Experten
Kommt die Westbahn bis 2030?
Ratingen. Das positive Ergebnisse der Machbarkeitsstudie für die Westbahn hat dem Projekt neuen Auftrieb gegeben. Die Gutachter zweier Ingenieurbüros waren zu dem Ergebnis gekommen, dass die Reaktivierung des Streckenabschnitts zwischen Duisburg-Wedau und Düsseldorf-Rath "machbar, finanzierbar und sinnvoll" sei (das Wochenblatt berichtete). Im Rahmen der Veranstaltung "Dialog Stadt-Wirtschaft" ließen sich die Teilnehmer vom VRR-Experten Ralf Dammann die Studie genauer erläutern. Dabei wurde deutlich, wie detailliert Infrastrukturmaßnahmen dieser Größenordnung geplant werden. Und: Wie ungewiss die Zeitschiene ist, auf der die Westbahn rollen könnte. Was spricht für, was gegen die zügige Realisierung?
Warum Projekte wie die Westbahn gerade jetzt "solch eine Power" entwickeln, erklärte UVR-Chef Olaf Tünkers mit dem "veränderten Mindset" heutzutage: "In den Köpfen tut sich was, die Zeit ist reif für die Westbahn", sagte er. Sprich: Der positive Effekt, den eine solche Bahnverbindung für die Umwelt hätte, wiegt heute viel schwerer als noch vor einigen Jahren. Verkehrsexperte Dammann lieferte dazu konkrete Zahlen: In einer einfachen Planungsvariante mit 4600 Zugfahrten pro Werktag könnte die Westbahn 61000 Pkw-Fahrten ersetzen, sagte er.
"Die Westbahn ist eine gigantische Chance"
Gerade für eine Pendlerstadt wie Ratingen mit 60000 Pendlerbewegungen pro Tag, sei das "eine gigantische Chance", betonte Tünkers. Für Düsseldorf und Duisburg natürlich ebenso, weswegen es zwischen den anliegenden Kommunen, dem Kreis und dem VRR spätestens seit der gemeinsamen "Wedauer Erklärung" 2016 eine enge Kooperation gibt. Dass die Nachfrage nach Personennahverkehr auf dieser Strecke auch im Jahr 2030 groß sein werde, haben die Gutachter ebenfalls berechnet. Dazu verwendeten sie Bevölkerungs- und Flächenentwicklungsprognosen ebenso wie die Strukturdaten des Einzugsgebietes, erklärte Dammann.
Auch die Investitionskosten für unterschiedlich großzügige Streckenvarianten haben die Gutachter kalkuliert. Inklusive Lärmschutz, Gleisaus- und Bahnhofsumbau sowie Planungskosten liegen sie in der Variante A) bei 108 Millionen Euro. Aber: "Am Geld wird es nicht scheitern", sagte Tünkers. Das habe Staatssekretär Dr. Jan Heinisch vom Ministerium für Kommunales und Bau bei seinem letzten UVR-Besuch versprochen.
"Sonst gelingt die Verkehrswende nicht"
Was könnte ein so sinnvolles, finanzierbares, erwünschtes und machbares Projekt dann bremsen?
Da gibt es eine Reihe von Faktoren. Vor allem ist die Planung schwierig, weil so viele Akteure beteiligt sind. Neben den Städten, dem Kreis und dem Land (also Ministerien) auch der VRR, die Deutsche Bahn, die Bahnflächen-Entwicklungsgesellschaft (BEG) und, und, und. Und je nach dem, in welcher Planungs- bzw. Umsetzungsphase man sei, habe eine andere Behörde 'den Hut auf', erklärte Ralf Dammann.
Konkret: Wenn man jetzt den nächsten Schritt gehen wolle, müsse erneut vorher geklärt werden, wer dafür die Kosten trägt. Immerhin geht es dabei um mehrere Millionen Euro... Aber bevor die Westbahn gebaut werden kann, muss die Deutsche Bahn ohnehin erst den Ausbau für den "Rhein-Ruhr-Express" (RRX) fertig haben, denn solange wird der Abschnitt als Umleitungsstrecke benötigt.
Und dann sind da ja noch die unberechenbaren Anwohner, die durch Klagen schon so manches Infrastrukturprojekt über Jahre blockiert haben, hieß es. 70 Prozent aller Klagen kämen allerdings von Behörden, nahm Thomas Lennertz von der BEG die Bürger in Schutz. Trotzdem dauere die Umsetzung viel zu lange, allein für S-Bahn-Strecken heutzutage durchschnittlich 17 Jahre. "Wenn wir das nicht ändern, gelingt die Verkehrswende nicht", warnte er, und plädierte nachdrücklich dafür "kreative neue Wege für die Westbahn zu finden".
Jochen Kral pflichtete ihm bei: Jetzt sei Risikobereitschaft gefragt, sagte der Baudezernent, der sich viel von Gesprächen im RegioNetzWerk erhofft, in die er den VRR stärker einbinden möchte. Der nächste Termin ist Anfang November.
Es bedarf sicherlich noch vieler Termine. Denn wie hatte Bürgermeister Klaus Pesch zu Beginn des Abends gesagt: "Beharrlichkeit ist eine der Königsdisziplinen, wenn man in Deutschland Infrastrukturprojekte umsetzen möchte."^[
Autor:Thomas Zimmermann aus Ratingen |
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