Drübbelken“ mitten im Leben und habe ein sehr gemischtes Publikum. „Mittags kommt der Banker, und abends wird am Tresen gepichelt.“
Daneben hat Belmann-Weinrich festgestellt, dass die Künstler es schätzen, dass die Ausstellungen kuratiert würden und dass er sie und ihre Werke bei den Vernissagen mit einem Text vorstelle. „Sie nehmen wahr, dass da jemand dahintersteckt, der sich damit beschäftigt.“

„Mittags kommt der Banker, und abends wird am Tresen gepichelt.“

Seit etwa elf Jahren ist Christof Belmann-Weinrich als Gastromitarbeiter im „Drübbelken“ tätig. Anfang 2017 hat der studierte Kunsthistoriker die Verantwortung für die Ausstellungen in der Galerie übernommen, nachdem der neue Besitzer, Daniel Hageleit, ihn gefragt hatte.
Belmann-Weinrichs Ziel ist es, die Galerie etwas professioneller aufzustellen. Das fängt mit der neuen Website an, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Aber auch die Qualität der ausgestellten Werke möchte er steigern. „Eigentlich habe ich mir vorgenommen, nur noch Künstler zu nehmen, die eine bestimmte Professionalität und zum Beispiel Design oder Kunst studiert haben“, erläutert er, um gleich darauf einzuschränken: „Es ist eine Kneipe, da muss man auf dem Boden bleiben.“ Die ersten beiden Ausstellungen unter seiner Regie gestalteten James Larsen und im Anschluss Markus Jöhring. „Damit habe ich die Latte ziemlich hochgelegt. Daran möchte ich mich orientieren.“
Was Kunstgattungen angeht, ist Belmann-Weinrich für Malerei genauso offen wie für Grafik und Fotografie. Beim Stil eines Künstlers mag er kein Sammelsurium. „Ich will eine künstlerische Linie sehen. Ich will sehen, dass jemand ein Thema oder ein Problem verfolgt.“ Dabei müsse die Kunst nicht seinem eigenen Geschmack entsprechen. „Ich stelle auch aus, was ich mir selbst nicht hinhängen würde“, verrät der 46-Jährige.

Mehr Künstler von außerhalb

Als weiteres Ziel hat er sich vorgenommen, mehr Kunst von außerhalb zu präsentieren, „und nicht Künstler, die vor drei Wochen woanders in Recklinghausen ausgestellt haben“. 19 Ausstellungen hat Belmann-Weinrich bisher kuratiert, und es waren Künstler aus Wien, Bonn und Leipzig darunter. Welche aus Bremen und Berlin werden demnächst folgen. Darüber hinaus hat er die Schlagzahl der Schauen erhöht. Neun bis elf im Jahr möchte er umsetzen. „Früher waren die Ausstellungen zwei Monate lang.“ Doch er möchte mehr Künstlern die Möglichkeit geben, ihre Bilder zu zeigen. Auch gibt es nun Ausstellungen darunter, die nur drei Wochen dauern. „Dann kann mal mehr ins Extreme gehen“, sagt der Kurator.
Einmal hat er bisher bei seiner Auswahl daneben gelegen. Es sei ihm klar gewesen, dass es ein Versuch werde, so Belmann-Weinrich, und tatsächlich seien die Bilder des Künstlers schlecht angekommen. „Die Leute haben gefragt, wann wieder etwas Neues kommt. Da habe ich ihnen zu viel zugemutet.“
Als Alltagstest für die Kunst bezeichnet Christof Belmann-Weinrich die Ausstellungen in der „Galerie im Drübbelken“, mit denen er durchaus eine pädagogisch-didaktische Absicht verbindet, die aber immer auch ein Stück weit dazu dienen, die Gaststätte zu schmücken und das Publikum zu unterhalten.
Grundsätzlich kommt die Kunst über ihren Köpfen bei vielen Gästen gut an. „Manche interessiert es gar nicht“, weiß der Kurator. Aber nachmittags kämen Besucher gezielt, um sich die Werke anzusehen, und das abendliche Publikum diskutiere über die Werke. „Wir haben eine recht künstlerische Klientel, und da bekommen wir Kritik und Nachfragen.“

Aktuelle Ausstellung

Noch bis zum 16. März ist in der „Galerie im Drübbelken“ die kontrastive Ausstellung „Two Sides of Outside“ zu sehen. Sowohl die Werke von Guido Ross (Recklinghausen) als auch von Peter Quiskamp (Marl) entsprechen nicht dem Mainstream. Während Ross die Betrachter seiner Acrylgemälde in eine Märchen- und Fantasywelt entführt, sind Quiskamps Kohlezeichnungen von Expressionismus und Surrealismus beeinflusst.

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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