Im Gespräch mit Michaela Noll

Michaela Noll ist seit zwölf Jahren Mitglied des Bundestags. | Foto: Michael de Clerque

Mit reichlich motivierendem Rückenwind ist Michaela Noll in die 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages gestartet. Die CDU-Politikerin gewann den hiesigen Wahlkreis haushoch vor SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, sie wurde mit 98 Prozent erneut zur parlamentarischen Geschäftsführerin der christdemokratischen Bundestagsfraktion gewählt und Ministerin Ursula von der Leyen hat sie in den Verteidigungsausschuss geholt. In unserem Interview lesen Sie, was Michaela Noll sich für die nächsten vier Jahre auf die politische Fahne geschrieben hat und was sie dabei insbesondere für ihren Wahlkreis tun will.

Wochen-Anzeiger: Sie haben mit Peer Steinbrück um den Wahlsieg gewettet. Hat er seine Wettschuld mittlerweile eingelöst?
Michaela Noll: Ja, und der Saint-Émilion war gut! Ich hatte ja auf sechs Flaschen Rotwein gehofft und unsere Wette auch so in Erinnerung, aber es sind nur drei geworden. Peer Steinbrück hatte gewettet, dass die CDU aus der Regierung fliegt. Weil sie aber Teil der Großen Koalition ist, habe ich immerhin drei Flaschen bekommen. So oder so: Die Freude war groß, denn der Rotwein hat außerordentlich gut geschmeckt.

Wie sind denn die ersten Geschmackserlebnisse in der Großen Koalition?
Im Hinblick auf die langen Koalitionsverhandlungen, geht es jetzt recht zügig voran. Wir haben bis zu den Sommerferien fast ausschließlich Doppelblockwochen, die mit intensivem und konzentriertem Arbeiten verbunden sind. Bislang ist das Klima gut.

In welchen Punkten sehen sie das größte Konfliktpotenzial innerhalb der Großen Koalition?
Konflikte könnte es in den klassischen Themenbereichen geben, für die beide Regierungsparteien stehen: beispielsweise Soziales bei der SPD und Wirtschaftsthemen bei der CDU. Ich denke aber, dass es eher gilt, gemeinsam zu arbeiten. Die zukünftige Energiepolitik Deutschlands ist so ein Thema, bei dem alle Parteien im Bundestag ein gemeinsames Ziel verfolgen sollten.

Stichwort: Rente mit 63.
Das ist ein schwieriges Thema. Vor allem: Wer kann mit 63 Jahren den Nachweis über 45 Beitragsjahre in der Rentenversicherung erbringen? Der Einstieg ins Berufsleben beginnt ja heutzutage immer später. Wir stehen da am Anfang einer Diskussion und sollten uns wegen einer Anpassung nicht von anderen europäischen Ländern unter Druck setzen lassen, in denen die gesetzliche Lebensarbeitszeit nicht erst mit 67, sondern schon früher endet.

In der letzten Legislaturperiode haben Sie sich für die Mütterrente stark gemacht.
Ja, dafür bin ich in Berlin fleißig in die Bütt gegangen. Im Ernst: Es geht hier um die Wertschätzung der Erziehungsleistung. Das hat mir erst gestern wieder eine Frau in meiner Bürgersprechstunde bestätigt. Endlich sei in Berlin ein deutliches Signal gesetzt worden, dass die Arbeit von Müttern Anerkennung finde. Inhaltlich sind CDU und SPD sich in Bezug auf die Mütterrente einig. Jetzt gilt es in der Koalition zu klären, wie sie finanziell gestemmt werden soll.

Sie sprachen gerade von Ihrer Bürgersprechstunde. Mit welchen Themen kommen die Menschen zu Ihnen?
Es sind nicht die großen Themen der Bundespolitik. Oftmals kommen Bürger in meine Sprechstunde, wenn sie sich über irgendetwas besonders geärgert haben. Zum Beispiel über einen Mahnbescheid. Es kann aber auch sein, dass Eltern kommen, deren Kind Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt hat und schwer vermittelbar ist. Sie fragen dann nach Möglichkeiten. Es gibt auch Bürger, die einen Verein gründen und wissen möchten, welche Fördermittel sie beantragen können. Das Themenspektrum in der Bürgersprechstunde umfasst die ganze Spannbreite des Lebens. Für manche Bürger bin ich die erste Ansprechpartnerin, für andere die letzte Instanz, von der sie sich Hilfe erhoffen. Manche kommen ohne Voranmeldung, andere bringen gleich mehrere Aktenordner mit.

Welche Themen aus Ihrem Wahlkreis nehmen Sie mit nach Berlin? Welche Interessen sollten wahrgenommen werden?
Mir liegt das neue Bundeskinderschutzgesetz sehr am Herzen. In Berlin wird gerade beraten, wo Nachbesserungsbedarf besteht. Hier stehe ich in engem Kontakt mit den Einrichtungen in meinem Wahlkreis, beispielsweise mit den Jugendämtern oder dem Hildener Frauenhaus. Auch Mehrgenerationenhäuser sind ein Thema im Koalitionsvertrag. Hier möchte ich gerne eine Weiterfinanzierung der Einrichtung in Monheim ans Laufen bringen. Das Monheimer Genrationenhaus hat eine sehr hohe Akzeptanz und tolle Projekte, die gefördert werden sollten. Mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt möchte ich über die Haltestellensituation in Langenfeld diskutieren. Hier kann das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Und als neues Mitglied im Verteidigungsausschuss will ich selbstverständlich den ohnehin schon guten Kontakt zur Hildener Waldkaserne noch weiter intensivieren.

Wo werden Sie im Verteidigungsausschuss ihre Arbeitsschwerpunkte setzen?
Bei der Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Nehmen wir die Hildener Waldkaserne als Beispiel: Ich möchte wissen, wie es dort um die Vereinbarkeit von Privat- und Arbeitsleben bestellt ist und wie es um die Kinderbetreuung vor Ort steht. Mir sind Gespräche mit den Soldaten wichtig. Ich will wissen, wie sie persönlich ihre Situation und ihren Arbeitsplatz wahrnehmen. Schluss­endlich soll die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber sein, und dazu gehört auch die Vereinbarkeit von Familie und Dienst.

Die Bundeswehr ist heute mehr um Attraktivität bemüht als früher. Eine Folge der Abschaffung unserer Wehrpflicht?
Ganz sicher. Die Bundeswehr sucht händeringend gute Leute. Dafür muss sie aber auch gute Rahmenbedingungen schaffen. Dafür will ich mich einsetzen. Andererseits muss man die Bundeswehr wieder mehr ins Bewusstsein der Bürger rücken. Der Satz „Wir dienen Deutschland“ ist für mich ganz wichtig. Er drückt aus, dass Soldaten in Ausübung ihres Amtes für uns unterwegs sind. Ich würde mir wünsche, dass sie mehr Anerkennung finden. Als es in Deutschland noch die Wehrpflicht gab, war die Bundeswehr fester in der Gesellschaft verankert. Die Akzeptanz war größer. Das muss wieder so werden.

Michaela Noll im Verteidigunsausschuss – gibt es Skeptiker, die Ihnen unterstellen, dass Ihnen die dafür nötige Kompetenz fehlt?
Natürlich ist die Bundeswehr eine ganz andere Welt mit einer anderen Sprache. Aber die lernt man schnell, so wie man sich in jeden neuen Arbeitsbereich einarbeitet. Einen praktischen Einblick habe ich schon vor vier Jahren bekommen: Bei einem Lehrgang für zivile Führungskräfte war ich für eine Woche beim Panzerbatallion am Truppenübungsplatz Munster stationiert. So richtig mit 20-Kilo-Marsch, Waffenkunde und Schieß­übung.

Mit Michaela Noll sprachen Stefan Pollmanns, Elmar Koenig­ und Bea Poliwoda.

Autor:

Lokalkompass Langenfeld - Monheim - Hilden aus Monheim am Rhein

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