Zwei Pfarrer aus Ratingen West wollten wissen: „Was bedeutet Heimat für Sie?
„Heimat ist ein Sehnsuchtsort!“
Gelebte Ökumene: „Heimat“ – so lautet die ökumenische Fotoausstellung, die in den kommenden Wochen in zwei Kirchen am Maximilian-Kolbe-Platz in Ratingen West stattfindet. Die beiden Pfarrer Ulrich Kern und Matthias Leithe laden alle interessierten Menschen zu einem regen gemeinsamen Austausch zu diesem Thema ein. Begleitet wird die Ausstellung von zahlreichen Themen- und Liederabenden.
Mit im Boot bei diesem Projekt ist Beate Meurer. Sie ist Öffentlichkeitsreferentin des Kirchenkreises Düsseldorf-Mettmann. 40 Menschen hat sie fotografisch porträtiert und ihnen die Frage gestellt: „Was bedeutet Heimat für Sie? Und was ist Ratingen West für Sie?“
„Hingegen aller Vorurteile, die es in Bezug auf diesen Ratinger Stadtteil als sogenannten‚ sozialen Brennpunkt‘ gibt, kann ich sagen, dass keiner der Porträtierten ein negatives Bild von seinem Wohnort hat“, so Beate Meurer. Da ist beispielsweise Irma Junemann. Ihre Familie wohnte bis 1931 an der Wolga und wurde dann nach Kasachstan verschleppt. 1991 kam sie aus der ehemaligen UdSSR nach Deutschland. Sie ist eines der Kinder, die in einem Jahrzehnt des Krieges, der Umbrüche und des Schreckens geboren wurde, erzählt die heute ältere Dame, was Heimatverlust bedeutet, habe sie schon als Kind hautnah miterlebt. Nun lebt sie seit vielen Jahrzehnten hier in Deutschland, in Ratingen. Und dies sei für sie ohne Frage ihre Heimat. Oder der aus Sri Lanka stammende Tony Jayawarden, der nach der Schule die Welt entdecken wollte und 1971 auf der Insel Sylt landete. Aus beruflichen Gründen zog er gemeinsam mit seiner Frau nach Ratingen West. „Ratingen West habe ich inzwischen in mein Herz geschlossen. Ich bin in der katholischen Kirchengemeinde aktiv, singe in zwei Chören und fühle mich hier beheimatet“, ist sein positives Fazit. Viele solcher Lebenswege hat Beate Meurer gehört.
Gesicht und Stimme für den Stadtteil
„Ich bin zu den Menschen gegangen und habe viele Geschichten gehört und teilweise sehr persönliche Eindrücke von ihrem Leben gewonnen. Dabei war der Blick dieser Menschen auf Ratingen West, immer positiv.“ Und das, obwohl gerade in einem Stadtteil, wie Ratingen West, in dem Menschen aus aller Welt leben, es sehr spannend sein kann, darüber nachzudenken, was „Beheimatung" bedeutet. Dem katholischen Pfarrer Ulrich Kern, und dem evangelischen Pfarrer Matthias Leithe, war dies von Anfang an bewusst. Ein Platz – zwei Kirchen. Die Versöhnungskirche auf der einen Seite des Maximilian-Kolbe-Platzes, die Heilig-Geist-Kirche auf der anderen Seite. Und in der Mitte die beiden Pfarrer, die ihrem Stadtteil „Gesicht und Stimme“ geben wollen und diesen Platz zu einem Platz der Begegnung machen. „Einzelne Menschen sind hier aufgewachsen, einige zugezogen und viele haben einen Migrationshintergrund oder eine Fluchtgeschichte. Kein Wunder, dass die Antworten oft überraschend und sehr vielfältig ausfielen“, so Pfarrer Leithe. „Ein großer Spannungsbogen also. Der Stadtteil ist geprägt von Integration. Deutlich wurde bei diesem Projekt bisher, dass „Heimat“ viele Facetten haben kann. Dazu können Erinnerungen, Gerüche, eine Melodie oder ein Geschmack gehören.“ So bei Laura Wolff. Ihr kleiner „Heimat-to-go-Moment“ ist, wenn sie ein Gewürzglas mit dem von ihrer griechischen Verwandtschaft gepflückten Oregano öffnet. „Dieser Duft symbolisiert für mich in einem besonderen Maße Heimat“ erzählt sie. Für Elke Claussen, deren Heimat Aurich in Ostfriesland ist, bedeutet Heimat, Wohlbefinden, Familie, Geborgenheit, Erinnerung - und ein guter Ostfriesentee, der seinen eigenen Geschmack für sie nur dort in der Heimat hat. Pfarrer Ulrich Kern sieht in dem, in der Vergangenheit oft belasteten Begriff „Heimat“, daher keine Wahrheit sondern eine Empfindung. „Heimat ist ein Sehnsuchtsort“, so der katholische Pfarrer. „Wir möchten zum gemeinsamen Nachdenken darüber einladen. Und dazu, den Menschen neben uns wahrzunehmen ‚Was brauchen wir, um uns hier in Ratingen West heimisch fühlen zu können?‘ Dabei können auch religiöse Empfindungen eine Rolle spielen.“
Zu sehen sind die Portraits in den Räumen der katholischen Heilig-Geist- Kirche und der evangelischen Versöhnungskirche am Maximilian-Kolbe-Platz. Eine Broschüre mit allen Portraits und Textbeiträgen liegt aus. Nähere Infos zu den Themenabenden gibt es unter: vomhimmelhoch.de und view-wp.heiliggeist-ratingen.de
Autor:Astrid von Lauff aus Velbert-Langenberg |
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