Sonderausstellung in Ratingen
Im Paradies des Tausendsassas
„Alle Phänomene haben die Qualität ästhetische Informationen zu tragen. Man muss ihnen nur den Raum geben.“ So fasst Boris Nieslony seine Philosophie und Arbeitsweise zusammen. Und weil der in Köln lebende Künstler obendrein vielseitig interessiert und trotzdem fokussiert ist, wurde aus dem Mann beinahe zwangsläufig ein Tausendsassa. Oder, wie es in der Ankündigung des Museums Ratingen heißt, ein „international gefragter Performer, Installationskünstler, Bild- wie Begriffsforscher, Pataphysiker und Archivar“.
„Als ich Maler werden wollte, hatte ich ganz schnell Schwierigkeiten mit der Hierarchie“, erzählt der 1945 Geborene im Pressegespräch. Deshalb sei er „den Weg über das Wahrnehmen“ gegangen und habe dabei festgestellt: „Es gibt da keine euklidischen Gesetze.“ Nieslony, das wird schnell klar, ist jemand der die Dinge sehr gründlich in Frage stellt.
Abtauchen, befragen und neu erschaffen
Abzutauchen auf den Grund und anschließend nicht nur den Inhalt, sondern auch das Medium für den Betrachter überraschend zu variieren, das ist ein Kennzeichen seiner Kunst. Die Bildbefragung und die Performance waren für Nieslony seit seinen Anfängen essentiell und immer schon Triebfedern seines Schaffens. 1981 etwa lud er zu einem „Konzil“ in Stuttgart ein, bei dem 100 Performancekünstler 30 Tage lang miteinander arbeiteten und diskutierten, und noch 2010 initiierte er das Aktionslabor PAErsche, das seither Begegnungen und Aufführungen von über 30 Künstlern aus der Rhein-Ruhr-Region ermöglicht.
„boris nieslony: das es geschieht“ heißt etwas sprachverliebt die Sonderausstellung, die das Museum Ratingen derzeit zeigt, und die sie im erweiterten Titel treffend „werkschau eines halbruhigen, 2019-1975“ nennt. Bereits 2016/17 haben die Planungen für diese Ausstellung in Kooperation mit dem Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn begonnen, berichtet Museumsleiterin Wiebke Siever. Außer dieser langen Vorbereitungszeit sei es auch etwas Besonderes, wie sehr sich der Künstler auf die Räume des Ratinger Museums eingelassen habe. Vier Wochen habe Nieslony sich für den Aufbau Zeit genommen. Einige Exponate würden erstmals gezeigt, andere, wie die Installation „Das Paradies“, hätten beim Aufbau in Ratingen sogar noch an Volumen zugenommen.
"Ein Paradies entsteht nicht über Nacht"
„Ein Paradies entsteht eben nicht über Nacht, das kann man nicht zusammenschustern“, kommentiert Nieslony Siewers Ausführungen - ohne jedes Pathos, und ganz so, als ob der Aufbau von Paradiesen etwas jedem Geläufiges sei. Und dann fügt er noch so einen für ihn typischen Satz hinzu: „Am Paradies habe ich am meisten den Respekt vor dem Nichts gelernt.“ Ein kleiner Partikel, sagt er in die fragenden Gesichter, könne alles tragen. Auch das hänge lediglich von der Wahrnehmung ab.
Noch bis 6. Oktober kann sich jeder Besucher im Museum am Peter-Brüning-Platz 1 mit dieser steilen These auseinandersetzen.tz Auch diese Fotomontage aus dem Jahr 2018 ist Bestandteil der Sonderausstellung.
Autor:Thomas Zimmermann aus Ratingen |
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