„Archäologisch höchst interessant“: Brunnen-Funde auf der Arcaden-Baustelle
Im Zuge der fortschreitenden Arbeiten auf der Arcaden-Baustelle sind weitere archäologische Funde gemacht worden: Nachdem in den vergangenen Wochen bereits Artefakte aus der jüngeren Vergangenheit Recklinghausens freigelegt worden waren, unter anderem ein Grabstein aus dem 20. Jahrhundert, sind die Bagger nun in tiefere Bodenschichten vorgedrungen. Dabei sind mittlerweile acht historische Brunnen zum Vorschein gekommen. Weitere Funde werden nicht ausgeschlossen.
Darunter befinden sich drei Baumstammbrunnen, vergleichbar mit dem, der 1968 im Bereich Paulsörter gefunden wurde. Einen der Brunnen konnte Arno Straßmann, ehrenamtlich Beauftragter für die Bodendenkmalpflege in Recklinghausen, komplett untersuchen. Im Inneren hat Straßmann einen gut erhaltenen Krug, Keramikreste, Metallteile und Tierknochen gefunden. „Erstaunlicherweise haben sich am Grunde des Brunnens auch eine lederne Schuhsohle sowie Reste von Eierschalen erhalten, die normalerweise längst verrottet sein müssten“, sagt Straßmann.
In der Nähe des Barbarossa City-Hotels stießen die Bauarbeiter in sieben Meter Tiefe auf einen weiteren Brunnen. Ein außergewöhnlicher Fund, denn dieser sogenannte Kastenbrunnen weicht in seiner Bauweise gänzlich von allen bisher aus Westfalen bekannt gewordenen Holzbrunnentypen ab: senkrechte Bohlen mit dahinter verzapften waagerechten Längshölzern. „Diese Art von Brunnen kennt keiner der Kollegen aus meinem Fachbereich“, sagt Mark Schrader vom „LWL – Archäologie für Westfalen“ in Münster. Der wissenschaftliche Volontär entnahm Proben des Brunnens zur Bestimmung des genauen Alters (dendrochronologische Untersuchungen). Zudem soll ein 3D-Modell angefertigt werden.
Die Brunnen-Funde ermöglichen neue Einblicke in die Recklinghäuser Stadtgeschichte. „Das ist archäologisch höchst interessant“, sagt Arno Straßmann. „Rückschlüsse lassen sich nicht nur aus der großen Anzahl von Brunnen auf kleinstem Raum ziehen, sondern auch aus dem Zeitraum vom Bau der Brunnen um 1400 bis zu ihrer Stilllegung im frühen 16. Jahrhundert.“ Straßmann geht davon aus, dass die Fläche, die damals am Rand der Stadt lag, vor 1500 stark besiedelt war. Im Jahr 1500 wurde Recklinghausen durch eine Feuersbrunst fast vollständig zerstört. Einige Stadtteile, darunter das untersuchte Areal der Arcaden-Baustelle, wurden anschließend nicht wieder aufgebaut. Das passt zu einem Bericht aus dem Jahre 1527, in dem von einem Mann geschrieben wird, der sich „der Pestilenz willen auf dem abgelegenen und menschenleeren Löhrhof aufhalten musste“.
Unterstützt wird der Bodendenkmalexperte bei seinen Arbeiten von Mitgliedern der Gilde der Stadtführer sowie von Mitarbeitern der Stadt. „Die Stadt ist für das Engagement der Gilden-Mitglieder sehr dankbar“, sagt Josef Aulke, der städtische Beauftragte für Denkmalschutz.
Ermöglicht wird die archäologische Forschung auch dank des Arcaden-Investors mfi, management für immobilien AG, der die Arbeiten auf den entsprechenden Flächen der Großbaustelle für die Zeit der Ausgrabungen ruhen lässt. „Wir haben die Untersuchungen von Beginn an unterstützt und freuen uns, dass wir so einen Beitrag zur weiteren Erkundung der Stadtgeschichte leisten können“, sagt mfi-Projektmanager Francisco Morillo.
Autor:Lokalkompass Recklinghausen aus Recklinghausen |
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