Sagen wir mal so 10

Wir haben es weit gebracht.....

An den vergangenen Wochenenden tobte hier im Städtchen das Leben mit all seinen Vorkommnissen und events. Markt und Straßen gut gefüllt, out- und indoor-Gastronomie überboten einander. Live Musik und Chorgesang, Karusell und Mittelalter bis zum Abwinken.
Übrigens: Gastronomie! Da sitzt eine fröhliche Gesellschaft beim Wein im Gastgarten, der Grill hat seine Schuldigkeit getan, auch die erlesene mediterrane Küche wurde allgemein genutzt und gepriesen - der rheinischen Fröhlichkeit wurde also Vorschub geleistet und sie lässt auch nicht auf sich warten. Selbst der sonst so dröge Patchwork-Papi vom Heinz-Rocco gerät ins Plaudern, sodass die Lebensabschnittsgefährtin ihn ermahnt. "Schatz, nu ess mal zwischendurch wat!" Der Kellner - natürlich Oberkellner - gibt auf eine entsprechende Frage Bescheid: "Käseschnittchen führen wir nicht!" Der bestellte "Halve Hahn" teilt das Schicksal des Käseschnittchens, Steffis Omma dazu: " Dat jibt et doch nit, dat et kein Kässchnittcher jibt!" - Doch, das gibt es.
Seit ewigen Zeiten wird hier im Laufe des Abends in der Kneipe ein Käseschnittchen bestellt, damit man das Bier oder den Wein nicht so trocken runterwürgen muss, und das gibt es plötzlich nicht mehr? Steffi will das nicht wahrhaben und wendet sich an den Koch, der ihr unter Tränen des Bedauerns eine Absage erteilt. So schnell gibt Steffi nicht auf, wir wissen das noch aus der Geschichte mit den Intoleranzen.
Sie macht sich gegen 10 auf den Weg ins benachbarte Hotel-Restaurant, wo der neue Chef ein früherer Beinahe-Verehrer ist, wie sie erfreut beide feststellen. Bevor sie ihr Ansinnen loswerden kann, muss sie sich durch einige kleine Grappi arbeiten, dann aber lässt ihr der alte Anwärter einige Toasti mit dem fürs Frühstück gedachten Analog-Käse einpacken. Richtiger, anständiger Käse - wer bestellt denn sowas noch?
Als Steffi im Garten ihre Beute auspackt, setzt großes Stühlerücken ein: trotz größten Hungers ist niemand bereit, dieses Zeug zu essen, außer .... ja außer Steffi, denn wenn die jetzt nicht sofort was isst, ist das Fest gelaufen. Steffis Omma hat aber längst zu Hause angerufen und Kamil, der Nachbar kommt mit dem Rädchen auf den Hof und bringt Steffis Tupper-Käse-Dose; Ein Pfund Alter Holländer, Brie, Camembert, ein Stück Munster und zwei Rollen Mainzer. Der Kellner bringt Messer und Servietten gegen ein kleines Trinkgeld, sowie zwei weitere Behälter Möselchen. Kamil trinkt gern ein Schälchen mit, bevor er fröhlich klingelnd davonstrampelt.
Steffi muss, wenn Oma sie wach kriegt, Morgen früh zum Einkaufen, denn um 9 Uhr kommen die Turnschwestern zum Frühstück.

Autor:

Paul Scharrenbroich aus Monheim am Rhein

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