Monheim braucht jetzt ganz dringend einen Schulfrieden

Zwei, die auch nach dem amtlichen Endergebnis noch nicht wieder zueinander fanden: Helmut Wilk und Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann.
  • Zwei, die auch nach dem amtlichen Endergebnis noch nicht wieder zueinander fanden: Helmut Wilk und Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann.
  • hochgeladen von Thomas Spekowius

Der Monheimer Bürgerentscheid zur Rettung der Lise-Meitner-Realschule ist gescheitert. Zu wenig Menschen stimmten am letzten Sonntag für den Erhalt der Schule ab.

Von den 32.867 Stimmberechtigten im Stadtgebiet machten gerade einmal 4750 ihr Kreuzchen bei „Ja“ und beantworteten damit die eindeutige Frage „Soll die Lise-Meitner-Realschule (LMR) am Berliner Ring in ihrer jetzigen Schulform als eigenständige Realschule erhalten bleiben?“ positiv. Und um es deutlich zu machen: Allein diese 4750 Stimmen hätten bereits nicht gereicht, um überhaupt das notwendige Quorum von 20 Prozent Zustimmung zu erzielen. Die Gegner der Realschule - oder, wohl treffender formuliert, die Befürworter der nun bald kommenden Sekundarschule - hätten also alle zuhause bleiben können. Ein viel zu großer Teil tat es auch ohnehin. 2569 Wähler aber taten es eben nicht, hievten die Wahlbeteiligung insgesamt so zumindest auf schlappe 22,3 Prozent, doch dank ihrer „Nein“-Stimmen hätten die Realschul-Retter nun sogar 6574 „Ja“-Stimmen gebraucht, um erfolgreich zu sein. Davon jedoch blieben sie weit entfernt.

Was bleibt, ist dennoch ganz viel Raum zur Interpretation und für politische Kaffeesatzleserei. Bürgermeister, Stadtverwaltung und die überwältigende Mehrheit des Monheimer Stadtrates hatten immer wieder auf den Elternwillen verwiesen, den sie via Umfrage bei den Müttern und Vätern der heutigen Dritt- und Viertklässer eindeutig ermittelt zu haben glaubten. Die hatten sich in der Tat mehrheitlich klar positiv in Richtung Sekundarschule geäußert. Doch 4750 Bürger-Stimmen, die nun beim Bürgerentscheid unmissverständlich für den Erhalt der Realschule gestimmt hatten, sind näher betrachtet dann eben doch auch mehr als beachtlich für das Nischenthema Schule. Denn so viele Menschen für die inhaltliche Beschäftigung mit einer insgesamt wahrlich nicht leicht zu durchschauenden Thematik zu motivieren, ist nunmal schwer, zumal wenn man selbst vielleicht gar kein Betroffener ist. Doch auch unter den 4750 Stimmen werden gewiss nicht nur notorisch-folgsame CDU-Wähler gewesen sein, die sich als einzige Partei hinter die Bürgerinitiative gestellt hatte. Auch hier werden die Meisten gewusst haben, was sie da eigentlich direkt mitbestimmen können. Auch hier werden viele Eltern dabei gewesen sein, die der heutigen Kindergartenkinder, der Erst- und Zweitklässler, die vorher ja alle gar nicht gefragt waren. Hier werden sicher auch Großeltern, die Tante oder der Patenonkel überzeugt mit „Ja“ gestimmt haben, weil sie vielleicht einfach gute Erfahrungen mit der Realschule gemacht haben. Sie alle zusammen erreichten eine klare Zweidrittelmehrheit für den Erhalt der Realschule. Auch das ist ein demokratisch ziemlich eindeutig bekundeter Wille. Mit solchen Mehrheiten lässt sich am Grundgesetz schrauben.
„Es ist nicht leicht, Menschen dazu zu bewegen, mit ‚Nein‘ zu stimmen, wenn man danach fragt, ob man etwas Gutes abschaffen soll“, wertete Schulbereichsleiter Uwe Trost die 2569 Gegenstimmen am Sonntagabend noch eher positiv.

Ganz sicher werden viele Freunde der Sekundarschule, der Peto, der SPD, der Grünen, Liberalen und Linken einfach daheim geblieben sein, weil sie dachten, die Bürgerinitiative würde ohnehin am Quorum scheitern. Sie hätten sich beinahe verrechnet. Ob es tatsächlich eine schweigende Mehrheit ist, wird man nun nie sicher erfahren - allein ahnen darf man es.
Demokratie ist Debatte die durchaus auch mal emotional, laut und sogar hart werden darf. Unterschiedliche Meinungen sind erlaubt, ja sind sogar ausdrücklich erwünscht. Doch am Ende muss auch hier eine von allen akzeptierte Entscheidung stehen. Und die Monheimer haben nach den in Deutschland allgemein gültigen demokratischen Regeln, um die uns gewiss viele Länder sehr beneiden, eindeutig entschieden. Weit über 2000 Stimmen fehlten den aufbegehrenden Bürgern am Ende. Daran gibt es absolut nichts zu deuteln.

Schade ist daher, dass Initiativ-Sprecher Helmut Wilk die Stunde der durchaus ehrenhaften Niederlage im Ratssaal nicht nutzte, um nun auf den Bürgermeister zuzugehen. Auch Stadtoberhaupt Daniel Zimmermann hatte sich diese Stunde gewiss anders vorgestellt. Ein Triumph sieht definitiv anders aus und fühlt sich gewiss auch anders an. Zimmermann aber erneuerte dennoch die Einladung an die Realschulfreunde, nun wieder gemeinsam an Monheims Schulzukunft zu arbeiten. Dass er vorher auf Facebook für die Teilnahme am Entscheid geworben hatte, mit der Tendenz für „Nein“ zu stimmen, warf Wilk ihm auch nach dem Wahlergebnis nochmal vor. Ja und? Mit seiner Meinung für die Sekundarschule hatte sich der Bürgermeister nie hinterm Berg gehalten. Die lag klar auf dem Tisch, so wie jetzt das Wahlergebnis und wie vor allem eine ganz bittere Tatsache: Mit 22,3 Prozent Wahlbeteiligung haben die Monheimer Bürger ganz gewiss kein eindrucksvolles Plädoyer für mehr direkte Demokratie und Basisbeteiligung abgegeben.

Am Sonntagabend standen sich mit Helmut Wilk und Daniel Zimmermann zwei Männer im Ring des Ratssaals gegenüber, die irgendwie beide ein blaues Auge hatten. Selbst Boxer pflegen einander danach die Hände zu schütteln und zollen sich gegenseitig Respekt. Demokraten sollten dazu eigentlich noch viel mehr in der Lage sein. Denn Monheim braucht jetzt ganz dringend einen Schulfrieden.

Autor:

Thomas Spekowius aus Monheim am Rhein

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