St. Josef liegt im Sterben / Das Monheimer Krankenhaus ist offenbar nicht mehr zu retten

Vom Pflegefall zum Todekandidaten herabgestuft – das Monheimer St. Josef Krankenhaus an der Alten Schulstraße.
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Die Diagnose ist ernüchternd. Zwei Wochen lang hatte man im Rathaus offenbar alles versucht, um das Monheimer Krankenhaus – auch mit Hilfe städtischer Finanzspritzen – doch noch zu retten. Doch nachdem auch externe Wirtschaftsprüfer den Patienten nun nochmal tiefergehend auf Herz und Nieren geprüft haben ist klar: Es gibt keine Hoffnung mehr. St. Josef stirbt.

In der Woche vor dem Monheimer Stadtfest hatte der Kplus-Verbund offenbart, keinen interessierten Käufer für das Monheimer Krankenhaus gefunden zu haben. Ein Krankenhaus, in dem er ab dem 31. August die Maschinen abschalten will – weil er an ein wirtschaftliches Überleben nicht mehr glauben mochte.
Danach begannen die Volksseele und die Gerüchteküche zu brodeln. Hatte Kplus vielleicht gar nicht richtig gesucht, um sich unliebsame Konkurrenten vom Leibe zu halten? Stimmten überhaupt die erschreckenden Zahlen, mit jährlichen Millionen-Defiziten und gerade einmal noch zur Hälfte belegten Betten?

Sie stimmten offenbar! Und vieles scheint sogar noch viel schlimmer als bislang gedacht! Nach Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung erhielten der Bürgermeister und die externen Wirtschaftsprüfer der Firma Integritas auch Einblicke in das tiefergehende Zahlenwerk von Kplus. Details daraus dürfen sie nun natürlich nicht nennen. Aber das, was die Experten dort entdeckten, dürfte die Zahlen und Fakten, die es auch von woanders gab, nur unterstrichen haben.
Machen wir es also möglichst einfach: Auf acht bis zehn Millionen Euro bezifferte Monheims Stadtoberhaupt an diesem Montag allein die Kosten, um das Monheimer Krankenhaus überhaupt wieder wettbewerbsfähig zu machen. Vor allem in die bauliche Substanz, in die Renovierung der Patientenzimmer, in den OP-Raum und die Intensivstation müssten Millionen gepumpt werden. Zimmermann: „Es gibt dort immer noch Zimmer ohne eigene Toilette. Viele Räume versprühen den spröden Charme der 90er Jahre. Und mehr als ein klassisches Röntgengerät ist auch weder in der Chirurgie noch in der Abteilung für Innere Medizin zu finden.“ Kein CT also, kein MRT! „Allein die Kosten für die aufwändigen Krankentransporte, die Kplus jahrelang in seine benachbarten Häuser in Kauf genommen hat, hätten vermutlich für die Anschaffung eines solchen Gerätes gereicht“, vermutet Zimmermann. Mit dem alten Träger will er öffentlich dennoch nicht zu hart ins Gericht gehen. „Wirtschaftlich hat das vielleicht alles durchaus Sinn gemacht. Monheim war halt ein defizitäres Haus. Da investiert man vielleicht lieber an anderen Standorten.“ Und davon hat Kplus eben auch im Umland jede Menge.

Dass die Patienten in Folge dessen zu anderen Krankenhäusern abwanderten, belegen ebenfalls Zahlen. Da ist zum einen die miserable Betten-Auslastung. Und die wird auch durch die Tatsache untermauert, dass selbst die Monheimer, die zuletzt ein innermedizinisches oder chirurgisches Problem hatten, auf einem Gebiet also, in dem St. Josef noch als echter Spezialist galt, es zu 57 Prozent vorzogen, nach Langenfeld, Benrath, Leverkusen oder in die Uni-Klinik Düsseldorf auszuweichen. Zimmermann: „Viele niedergelassene Ärzte in Monheim haben das St. Josef-Krankenhaus nicht mehr empfohlen. Sie werden ihre Gründe gehabt haben. Zudem entscheiden ja auch die Patienten sehr bewusst, wo sie hingehen.“

Und auch für die Monheimer Parteien gibt es nun offenbar jede Menge Gründe, vor einer groß angelegten Wiederbelebungsmaßnahme zurückzuschrecken. Sowohl die Bezirksregierung als auch das Land stecken gerade mitten in Überlegungen und Prüfungen, die gleich zu einem doppelten Damokles-Schwert werden, das über Monheim schwebt. Da ist zum einen der Krankenhausbedarfsplan, an dem das Land gerade herumdoktert, und der bis 2015 in Kraft treten soll. Er sieht landesweite Bettenkürzungen in der Chirurgie (minus 5000) und in der inneren Medizin (minus 2000) vor. Kürzungen, die gerade Monheim mit seiner schlechten Bettenauslastung so gut wie sicher massiv treffen würden. Zudem fragt die Bezirksregierung nach dem angekündigten Ausstieg von Kplus gerade per Krankenhausgesetz pflichtgemäß die umliegenden Kliniken ab, ob sie die wenigen Monheimer Patienten wohl noch aufnehmen könnten. Und das wird sicher positiv ausfallen. Mindestens eine massive Bettenkürzung in Monheim wäre die Folge. Und 107 Betten waren schon wenig. „Es fällt uns jetzt auch auf die Füße, dass wir von vielen funktionierenden Krankenhäusern umgeben sind“, macht Monheims Bürgermeister klar. „Wären wir im Sauerland oder in der Eifel und das nächste Kreis-Krankenhaus viele Kilometer weit weg, dann sähe vielleicht einiges anders aus.“ So muss man wohl einfach schwarzsehen, und Monheim am Rhein steht vor den Trümmern eines jahrelangen Trading-Down-Effektes.

Hätte man als Stadt eher den Dialog suchen und eingreifen müssen? „Aus heutiger Sicht sicher“, gibt sich Zimmermann zerknirscht. „Aber 2009, als es hier richtig begann abwärts zu gehen, hätten wir als Stadt kein Geld gehabt, um zu helfen. Und nun, da wir es vielleicht hätten, ist der Zug leider abgefahren. Es wäre ein Himmelfahrtskommando.“

Was nun? Grundstück und Gebäude werden wohl an die katholische Kirche zurückfallen. Die hat bekanntlich auch zunehmend weniger Geld. Am Ende könnten sogar die Abrissbirne und ein Grundstücksverkauf drohen. Nun denkt man bei der Stadt an die Bildung eines Medizinischen Versorgungszentrums. „Das Angebot bei uns ist in den letzten Jahren immer schlechter geworden. Es gibt keinen Radiologen. Und versuchen Sie mal einen Termin beim Hautarzt zu bekommen“, nennt Monheims Bürgermeister bittere Tatsachen, gesteht aber auch: „Da stehen wir mit unseren Überlegungen ganz am Anfang. Wir waren jetzt zwei Wochen in eine ganz andere Richtung unterwegs. Wir wollten das Krankenhaus retten. Und die Einsicht, dass das nicht geht, tut nun erst einmal weh.“

Vielleicht hilft gegen den Schmerz ja auch die Auskunft, dass man vom Gesundheitsministerium inzwischen erfahren hat, das Kplus mit der anvisierten Geriatrie-Ausrichtung offenbar auch in eine völlig falsche Richtung unterwegs war. Zimmermann: „Das wäre bei so einem kleinen Haus, mit nur zwei Fachbereichen, wie hier, in Monheim, offenbar gar nicht genehmigungsfähig gewesen. Das Land will diese altersmedizinische Spezial-Versorgung eigentlich nur an größere Kliniken andocken.“ Somit scheint das Ableben von St. Josef ohnehin bevorgestanden zu haben. Es hätte sich nur noch eine Weile länger gequält. Was bleibt sind dennoch Bitternis und viele offene Fragen.

Vom Pflegefall zum Todekandidaten herabgestuft – das Monheimer St. Josef Krankenhaus an der Alten Schulstraße.
Bittere Erkenntnis: Auch in einer Stadt, in der es finanziell gerade so richtig rund läuft, ist leider nicht alles möglich, wenn ein Patient für klinisch tot erklärt wird. Das mussten auch Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann und der Beigeordnete Roland Liebermann am Ende einsehen.
Autor:

Thomas Spekowius aus Monheim am Rhein

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